Freiheit für die Füße

Solltest Du häufiger barfuß laufen?

22. Dez. 2016 von

Es gibt viele Verfechter der Barfuß-Kultur. Darunter auch bekannte Langstreckenläufer und Orthopäden. Die müssen es doch wissen, denken wir. Doch die Sache mit dem Barfußlaufen ist gar nicht so einfach. Und während barfuß vielen Menschen gut tut, kann es für manche gefährlich sein.

Früher war mehr barfuß

Seit der Erfindung der Schuhe können die menschlichen Füße immer weniger ihrer eigentlichen Aufgaben erfüllen. Die Natur hat sie ursprünglich dafür vorgesehen, den Untergrund zu ertasten, verschiedene Beschaffenheiten zu spüren und uns darüber hinweg zu tragen. Das Tragen ist als einziges geblieben, denn zum Tasten benutzen wir unsere Füße heute kaum noch.

Per-Olof de Marco, Laufcoach und großer Freund der Barfußbewegung, beschreibt es auf „evidero“ so: „Unsere Füße sind so überprotektiert, dass wir jegliche Empfindung, die über das Barfußlaufen in der Wohnung hinausgeht, als schmerzhaft oder unangenehm einstufen. Sowohl die sensorischen, als auch die motorischen Funktionen des Fußes sind völlig vernachlässigt.“

Starke Sohlen, ein mehr oder weniger gutes Fußbett, Stoffe, Leder, Plastik. Mit all dem umhüllen wir unsere Füße. Dabei würden wir nicht nur den Füßen, sondern dem ganzen Körper einen Gefallen tun, wenn wir die Schuhe öfter auszögen. Denn beim Barfußlaufen muss der Körper jede Unebenheit selbstständig ausgleichen. Dabei wird die Muskulatur vom Fuß bis in den Rücken trainiert. Auch Bänder und Sehnen werden gefordert, was das Risiko von Fehlstellungen deutlich minimiert.

Wie die Natur uns schuf

Die Natur hat uns ohne Schuhe auf die Welt geschickt. Müsste Barfußlaufen dann nicht das Gesündeste für uns alle sein?

Der Gedanke, die Füße wieder mehr ihrer eigentlichen Arbeit machen zu lassen, ist nicht verkehrt, aber in unserer heutigen Welt kaum ohne Weiteres umsetzbar. Denn wer möchte gerne im Sommer über heiße, asphaltierte Straßen laufen und dabei auf schützendes Schuhwerk verzichten? Oder im Winter, wenn die vereisten Straßen mit aggressivem Salz gestreut sind? Vielmehr lautet die Empfehlung, immer mal wieder die Schuhe auszuziehen, über eine grüne Wiese zu gehen und das Gras zu spüren. Am Strand den Sand zwischen die Zehen zu lassen oder auf einem Waldweg einen Abenteuerspaziergang für die Fußsohlen zu wagen.

Wer dabei auf den Geschmack kommt, kann einen so genannten „Barfuß-Park“ ausprobieren. Einer der größten Deutschlands liegt im Schwarzwald. Hier können die Besucher den Tastsinn ihrer Füße auf unterschiedlichen Untergründen wie Kies, Lehm und Holz erleben. Carolin Dircks ist die Leiterin des örtlichen Tourismus- und Kulturamts. In der Welt sagt sie über die Erfahrungen der Barfüßler: „Wenn wir Umfragen unter den Besuchern machen, wird meistens das Naturerlebnis als Erstes genannt. Ein Barfußpark ist ein Erlebnis für alle Sinne. Man merkt Unebenheiten, aber das ist ein angenehmes Gefühl.“

Altes Wissen neu entdeckt

Der Trend des Barfußlaufens scheint recht neu zu sein. Erst seit kurzem gibt es „Barfuß-Schuhe“, die mit ihren fünf Zehen ein möglichst unverfälschtes Laufgefühl vermitteln sollen. Doch die Idee, häufiger ohne Schuhe zu laufen, ist viel älter.

Sebastian Kneipp, einer der Vorreiter ganzheitlicher Naturheilkunde, propagierte das „Tautreten“ und „Schneelaufen“ schon im 19. Jahrhundert. Gleich nach dem Aufstehen über eine taunasse Wiese spazieren oder einige Sekunden durch Schnee gehen verspräche ein gestärktes Immunsystem, die Kräftigung der Fußmuskulatur, eine gute Venen- und Wadenmuskel-Pumpe sowie Abhilfe bei Fußschweiß. Besonders Kindern empfahl er das Barfußlaufen, denn sie entwickelten dadurch nicht nur gesunde Füße, sondern auch ein feines Temperaturempfinden.

Mancher geht mit Schuhen besser

Aber nicht für alle Menschen ist Barfußlaufen eine gesunde Abwechslung. So sollten zum Beispiel Diabetiker davon Abstand nehmen, da sie oft ein eingeschränktes Schmerzempfinden haben und Verletzungen der Fußsohle nicht rechtzeitig wahrnehmen.

Auch bei deutlichen Fußfehlstellungen oder Arthrose ist Barfußlaufen nicht zu empfehlen. In diesen Fällen kann der Schuh den nötigen Halt geben und so vor Schmerzen schützen.