Frag CodeCheck’s Inhaltsstoffexpertin

Was macht eigentlich „gute” Kosmetik aus?

11. Jan. 2020 von

In diesem Artikel erklärt CodeChecks wissenschaftliche Leiterin Dr. Ruta Almedom, ob Naturkosmetik wirklich immer die bessere Wahl ist und warum „vegan“ nicht unbedingt auch „tierversuchsfrei“ bedeutet.

Was heißt eigentlich „gute Kosmetik” für CodeCheck?

„Nachhaltigkeit ist für uns ein besonders wichtiger Aspekt von guter Kosmetik. Dazu zählt für CodeCheck Nachhaltigkeit in Bezug auf die Umwelt beziehungsweise der Verzicht auf Stoffe wie beispielsweise Mikroplastik und andere schwer abbaubare synthetische Polymere, Siloxane oder auch nicht zertifiziertes Palmöl, „ so Dr. Almedom. „Nachhaltigkeit in Bezug auf die Gesundheit bedeutet für uns aber auch keine hormonell aktiven Substanzen oder allergenen Duftstoffe einzusetzen. Gute Kosmetika sind für CodeCheck also Produkte, die keine potenziell schädlichen Stoffe für Gesundheit und Umwelt enthalten.“

Es hängt aber natürlich auch von den individuellen Bedürfnissen ab, welche Kosmetik „gut” ist. Die einen vertragen keine Duftstoffe, die anderen wollen keine mineralölbasierten Produkte. „Doch leider wird es für uns heute immer schwieriger, sich im Dickicht der Produktversprechen zurechtzufinden,“ so die Inhaltsstoff-Expertin.

Was unterscheidet Naturkosmetik von konventioneller Kosmetik?

Verschiedene Produktversprechen suggerieren Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs zum Beispiel „100 % Wirkstoffe auf pflanzlicher Basis“, „mit den Wirkstoffen der Natur“ oder „alle pflanzlichen Inhaltsstoffe aus biologischem Anbau“. „Jedoch schließen solche Beschreibungen nicht aus, dass das Produkt auch synthetische, chemisch veränderte oder bedenkliche Stoffe für Mensch und Umwelt beinhalten kann.“

Wie der Name bereits andeutet, finden sich in zertifizierter Naturkosmetik naturidentische oder naturnahe Inhaltsstoffe. Auch wird unter anderem Wert auf Nachhaltigkeit in Sachen Inhalt, Verpackung und Herstellung gelegt. „Dabei soll Naturkosmetik nicht als „natürlich” im Sinne von „unverändert” verstanden werden, denn die eingesetzten Inhaltsstoffe dürfen auch hier chemisch verändert werden,“ erklärt Dr. Almedom.

Im Gegensatz zur konventionellen Kosmetik wird aber der Einsatz bestimmter Stoffe in Naturkosmetik beschränkt. Dazu gehören Rohstoffe auf Erdölbasis, nicht nachwachsende Rohstoffe, gentechnisch veränderte Organismen, synthetische Fette, Öle und Duftstoffe, Silikone, Mikroplastikpartikel und andere synthetische Kunststoffe. „Diese Vorgaben können jedoch je nach Label von Produkt zu Produkt variieren, denn ein einheitliches Regelwerk gibt es bisher nicht. In Naturkosmetik finden sich oft Inhaltsstoffe, die pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Ursprungs sind. Dazu gehören bestimmte Öle, Wachse, Fette und Extrakte und ätherische Öle,“ erklärt Dr. Almedom.

Zur Einschätzung von Naturkosmetik und Biokosmetik bezieht CodeCheck die Empfehlungen von labelinfo oder label-online der „Verbraucher Initiative e. V.“ mit ein. Hier werden Siegel und Label bewertet und Konsumenten können sich bei der Suche nach einer zuverlässigen Kennzeichnung informieren.

Ist Naturkosmetik immer „besser” als konventionelle Kosmetik?

„Das kommt auf die individuellen Bedürfnisse an,“ so Dr. Almedom. „Häufig sind Duftstoffe die Ursache für Allergien gegenüber kosmetischen Produkten. Synthetische Duftstoffe gehören daher zu den Inhaltsstoffen, die nicht in Naturkosmetik enthalten sein dürfen. Jedoch ist „Naturkosmetik” kein Garant für ein „unbedenkliches” Produkt, denn auch die hier verwendeten ätherischen Öle können beispielsweise allergieauslösend sein.“

„Insbesondere bei Pflanzenextrakten kann eine Sicherheitsbewertung schwierig sein, da es sich häufig um komplexe Mischungen aus einer Vielzahl von Stoffen handelt und deren Zusammensetzung (in Abhängigkeit von Ernte, Herkunft u. a.) schwanken kann. Auch eine mögliche allergisierende Wirkung muss sowohl bei synthetischen Substanzen, als auch bei Naturstoffen berücksichtigt werden. Kamille wird beispielsweise mit vielen positiven Eigenschaften in Verbindung gebracht. Von Naturkosmetikherstellern wird Kamille gerne als gesamter Extrakt eingesetzt. Dagegen wird in konventioneller Kosmetik der aus der Kamille isolierte Wirkstoff Bisabolol verwendet, der im Vergleich zum Extrakt weniger allergieauslösend wirkt,“ erklärt CodeCheck wissenschaftliche Leiterin.

