Nachhaltige Produktion und Senkung des Bedarfs

Bio-Palmöl – eine echte Alternative?

14. Sept. 2018 von

Regenwald wird abgeholzt, Menschen und Tiere verlieren ihre Heimat, der Klimawandel wird vorangetrieben – und das alles für die Gewinnung unter anderem von Palmöl. Das steckt mittlerweile in jedem zweiten Supermarktprodukt – und die Nachfrage wächst noch immer. Ist die Alternative Bio-Palmöl?

Palmöl ist in aller Munde: Ob Margarine, Schokolade, Chips oder Pizza – kein Einkaufswagen ist wirklich sicher. Auch bei Waschmitteln oder Körperpflegeprodukten besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich unter den Inhaltsstoffen Palmöl versteckt. 2015 enthielten beispielsweise 49,8 Prozent aller bei CodeCheck registrierten Augenpflegeprodukte, 44 Prozent aller Gesichtscremes und 42 Prozent der Make-ups das problematische Pflanzenöl.

Hauptproduktionsländer von Palmöl sind Indonesien und Malaysia – hier werden 85 Prozent der Ölpalme angebaut. Laut des „World Wide Found For Nature“ (WWF) wurden 2015 62 Millionen Tonnen Palmöl weltweit produziert – etwa auf der Hälfte der Fläche Deutschlands. Zum Vergleich: 2004 waren es noch 28 Millionen Tonnen.

Von den knapp zwei Millionen nach Deutschland importierten Tonnen Palmöl fließen 42 Prozent in Bio-Diesel, 33 Prozent in Nahrungsmittel, acht Prozent in Futtermittel und 17 Prozent in den Pharmazie-, Kosmetik- und Reinigungsmittelbereich.

Wozu braucht die Industrie Palmöl und was kostet es uns?

In Lebensmitteln und Kosmetika ist Palmöl ein guter Konsistenzgeber – es macht beispielsweise Schokonussaufstriche cremig – außerdem ist es lange haltbar, schmeckt neutral und lässt sich gut erhitzen. Der Anbau von Palmöl ist zudem laut „WWF“ dreimal so ertragreich wie der von Raps und beansprucht dagegen sechsmal weniger Fläche als Soja – was das Öl zu einem ergiebigen und vergleichsweise billigen Industrieprodukt für Hersteller macht.

Den Preis, den Menschen, Tiere und Umwelt für die Gewinnung von Palmöl zahlen, ist dagegen kein geringer: (Brand-)Rodungen, der Einsatz aggressiver Pestizide und Düngemittel, Anbau von Monokulturen, Auslaugung des Bodens, Reduzierung der Artenvielfalt, sozial unverträgliche Arbeitsbedingungen bis hin zu Zwangsvertreibungen von Kleinbauern und indigenen Völkern sind die Folgen.

In Indonesien sind beispielsweise die Lebensräume der Oruang-Utans durch Ölpalmen-Plantagen bedroht. Die „Weltnaturschutzunion“ (IUCN) geht von nur noch rund 104.000 Orang-Utans auf Borneo und rund 14.600 auf Sumatra aus. Der „WWF“ ist da pessimistischer: Er schätzt, dass mittlerweile nur noch 54.000 Orang-Utans auf Borneo leben.

Aber auch das Klima leidet: Indonesien hat durch die Brandrodungen und die Zerstörung von Torfböden einen der höchsten CO2-Ausstöße weltweit. Denn was nur wenige wissen: Moore binden rund 700 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar, etwa sechsmal so viel wie Wald. Man geht davon aus, dass Torfabbau für mindestens sechs Prozent der gesamt-globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist.

