„Zell-Piraten“

Phagen: Mögliche Alternative zu wirkungslosen Antibiotika?

25. Mai 2016 von

Antibiotika wirken oft nicht mehr zuverlässig. Wenn sie bei Bakterien-Infektionen nicht mehr wirken, könnten Phagen die Alternative sein. Sie lassen Bakterien explodieren.

Immer mehr Bakterien sind resistent gegen Antibiotika oder andere handelsübliche Wirkstoffe. Dass diese Resistenzen zunehmen ist ein Teufelskreis: Je mehr Antibiotika wir einsetzen, desto resistenter werden auch die Bakterien. So überleben und vermehren sich die Bakterien, die gegen die eingesetzten Wirkstoffe resistent sind.

Der Beobachter berichtet, dass man heute wieder an Infektionen sterben kann, die vor 15 Jahren durchaus behandelbar waren oder nicht tödlich verliefen. Blutvergiftungen und oder Infekte sind ein Thema im Bericht. Ein Beispiel, wie man sich einen möglichen Krankheitsverlauf heute vorstellen kann: „Eine Patientin leidet an einer Blasenentzündung. Ist der Keim resistent gegen mehrere Antibiotika, ent­wickelt sich aus der scheinbar harmlosen Blaseninfektion eine bedrohliche Nierenbeckenentzündung. Lässt sich diese nicht eindämmen, können die Bakterien den gesamten Körper überschwemmen, und die Patientin kann innert kurzer Zeit an multiplem Organversagen sterben.“

Phagen: Eine Alternative zu Antibiotika

Klingt heftig? Ist es auch. Es könnte aber sein, dass die Wissenschaft eine Lösung für einen Teil des Problems gefunden hat. Forscher setzen bei multiresistenten Keimen ab und an auf die vernichtende Wirkung von Phagen. Das sind Kleinstviren und sozusagen natürliche Bakterienfeinde. Sie bestehen lediglich aus einer Erbsubstanz wie Nukleinsäure, meist DNA, die in eine Proteinhülle eingebettet ist. Sie können sich aber nicht alleine vermehren, sondern nur in Bakterienzellen. Das heißt, dass Bakterien so etwas wie Wirte für sie sind. Radiowissen erklärt weiter, dass Phagen typischerweise in Bakterien eindringen, sich dort vermehren und die Bakterien so zum Platzen bringen.

Sobald die Bakteriophagen in den Bakterien eingenistet sind, zwingen sie diese dazu immer mehr Phagen zu produzieren. Sie schaffen es weiterhin, dass die Zelle Stoffe bildet, die für sie selbst tödlich sind, weil sie die Zellwände durchlöchern oder das Bakterium zur Explosion bringen. Sobald alle Bakterien vernichtet sind, sterben konsequenterweise auch die Phagen ab.

Einsatz von Phagen: Super oder problematisch?

Vor allem wenn bekannt ist, welche Bakterien den Schaden im Körper anrichten, können Phagen helfen. So kann man sie gezielt auswählen und einsetzen. Wie Medizinjournalist Martin Winkelheide Radiowissen sagt, gibt es in Osteuropa angelegte Phagen-Bibliotheken, also Verzeichnisse, in denen steht, welche Phagen gegen welche Infektion helfen.

Doch dem Einsatz von Phagen sind Grenzen gesetzt: Es gibt Phagen, die den Krankheitsverlauf sogar verschlimmern. Bekannte Fälle kommen bei Cholera oder Diphterie vor. Problematisch wird es auch, wenn sich die angegriffenen Bakterien wehren und ihre Genstruktur verändern. So kann es auch zu Resistenzen kommen – ähnlich wie jetzt bei Antibiotika.

Jedenfalls sind Phagen ein Gebiet, auf dem noch tiefergreifend geforscht werden muss. Eine Studie von Tübinger Infektionsforschern wird in etwa einem Jahr starten. Eine Medienmitteilung über ihre Arbeit mit Staphylococcus aureus findet ihr hier.