Kleinstteile als Geschmacksträger

Wie gefährlich sind Nanopartikel in unserem Essen?

07. Juli 2017 von

Die Bundesregierung hat der Anwendung von Nanotechnologie in Lebensmitteln den Weg geebnet. Dabei ist die Langzeitwirkung von künstlichen Partikeln im Essen noch gar nicht hinreichend erforscht. Wird der Verbraucher zur Testperson?

Im Herbst 2016 veröffentlichte das Kabinett den „Aktionsplan Nanotechnologie 2020“. Darin werden Anwendungsfelder für synthetische Mini-Teilchen vorgestellt, die nicht einmal ein Tausendstel eines Haares breit sind. Sie verleihen Materialien bestimmte Funktionen oder verändern Eigenschaften – aus starr wird flexibel, aus flüssig fest.

Dem Plan zufolge will der Bund nun auch verstärkt den Einsatz von Aromen transportierenden Nanostoffen im Nahrungsmittelbereich fördern. Denn sie würden zu einer optimierten Ernährung und besseren Qualität von Lebensmitteln beitragen.

Je kleiner die Teilchen, desto größer der Geschmack?

Die „Apotheken Umschau“ erklärt anschaulich, worauf dieser Gedanke basiert: „Wird ein Teilchen in zahlreiche kleinere zerlegt, vergrößert sich die Gesamtoberfläche enorm. Schrumpfen also zum Beispiel Fetttröpfchen im Essen in den Nanobereich, kommen die Geschmacksknospen der Zunge mit viel mehr Fett in Berührung. Das verstärkt den Geschmack.“

Im Rückschluss bedeutet das, dass Partikel weggelassen werden können, um das bekannte Aroma zu kreieren. Anders formuliert: Der Anteil von ungesunden Inhalten (etwa Salz, Zucker und Fett) in Lebensmitteln lässt sich reduzieren, ohne dass der Konsument einen geschmacklichen Unterschied zwischen der Original-Zutat und der Nano-Version feststellten würde.

Erste Erfolge, erste Bedenken

Mit dieser Technik soll es Lebensmittelforschern an der „Universität von Nottingham“ bereits gelungen sein, den Salzgehalt von gewöhnlichen Chips um 90 Prozent zu senken. Salzig schmeckendes Essen ganz ohne Salz sei ebenso wie „Brot, das gesunde Fischöle enthält, aber keinen fischigen Nachgeschmack mit sich bringt“, schon entwickelt worden.

Also: Die schöne, neue Genuss-Welt – zu schön, um wahr zu sein? Das wird sich zeigen. Zumindest schließt die Wissenschaft eventuelle Gefahren für die Gesundheit durch die Hightech-Nahrung noch nicht aus. Gegenüber der „Apotheken Umschau“ gibt Nano-Experte Dr. Ralf Greiner vom „Max-Rubner-Institut“ in Karlsruhe zu bedenken, dass sich viele Eigenschaften einer Materie sprunghaft ändere, wenn man eine bestimmte Größe unterschreitet.

Forscher: Nanostoff fördert Tumorbildung bei Ratten

Welches Risiko auf die Verbraucher zukommen könnten, zeigt der Zusatzstoff Titandioxid: Das Nanomaterial, das die europäische Zulassungsnummer E171 trägt, wird unter anderem zur Weißfärbung oder Eindickung von Kunststoffen, Textilien, Arznei, Kosmetikprodukten wie Zahnpasta und Essbarem wie Fertiggerichten, Keksen, Süßigkeiten genutzt.

Wie bereits berichtet, hat ein Team aus französischen und luxemburgischen Forschern erst vor kurzem durch Versuche an Ratten nachgewiesen, dass Titandioxid über den Verdauungsgang ins Blut gelangen und das Immunsystem schwächen kann. Parallel dazu setzten die Wissenschaftler eine zweite Gruppe von Versuchstieren 100 Tage lang dauerhaft dem Stoff aus und stellten danach fest, dass sich bei 40 Prozent der Ratten Tumore im Darm und Dickdarm entwickelt hatten.

Risiko auch bei Menschen?

Die Fachleute betonen zwar, dass sich die Erkenntnisse nicht direkt auf den Menschen übertragen lassen. Doch die französische Regierung hat bereits weitere Studien angeordnet, um das Gefahrenpotential von Titandioxid auszuloten. Die Langzeitfolgen von Nano-Partikel im Essen sind nämlich noch nicht erforscht worden.

Das gibt auch die Bundesregierung zu: „Die Diffusion von Nanopartikeln aus Lebensmittelkontaktmaterialien auf Lebensmittel ist nach bisherigen Erkenntnissen sehr gering. Im Falle abrasiver Bedingungen kann ein Übergang auf das Lebensmittel jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden“, heißt es im Aktionsplan.

Belastung umgehen – mit CodeCheck

Es ist kaum möglich, Titandioxid im Alltag völlig aus dem Weg zu gehen. Allerdings lässt es sich vermeiden, indem die Verbraucher auf Produkte mit E171-Zusatz verzichten. Beispielsweise können sie Zahnweiß-Kaugummis und -Zahnpasta aufgeben oder ihren Arzt um Tabletten ohne Titandioxid bitten.

Um herauszufinden, in welchen Artikeln Titandioxid oder andere Nano-Partikel enthalten, musst du nicht jede Zutaten- bzw. Inhaltsstoffliste durchgehen – CodeCheck hilft Dir dabei. Sollte das von Dir gesuchte oder gescannte Produkt einen unerwünschten Bestandteil – wie Titandioxid – enthalten, kannst Du Dir Alternativen auflisten lassen.