Drei Lösungsversuche für nachhaltiges Palmöl

2004 rief der „WWF“ „The Roundtable of Sustainable Palm Oil“ (RSPO, „Runder Tisch für Nachhaltiges Palmöl“) ins Leben – eine Organisation, die unter anderem NGOs, Hersteller, Händler und Plantagenbesitzer vereint, um nachhaltigen Palmölanbau nach Mindeststandards zu fördern und zu zertifizieren. Rund 19 Prozent der weltweiten Palmölproduktion sind derweil so erfasst.

Zwar darf auch unter „RSPO“-Zertifizierung weiterhin torfhaltiger Boden trockengelegt sowie giftige Pestizide eingesetzt werden, aber die fast 3.700 „RSPO“-Mitglieder haben sich bezüglich der Palmölproduktion auf Mindeststandards, wie die Erhaltung „besonders schützenswerter“ Wälder, den Verzicht auf Brandrodungen oder den Schutz gefährdeter Tier- und Pflanzenarten auf der Plantage, geeinigt.

Die Bundesregierung hielt allerdings im Juli 2016 dazu fest: „Neben der Abholzung und Brandrodung von besonders schützenswerten Primärwäldern, kommt es auch auf „RSPO“-zertifizierten Plantagen zu Vertreibungen und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen.“

Immer wieder kommen deshalb Fragezeichen und Greenwashing-Vorwürfe auf: Sollten Umweltorganisationen radikalen Fortschritt von der Industrie einfordern oder langsamen Fortschritt mit der Industrie vorantreiben? Auf der Website des „WWF“ heißt es dazu:

„Der WWF setzt als Mitglied des Runden Tisches auf den kritischen Dialog mit Unternehmen aus der Palmölindustrie. Der Gedanke dahinter: Die am Problem Beteiligten müssen mithelfen, Lösungen zu entwickeln. Die Mitgliedschaft im RSPO allein belegt kein verantwortliches Handeln. Dafür muss ein Unternehmen zertifiziertes Palmöl produzieren oder kaufen.“

Damit wird deutlich: „RSPO“-zertifiziertes Palmöl ist kein Bio-Palmöl. Darum geht es auch nicht. Hier gilt es, Mindeststandards einzuhalten und den großindustriellen Palmölabbau umfassend nachhaltiger zu gestalten – MIT den Herstellern und Produzenten.

Wem die Auflagen des „RSPO“ nicht weit genug gehen, kann sich den ökologischen und sozialen weitergreifenden Standards der „Palm Oil Innovation Group“ (POIG) verschreiben. Hier gehen Hersteller oder Palmöl-Produzenten des „RSPO“ zusätzliche freiwillige Verpflichtungen ein, wie ein Abbau-Verbot von Torfböden, der verantwortungsvolle Umgang mit Wasser oder die Reduzierung synthetischer Dünger und Pestizide. Mitglieder der „POIG“ sind neben dem „WWF“ und „Greenpeace“ auch Industrieriesen wie „Danone“, „Ferrero“ und „L’Oréal“.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch noch das „Forum Nachhaltiges Palmöl“ (FONAP) – ein Zusammenschluss von 52 Unternehmen (u.a. „Rewe“, „Henkel“, „dm“, „Ferrero“ oder „Unilever“), Nichtregierungsorganisationen, Verbänden und dem „Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft“ (BMEL). Ziel ist es Deutschland, Österreich und die Schweiz möglichst schnell mit 100 Prozent zertifiziertem Palmöl und Palmkernöl zu versorgen – in einer öffentlichen Selbsterklärung wurde sich zu den Richtlinien des „RSPO“ bekannt.

Kann man Palmöl ersetzen?

Laut einer „WWF“-Studie von 2016 würde der Austausch von Palmöl durch andere Pflanzenöle wie Raps, Kokos und Sonnenblumenöl die Probleme nicht lösen, sondern sogar verschlimmern. Durch deren geringeren Ertrag und den dadurch nötigen größeren Flächenbedarf geriete die biologische Vielfalt weiter unter Druck und auch der Ausstoß von Treibhausgasen würde infolgedessen steigen.

