Super ist anders

Quinoa: Auch Superfood hat eine Schattenseite

19. Juli 2017 von

Quinoa liegt im Trend. Mittlerweile boomt das glutenfreie Getreide auch in den westlichen Ländern und ist fester Bestandteil einer bewussten Ernährung geworden. Doch die gestiegene Quinoa-Nachfrage hat auch ihre Schattenseiten – sie belastet die Umwelt aber vor allem die südamerikanischen Bauern, die den Hauptteil der weltweiten Produktion stemmen.

Wachsende Nachfrage bedroht das Ökosystem

Reich an Proteinen, Aminosäuren, Vitaminen und dazu auch noch glutenfrei – kein Wunder, dass die bunten Quinoa-Körner zum Trendgetreide für gesundheitsbewusste Menschen oder alle Zöliakie-Geplagten geworden ist.

Doch vom weltweiten Quinoa-Hype profitieren nicht alle Beteiligten. Die zunehmende Kommerzialisierung des nährstoffhaltigen Getreides bedroht das ökologische Gleichgewicht in den Hauptanbaugebieten Bolivien und Peru. Hier werden mehr als 95% der weltweiten Produktion angebaut. Regionale Bauern müssen um ihre Existenz und ihre Ernährungsgrundlage bangen.

Nur 21 Cent pro 250 Gramm für die Bauern

Anfangs schien der Boom für einen Aufschwung in den Anbauländern zu sorgen. Laut der „Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit“ hat sich der Preis für die Körner zwischen 1999 und 2008 verdreifacht. Die Bauern erzielten höhere Gewinne und die Exporte explodierten. Im Gegensatz zu anderen ländlichen Gebieten verdienten die Bauern in Bolivien dank der guten Erzeugerpreise recht gut. Mit dem internationalen Interesse an der „Mutter aller Getreide“, wie die Einheimischen ihren Quinoa nennen, kam jedoch der Preisverfall.

Früher gab es pro Tonne knapp 6000 Dollar, heute sind es nur noch rund 2500. Von den durchschnittlich 3,50 Euro die man mittlerweile für 250 Gramm Quinoa in Deutschland auf den Tisch legen muss, sehen die bolivischen Bauern umgerechnet gerade einmal 21 Cent.

Viele Bauern sind deshalb gezwungen die Produktion ganz einzustellen oder auf andere Getreidesorten oder Klee für die Viehzucht umzusteigen. Manche ergreifen auch die Flucht in die Städte, in der Hoffnung dort ein besseres Leben führen zu können.

Ernährungsgrundlage der regionalen Bauern bedroht

Diejenigen, die den Quinoa-Anbau finanziell noch stemmen können, wenden sich großenteils von den traditionellen Anbaumethoden ab. Sie müssen auf andere Techniken umsteigen, um effektiver und schneller Erträge zu erzielen und Schritt mit der Nachfrage zu halten.

Normalerweise brauchen die empfindlichen Hochgebirgsböden in den Anden eine längere Pause, bis sie wieder benutzt werden können. Weil für die Beachtung der Fruchtfolgen aber keine Zeit mehr ist, laugen die Böden aus, die Produktion wird in die Täler verlagert und verdrängt dort die Anbauflächen für Hafer, Kartoffeln und Bohnen. Das bedroht die Ernährungsgrundlage ärmerer Bauern, die auf diese weniger nährstoffreichen Produkte umsteigen mussten, da ihr eigentliche Grundnahrungsmittel Quinoa für sie nicht mehr finanzierbar ist.

Regionale Produktion als Lösung

Um den Bauern einen gerechten Preis für ihre Quinoa zu gewährleisten, ist es wichtig auf fair gehandelte Produkte zu achten. Das verspricht zumindest, dass die Bauern gerechter am Mehrwert beteiligt werden, den Verarbeiter, Exporteure, Importeure und Einzelhandel mit dem Getreide verdienen. Ein Problem bleibt jedoch die Preisentwicklung der Binnenmärkte und damit die Versorgung der einheimischen Bevölkerung.

Die „Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit“ schlägt deshalb vor, auch Produkte wie Nudeln, Gebäck oder Müsliriegel aus Quinoa in den Anbauländern zu produzieren und diese zu exportieren. Somit könnten die Exporterlöse vergrößert und die Armut bekämpft werden.

Doch unter Nachhaltigkeitsaspekten bleibt Quinoa problematisch. Die langen Transportwege nach Europa, Israel, Kanada und in die USA belasten unsere Umwelt. Dem kann hoffentlich bald Abhilfe geschaffen werden. In Frankreich, den Niederlanden und anderen europäischen Ländern wird Quinoa bereits angebaut. Und auch hierzulande gibt es Versuche, das „Gold der Inkas“ zu kultivieren.