Ernährung

Verbrauchertäuschung: Ist immer vegan drin, wenn vegan drauf steht?

29. März 2017 von

Ob Veganer, Vegetarier oder Flexitarier. Gesundheitlich oder religiös bedingter Fleischverzicht. Die Nachfrage nach veganen und vegetarischen Alternativen steigt von Jahr zu Jahr und mit ihr, wächst auch das Angebot.

So finden sich pflanzliche Ersatzprodukte nicht mehr ausschließlich in Regalen ausgewählter Biomärkte, sondern auch in konventionellen Drogerieketten und Supermärkten. Laut dem „Mintel Marktforschungsinstitut“ ist alleine in Deutschland der Anteil an Neueinführungen von veganen Lebensmitteln und Getränken, von nur 1% im Jahr 2012 auf 13% im Jahr 2016 gestiegen. Im weltweiten Vergleich ist Deutschland der größte Markt für vegane Produkteinführungen.

Doch: „Vegan“ und „vegetarisch“ sind keine geschützten Begriffe

Das Problem ist, dass die Bezeichnungen „vegan“ und „vegetarisch“ sowie Wortkonstellationen die ebenjenes suggerieren – wie „frei von tierischen Inhaltsstoffen“ – keine von der EU geschützten sind. Sie unterliegen keinen einheitlichen gesetzlichen Regelungen, Standards und unabhängigen Kontrollmechanismen. Dies schafft eine perfekte Umgebung für Verbrauchertäuschung.

So können Hersteller vermeintlich „vegane“ und „vegetarische“ Produkte bewerben, die dennoch tierische Inhaltsstoffe beinhalten. Selbiges gilt für selbstkreierte vegane und vegetarische Gütesiegel.

Legale Umschreibungen und mangelnde Kennzeichnungspflicht

Ob Chips, Backwaren, Süßigkeiten, Fruchtsäfte, Wein, Textilien oder Kosmetikartikel. Hersteller machen es uns schwer zu erkennen, ob und welche tierischen Inhaltsstoffe in vermeintlich pflanzlichen Lebensmitteln und Pflegeprodukten enthalten sind.

Nehmen wir beispielsweise Backwaren wie Brot. Zur Beeinflussung des Teiges, wird dem Mehl die Aminosäure L-Cystei (E920) beigefügt, welche aus Schweineborsten oder Vogelfedern gewonnen wird. Anführen müssen Hersteller dies jedoch nicht.

Ähnlich verhält es sich bei Wein und Fruchtsäften. Dass zur Klärung des Weines oder Saftes, Gelatine oder Fischbestandteile herangezogen wurden, muss im Endprodukt nicht mehr angegeben werden – und wird es oft auch nicht.

Dies ist möglich, weil Hersteller gesetzlich nicht dazu verpflichtet sind, tierische Bestandteile zu deklarieren, so sie als Zusatz- oder Trägerstoffe, Aromen, Enzyme oder sogenannte technische Hilfsstoffe im Verarbeitungsprozess benutzt wurden. So müssen vermeintlich „vegane“ Produkte, eben doch nicht „vegan“ sein.

Forderung nach gesetzlicher Definition innerhalb der EU

Tierschutzorganisationen, Verbraucherschutzorganisationen, vegane Verbände und auch Teile der Politik fordern deshalb eine gesetzliche Definition des Begriffes „vegan“. Auf der Verbraucherschutzministerkonferenz 2016 wurde nun schließlich eine Definition für die Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“ präsentiert, erarbeitet VEBU und BLL, welche es nun EU-weit umzusetzen gilt. Ob und wann dies geschieht, bleibt abzuwarten. Kritik an der Formulierung gibt es jedenfalls schon jetzt, von Seiten des „Bioveganen Netzwerkes für Landwirtschaft und Gartenbau“.

Nebeninfo: Die Kennzeichnungsdebatte wird auch auf anderer Ebene geführt. So fordern der „Deutsche Bauernverband“ und Agrarminister Christian Schmidt, ein Gesetz welches Fleischnamen für vegane Produkte verbieten soll. Bezeichnungen wie „veganes Schnitzel" oder „veganer Schinken“ seien irreführend für Verbraucher, so Schmidt.

Abhilfe schaffen Gütesiegel von unabhängigen Institutionen, Apps und Plattformen

Es ist in der Tat nicht einfach „vegane“ Lebensmittel und Produkte als solche zu identifizieren. Achte auf E-Nummern und Umschreibungen wie „Echtes Karmin“ (E 120) – das aus Läusen hergestellt wird. Eine Hilfe sind zudem ausgewählte Gütesiegel.

Als Faustregel gilt: Sind Gütesiegel von veganen Verbänden und Gesellschaften kreiert und vergeben, unterliegen sie strengen Regelungen, hohen Standards und regelmäßigen Kontrollmechanismen. Das Interesse an der Sache überwiegt in diesen Verbänden das wirtschaftliche.

Hohen Standards und strengen Kontrollen unterliegen vegane Siegel, wie:

– das V-Label

- das Vegan plus Label (welches auch eine Verpackung ohne tierischen Kleber gewährleistet)

- oder die Veganblume der „Vegan Society“.

Weitere Informationsquellen:

PETAzwei Einkaufsguide (Auflistung veganer Produkte und Marken)

Lebensmittelklarheit.de (Verbraucherzentrale mit allgemeinen und produktspezifischen Informationen)