Die Lösungsansätze des „WWF“: Anbau, Ernte, Transport und Anwendung von Ölpflanzen ausnahmslos umwelt- und sozialverträglicher gestalten bei gleichzeitiger drastischer Senkung des Bedarfs.

Für Konsumenten ist es deshalb wichtig zu wissen, in welchen Produkten Palmöl verwendet wird und woher es stammt. Bedeutsam ist es daher: Wenn Palmöl konsumiert wird, dann aus legalen und zertifizierten Quellen.

Das macht Bio-Palmöl aus

Da Palmöl schwer zu ersetzen ist, muss man sich neben der Reduktion auch die Frage nach dem WIE und WO der Produktion stellen, um Kriterien eines umweltgerechten und fairen Handelns nachzukommen. Geachtet werden sollte auf ökologischen und sozialverträglichen Anbau. Wie? Mit Bio-Palmöl.

Bei Bio-Palmöl gilt: Verzicht auf Pestizide und Kunstdünger, die Wasser, Böden sowie Menschen und Tiere belasten. Des Weiteren soll zum Anbau der Plantagen kein Regenwald zerstört, sondern Flächen genutzt werden, die bereits zuvor – beispielsweise als Weiden – landwirtschaftlich bearbeitet wurden.

Theoretisch sind soziale Gesichtspunkte zwar nicht Teil des Konzepts aller Bio-Ölpalmplantagen – allerdings sind die meisten Bio-Palmölhersteller auch Mitglieder bei „RSPO“ und „POIG“ und verpflichten sich so unter anderem zu Mindestlöhnen, festen Abnahmegarantien gegenüber Kleinbauern und einem ethischen Umgang mit der Bevölkerung, zum Beispiel bei Landkonflikten.

Aktuell liegt der Produktionsanteil von Bio-Palmöl noch unter einem Prozent. Die weltweit größten Anbieter für Bio-Palmöl sind „Daabon“ in Kolumbien und „Agropalma“ in Brasilien. Beide sind zusätzlich „RSPO“-Mitglieder. Der Kosmetikhersteller „Dr. Bronner’s“ hat sogar einen eigenen kleinen Palmöl-Produzenten in Ghana – Serendipalm – ins Leben gerufen, der unter Bio- und Fairtrade-Standards produziert. Hier beziehen unter anderem auch „Gepa“ und „Rapunzel“ ihr Palmöl.

Diese Hersteller verwenden unter anderem Bio-Palmöl

„Alnatura“, „Dr. Hauschka“, „Rossmann“ (für seine Bio-Eigenmarken „EnerBIO“ und „Alterra“), „Sodasan“, „Allos“, „Dr. Bronner’s“ oder „Rapunzel“.

Der Hersteller „Dr. Hauschka“ verzichtet sogar ganz auf Palmöl – nur in drei Abdeckstiften nicht – hier greift er aber auf Bio-Palmöl aus Südamerika zurück.

Fazit: Bio-Palmöl – eine echte Alternative?

Neben dem klaren Verzicht auf jegliches Palmöl, ist die Verwendung und der Kauf von Bio-Palmöl vielleicht keine echte, aber die momentan bestmögliche Alternative, um nachhaltigen Palmölanbau zu fördern und damit Umwelt, Tiere und Menschen vor Ort zu schützen.

Hierbei gilt: Die Hersteller müssen bei der Palmölproblematik in die Verantwortung genommen werden. Deshalb bewerten „WWF“ und „Greenpeace“ in einer Scorecard deren diesbezügliches Engagement anhand eines Punktesystems und schaffen so Transparenz für Verbraucher.

CodeCheck integriert diese Scorecards nun in die Inhaltsstoff-Bewertung. Egal, ob Du auf Palmöl verzichten oder nur Bio-Palmöl verwenden möchtest – per App erscannnst Du Dir alle wichtigen Infos für Deine Entscheidung und findest sogar Alternativprodukte.