Naturkosmetik bei Ökotest

Diese "Bio"-Kosmetik taugt weniger, als Du denkst

09. Juli 2019 von

Naturkosmetik boomt. Um am Erfolg teilzuhaben, pflegen mittlerweile auch etliche konventionelle Marken ein grünes Image. Was hinter dieser Fassade steckt.

Lange Zeit bestimmten kleine Unternehmen das Angebot, inzwischen aber mischen konventionelle Marken die grüne Branche auf. In Sachen Inhaltsstoffe können viele der Marken allerdings nicht mit zertifizierter Naturkosmetik mithalten.

Wie grün sind Marken wie HelloBody, Rituals und Co?

HelloBody: "Natural is glamorous", "die besten natürlichen Inhaltsstoffe" als Markenzeichen und die Überzeugung, dass "der Schlüssel zu wahrer Schönheit in der Natur liegt" – das junge deutsche Kosmetiklabel HelloBody spart nicht an wolkigen Worten, sondern inszeniert sich glamourös und natürlich. So hat sich die Marke zum Liebling einiger prominenter Influencerinnen entwickelt. HelloBody will für die neue Generation von Frauen stehen, denen werteorientierter Konsum wichtig ist.

Obwohl der überwiegende Teil der Inhaltsstoffe auf den ersten Blick unbedenklich ist, trübt doch der eine oder andere das schöne Bild: synthetische Polymere wie Silikone oder Acrylate, die sich in der Umwelt anreichern (Stichwort: Mikroplastik), und der Konservierungsstoff Phenoxyethanol, der in zertifizierter Naturkosmetik nicht erlaubt ist. Außerdem PEG-basierte Emulgatoren oder Tenside.

Die Coco Clear Mud Detox Mask von HelloBody enthält Mikroplastik und Palmöl:

Da fehlt noch einiges, um das selbsternannte Ziel zu erreichen, zu 100 Prozent Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs zu verwenden… Diese "kleine Diskrepanz" sei nötig, ist auf der Homepage von HelloBody zu lesen, "um dir mit der Textur unserer Produkte ein Glamour erlebnis für alle Sinne zu bieten und eine gute Haltbarkeit zu garantieren". Aha, Mikroplastik für den Glamourfaktor. Klingt wie gewollt und nicht ganz gekonnt.

Kiehl’s: Oft harte Chemie in vermeintlicher Naturkosmetik

Kiehl’s: "Konzentration auf das Wesentliche" lautet das Credo der amerikanischen Kultmarke Kiehl’s, die seit dem Jahr 2000 zu L’Oréal gehört. Puristisch und schlicht ist denn auch das Äußere der Apothekenkosmetik aus New York, die es seit 1851 gibt. Die Verpackungen sind recyclebar. Zur Firmenphilosophie gehört es, "nur die verträglichsten und wirksamsten Formeln" in die Produkte zu integrieren und "nur ein Minimum an Konservierungsstoffen" zu nutzen.

Dieser Make-up-Entferner von Kiehl’s ist hormonell wirksam und enthält Mikroplastik:

Klingt alles gut, verschweigt aber, dass sich dahinter oft harte Chemie verbirgt. Etwa Parabene oder Butylhydroxytoluol (BHT), um die Seren, Lotionen und Cremes haltbar zu machen. Darüber hinaus stecken in den Tiegeln und Tuben der L’Oréal-Tochter teils chemische UV-Filter, Öle und Wachse auf Mineralölbasis, halogenorganische Verbindungen oder PEG-basierte Emulgatoren. Sozusagen das "Who is Who" der kosmetischen Abwertungskandidaten von Ökotest. Weniger wäre da – schon im Sinn der Unternehmensphilosophie – definitiv mehr.

Problematische Stoffe in Kosmetik von L’Occitane

L’Occitane: Lavendel, Immortelle, Myrte und Rose: Schon die Zutaten der Kosmetikprodukte von L’Occitane lassen an den sonnigen Süden denken. Der provenzalische Touch ist aber nicht nur Imagepflege; das südfranzösische Unternehmen engagiert sich für seine Heimatregion und macht sich für fairen Handel stark – sowohl mit regionalen Lieferanten als auch mit Frauenkooperativen, etwa in Burkina Faso.

