Lippenpflege im Ökotest

Mit einigen Stiften cremen Sie Mineralöl auf die Lippen

28. Jan. 2021 von

Lippenpflege ist kein Lebensmittel und trotzdem verschlucken wir viel davon. Aus diesem Grund sollten Lippenpflegestifte frei von giftigen und problematischen Stoffen sein. Das ist allerdings nicht immer der Fall: So sind einige Lippenpflegen im Test mit Mineralölbestandteilen verunreinigt.

  • Elf Lippenpflegen im Test schneiden mit Bestnote ab. Auffällig: Teuer ist nicht gleich besser.
  • Mit dem Gesamturteil "mangelhaft" oder "ungenügend" fallen fünf Lippenpflegestifte durch.
  • Ökotest kritisiert vor allem Verunreinigungen mit Mineralölbestandteilen, kritische Duftstoffe und einen umstrittenen UV-Filter.

Wer regelmäßig Lippenbalsam benutzt, kann im Jahr vier Lippenpflegestifte – umgerechnet 20,8 Gramm Lippenpflege – verschlucken. Das schätzen zumindest die EU-Experten für Kosmetiksicherheit vom wissenschaftlichen Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS). Küssen exklusive. Umso wichtiger ist es, dass Lippenpflege frei von problematischen und umstrittenen Inhaltsstoffen ist.

Ökotests Testergebnisse zeigen: Viele Lippenpflegestifte schaffen das, einige stecken aber auch voller Problemstoffe. In Zahlen heißt das: Elf Produkte schneiden mit Bestnote ab, fünfmal kann die Lippenpflege im Test allerdings gar nicht überzeugen und fällt durch. Zu den Testverlierern zählen bekannte Marken.

Lippenpflege im Test: Mineralöl ist ein Problem

Besonders ärgerlich in Lippenpflegestiften sind Verunreinigungen mit Mineralölbestandteilen. Denn ob bewusst oder unbewusst: Frauen, Männer und auch Kinder lecken einen Teil der Lippenpflege ab und verschlucken ihn. So landen Mineralölbestandteile direkt im Körper.

Das ist problematisch, weil sich gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH) in menschlichen Organen anreichern. Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) sind noch bedenklicher. Zu dieser Stoffgruppe können auch krebserregende Verbindungen gehören.

Diese Lippenpflegen erhielten von Ökotest die Note „sehr gut“

Wie kommt das Mineralöl in Lippenpflegestifte?

Nun ja, vier Lippenpflegen im Test haben Paraffine deklariert. Das erkennst Du an Bezeichnungen wie Paraffin, Paraffinum Liquidum, Petrolatum und Cera Microcristallina. Diese sind erdölbasiert. Wenig überraschend wies das beauftragte Labor in diesen Lippenbalsamen auch hohe Gehalte an MOSH nach, dreimal zudem eine Verunreinigung mit MOAH.

MOAH stecken darüber hinaus noch in zwei Lippenpflegestiften, die in der Zutatenliste unter anderem synthetisches Bienenwachs (Synthetic Beeswax) auflisten. Auch das könnte eine Erklärung für eine Mineralölverunreinigung sein. Synthetisches Bienenwachs wird nicht von Bienen erzeugt, sondern besteht aus einem komplexen Gemisch, in dem neben Fettsäuren auch mineralölbasierte Alkane enthalten sein können.

Es gibt allerdings auch viele Kosmetikhersteller, die umgedacht und auf mineralölfreie Pflege umgestellt haben. Das ist erfreulich. In Naturkosmetik sind mineralölbasierte Fette und Wachse ohnehin tabu.

Hormonell wirksamer UV-Filter in Lippenbalsam

Auch ein umstrittener UV-Filter gehört nach ihrer Ansicht nach nicht in Lippenpflege. Ökotest hat aber in zwei Lippenpflegestiften im Test den chemischen UV-Filter Ethylhexylmethoxycinnamat gefunden, der in Tierversuchen wie ein Hormon wirkte.

Ebenfalls im Verdacht, hormonell wirksam zu sein, steht der Inhaltsstoff Butylhydroxytoluol (BHT). Er soll Kosmetika vor Reaktionen mit Sauerstoff schützen. Studien mit Tierversuchen geben unter anderem Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion. Er steckt in zwei Lippenbalsamen im Test.

Diese Lippenpflegen erhielten von Ökotest die Note „ungenügend“

Lippenpflege-Test: Kritische Duftstoffe gefunden

Kritische Duftstoffe bemängeln die Tester regelmäßig in Kosmetikprodukten. So auch im Lippenpflege-Test. Selten betrifft diese Kritik Naturkosmetik. Hier ist es aber der Fall: Ein Naturkosmetik-Hersteller setzt in seiner Lippenpflege auf Isoeugenol. Der Duftstoff ist laut Studien und Daten des Informationsverbundes Dermatologischer Kliniken (IVDK) ein besonders potentes Allergen.

Weniger stark, aber immer noch problematisch ist der Duftstoff Hydroxycitronellal, der in einem anderen überprüften Lippenpflegestift enthalten ist.

Die Duftstoffe Citral, Geraniol, Citronellol und Farnesol lösen vergleichsweise seltener Allergien aus. Wer allerdings empfindlich ist oder bereits unter einer Dufstoffallergie leidet, sollte sie vielleicht besser meiden. Die Duftstoffe sind deklariert.

Kunststoffverbindungen sind Problem für Umwelt

Die Verwendung von synthetischen Polymeren in Lippenpflegen sieht Ökotest ebenfalls nicht gern. Dabei handelt es sich um Kunststoffverbindungen. Was diese Stoffe im Körper auslösen können, ist noch unklar. Unabhängig davon sind sie häufig schwer abbaubar und damit ein Problem für die Umwelt.

Auch überflüssige Verpackungen belasten die Umwelt. Die meisten Hersteller möchten sich aber nicht von ihnen trennen. Lediglich eine Marke verzichtet auf einen zusätzlichen Umkarton. Das findet Ökotest echt zum Küssen.

Tipps zur Lippenpflege: Das rät ÖKO-TEST

Die Lippenhaut kann Pflege und Schutz gut gebrauchen, denn sie ist besonders dünn und trocknet mangels Talgdrüsen relativ schnell aus. Wissenswertes zur Lippenpflege:

  1. Greife lieber zu Lippenpflege aus pflanzlichen statt mineralölbasierten Fetten.
  2. Lippenpflege kann unterwegs bei Kälte auch zur Linderung und als Schutzschicht auf wunden Stellen an Händen oder Nase gute Dienste leisten.
  3. Im Winter brauchen die Lippen UV-Schutz im Schnee und in den Bergen. Ansonsten besser auf Kosmetik mit Filtersubstanzen verzichten.
  4. Dass Lippenpflegeprodukte durch ihre Inhaltsstoffe süchtig machen ist ein Mythos. Wenn die Lippen im Winter bald nach dem Auftragen der Pflege schon wieder trocken und gereizt sind, liegt das vielmehr an Kälte, Wind und Heizungsluft als am Pflegeprodukt.

Die Testsieger, die Testtabelle sowie das gesamte Ergebnis im Detail findest Du im ePaper.