„Auch wenn es um die Glaubwürdigkeit der Produktversprechen geht, ist es nicht ausschlaggebend, ob ein Produkt Naturkosmetik oder konventioneller Kosmetik zuzuordnen ist. Vielmehr kommt es auf die einzelnen Inhaltsstoffe und ihre Wirksamkeit an.“Nachhaltige Hautpflege beispielsweise fängt zuallererst bei der Ernährung an, es gehören aber auch Bewegung, weniger Stress, Verzicht auf Zigaretten und physikalischer Sonnenschutz dazu, um nur einige Aspekte der Pflege zu nennen.

Auf welche Stoffe sollte man verzichten?

Gerade bei Pflegeprodukten ist es zuallererst wichtig festzustellen, was die eigene Haut braucht und im zweiten Schritt zu checken, was im Produkt enthalten ist.

„Besonders empfiehlt es sich dabei, auf die Wahl der Konservierungsmittel, der Farb- und Duftstoffe, Emulgatoren oder Tenside zu achten. Bei zu Trockenheit neigender Haut ist es beispielsweise wichtig, die verwendeten waschaktiven Substanzen oder Tenside zu überprüfen: SLS und ALS sind häufig verwendete synthetische Tenside, welche die Haut gerade bei häufiger Verwendung austrocknen können. Da sie erdölbasierte Inhaltsstoffe sind, findet man sie selten in Naturkosmetik. Diese greift zu milderen Tensiden wie Zuckertensiden, die aus Zuckerresten und höheren Fettsäuren (wie z. B. Sojaöl, Kokosöl oder auch Palm- und Palmkernöl) hergestellt werden. Es gibt aber auch Seifen, die aus Tierfetten hergestellt werden,“ so Dr. Almedom.

„Menschen mit empfindlicher Haut sollten weiterhin auf allergene Duftstoffe wie Hexylcinnamal, Linalool, Benzylsalicylat, Butylphenyl Methylpropional, Eugenol und Geraniol achten. Zudem können sie auch auf ätherische Öle und Duftstoffe in Naturkosmetik reagieren und sollten generell zu parfümfreien Produkten greifen.“

Auch umweltrelevante Inhaltsstoffe wie Mikroplastik und andere schwer abbaubare Polymere werden unter unterschiedlichsten Begriffen in konventioneller Kosmetik eingesetzt. Durch Kosmetika gelangen sie in unser Abwasser und von dort in offene Gewässer oder auf Felder, wo sie nicht nur in unsere Nahrungskette gelangen können, sondern auch hunderte von Jahren mit nicht geklärtem Einfluss in unserer Umwelt verbleiben. Mit Hilfe von CodeCheck kann man diese Inhaltsstoffe erkennen und vermeiden.

Bieten Siegel eine sinnvolle Orientierung?

„Auch das ist eine individuelle Frage,“ so Dr. Almedom. Tatsächlich führt die Verwendung zahlreicher Siegel und Label zur Bewertung von nachhaltigen und gesunden Produkten zur Verwirrung unter Verbrauchern.“ So kann zertifizierte Naturkosmetik für Allergiker oder Veganer gegebenenfalls ungeeignet sein, da sie eventuell ätherische Duftstoffe oder tierische Stoffe enthält. Auf der anderen Seite bedeutet „vegane” Kosmetik nicht gleichzeitig auch, dass keine Tierversuche durchgeführt wurden.“

„Hinzu kommt, dass viele Hersteller „eigene Siegel“ kreieren und diese von unabhängigen Zertifizierungen kaum zu unterscheiden sind. Diese Situation erfordert viel Eigeninitiative und Recherche, um herauszufinden, was hinter den Zertifizierungen steckt,“ gibt Dr. Almedom zu Bedenken. Du kannst aber auch ganz einfach den Barcode mit der CodeCheck App scannen, um an wertvolle Produktinformationen zu gelangen.

Weiterführende Links:

Artikel zu verwandten Themen

Unsichtbare Gefahr in Kosmetikprodukten
Achtung vor hormonell aktiven Inhaltsstoffen
Weiterlesen
Warnung vor dem Inhaltsstoff Glyoxylsäure
Nierenversagen durch Haarglättungsmittel
Weiterlesen
Interview: Inhaltsstoffe im CodeCheck
Was macht „gute” Kosmetik aus?
Weiterlesen