Auf der Internetseite von L’Occitane ist viel die Rede von "nachhaltigem Anbau", "Respekt für die Umwelt" und hochwertigen, mehr als 200 pflanzlichen Inhaltsstoffen, von denen ein Viertel biozertifiziert ist.

Enthält neben diversen andern problematischen Stoffen auch Palmöl: Die Karrité Handcreme von L’Occitane.

Doch die Tests von Ökotest haben die Schönheitsfehler der provenzalischen Marke mehr als einmal aufgedeckt und problematische Stoffe gefunden, die in natürlicher Kosmetik nichts zu suchen haben. Beispielsweise in der L’Occitane Fußcreme (Test Fußbalsam) oder im L’Occitane Intensive Hand Balm (Test Faire Kosmetik). Beide Tests findest Du im Ratgeber Kosmetik von 2018.

Auch in Sachen Mikroplastik halten sich die Südfranzosen nur bedingt an ihre schön formulierten Ansprüche: Im L’Occitane Amande Shower Scrub (Test Körperpeelings) stecken als Schleifpartikel zwar gemahlene Mandelkerne, aber eben auch Polyethylen – und damit Mikroplastik. Den ganzen Test kannst Du im Ratgeber Kosmetik 2017 nachlesen.

Lush: Inhaltsstoffe sind nicht grün

Lush: Selbst wer bei Lush nur eine Badekugel kaufen will, bekommt schnell das Gefühl, er solle zu einem wertvolleren Mitglied der Gesellschaft erzogen werden. Die Website der britischen Kultmarke ist rappelvoll mit Aufrufen und Grundsätzen: zum Müllvermeiden, Energiesparen, für soziales Engagement, fairen Handel und ein ethisches Leben. All das will das Unternehmen selbst vorleben, die handgemachten Produkte sind nach eigenen Angaben zu 100 Prozent tierversuchs- und palmölfrei sowie vegetarisch. Alles gut und schön, doch manchen Kunden ist so viel "Bewegtheit" – ähnlich wie der betörend-betäubende LushDuft, der einem in der Fußgängerzone schon von Weitem entgegenschlägt, etwas too much. Aber über Geschmack und Geruch lässt sich ja streiten…

Das Shampoo „Godiva“ von Lush enthält Sodium Lauryl Sulfate, die in zertifizierter Naturkosmetik verboten sind:

Unstrittig ist dagegen, dass auch hier zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine Lücke klafft: So soll das tief lilafarbene Lush Daddy-O Shampoo "voll mit Veilchenextrakt und frischem Zitronensaft" sein.

Die stecken tatsächlich drin, außerdem aber noch: Isoeugenol, bedenkliche Parabene, Anilin und PEG-basierte Tenside, analysierte der Test Vegane Kosmetik aus dem Jahrbuch 2017 und vergab die Note „ungenügend“. Geändert hat sich an den Zutaten nichts, wie ein aktueller Blick auf die Homepage von Lush zeigt. Das Fazit der Ökotest-Forscher: Hinsichtlich der inneren Werte ihrer Produkte könnte Lush ein wenig mehr Engagement zeigen.

Mehr zum Thema Naturkosmetik lesen Sie im Ratgeber Kosmetik 2019 - hier als e-Paper erhältlich.

Bedenkliches Lilial in Kosmetik von Rituals

Rituals: Rituals verspricht Wellness für jeden Moment: Die Bodylotions, Duftkerzen und Körperpeelings des holländischen Labels sollen den Alltag mit Entspannungsmomenten auffüllen und "die tägliche Routine in schöne Rituale verwandeln". Die Produkte werden auf der Website von Rituals in einem Wasserlauf zwischen moosbewachsenen Steinen inszeniert. Inhaltsstoffe wie Bambus, Matcha, Reismilch, Indische Rose oder Kirschblüten beschwören geradezu eine tiefe Verbundenheit mit der Natur.

Dieser Duschschaum von Rituals enthält Isobutan, das ein hohes Allergiepotential hat.

Doch bevor die Wellnesswolken die Tester in andere Sphären tragen, werfen sie einen Blick auf die Inhaltsstoffe und stellen fest: Die Wirklichkeit ist wenig betörend. Im Peeling The Ritual of Ayurveda Rejuvenating Pink Salt Scrub duftet mit Lilial eine Substanz, die sich in Tierversuchen als fortpflanzungsschädigend erwiesen hat. Die steckt auch in der The Ritual of Sakura Magic Touch Body Cream.

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