Vermeintlich gesund

Gemüsechips: Knabbern ohne Reue?

14. Dez. 2017 von

Viele Snack-Produzenten haben im Zuge des Wellness-Trends Chips aus Gemüse auf den Markt gebracht. Angepriesen mit Eigenschaften wie „vegan“, „Bio-Erzeugnis“ oder „glutenfrei“ vermitteln sie den Eindruck, die gesunde Knabber-Alternative zu sein. Zu recht?

Ihre Bezeichnung verrät es schon: Anstelle von Kartoffeln verwenden die Hersteller für die neuartigen Chips Gemüsesorten wie Karotte, Rote Bete, Wirsing oder Kohl. Beliebt sind auch Varianten mit Paprika, Tomaten, Rettich oder Zucchini.

Andere Zutaten, doch keine relevante Aufwertung

Wie die Kartoffeln werden diese Hauptzutaten bei der industriellen Verarbeitung in kleine Scheiben geschnitten und dann frittiert oder gebacken. Die Produzenten von Gemüsechips tauschen allerdings die typischen Kartoffelchip-Zutaten Aromen, Zucker, Palmöl und Farbstoffe meistens gegen Gemüse, Sonnenblumenöl und Salz, hat der „NDR“ bei Testkäufen herausgefunden.

Das macht die Gemüsevariante nicht wirklich gesünder. Beispielsweise hat das für die Knabbereien verwendete Gemüse in der Regel zwar mehr Vitamine und Nährstoffe als eine Kartoffel, doch beim Erhitzen gehen viele gehaltvolle Inhalte verloren. Der Zucker in Gemüsechips mag vom das Gemüse selbst kommen und daher natürlicher Herkunft sein. Jedoch ist er ebenso ungesund wie nachträglich eingebrachter Zucker.

Kaum Unterschiede beim Fett- und Kaloriengehalt

Und welches Öl zum Frittieren verwendet wird, ist für den Kaloriengehalt belanglos. Das belegt ein direkter Vergleich: Im Durchschnitt haben 100 Gramm Kartoffelchips zum Beispiel einen Brennwert von etwa 549 Kilokalorien, dazu 45 Gramm Fett.

Und auch die Gemüsechips schlagen mit 450 bis weit über 550 Kilokalorien je 100 Gramm ein. Die Menge an Fett liegt hierbei für gewöhnlich bei 33 bis 40 Gramm und damit nicht weit unter dem Gehalt von Kartoffelchips. Die Fettaufnahme sollte der „Deutschen Gesellschaft für Ernährung“ zufolge 60 bis 80 Gramm nicht überschreiten. Mit den Fettwerten können Gemüsechips also ebenfalls nicht für sich werben.

„Warentest“ findet schädliche Inhalte

Ein weiteres Manko hat „Stiftung Warentest“ im Sommer ausgemacht. Bei Untersuchungen fanden die Tester in vier von 15 Gemüsechipssorten Schadstoffe. Eine Tüte war mit Nitrat belastet, bei drei Marken war die Menge an Acrylamid, das sich durch starkes Erhitzen bildet, bedenklich. In Tierversuchen zeigten sich beide Stoffe als krebserregend.

Da in Chips, Pommes Frites und Keksen immer wieder hohe Acrylamid-Werte nachgewiesen werden, hat die EU übrigens strengere Richtlinien für die Herstellung beschlossen. Im Frühjahr sollen neue Auflagen in Kraft treten.

Geschmacklich nicht überzeugend – oder teuer

Noch dazu überzeugten die Gemüsechips die Redakteure von „Stiftung Warentest“ in Bezug Aussehen, Geruch, Geschmack und Mundgefühl kaum. „Das Gros der Produkte ist mittel­mäßig, schmeckt und riecht fettig, ist brandig im Geschmack oder hat teils eine pappige Konsistenz“, urteilen sie.

Lediglich für drei Sorten gab es gute bis sehr gute Noten. Für diese Testsieger müssen die Verbraucher allerdings viel bezahlen, denn sie sind gut doppelt so teuer wie Gemüsechips und mehr als dreimal so teuer wie herkömmliche Chips.

Wenigstens viele Ballaststoffe

Womit die Gemüsescheiben tatsächlich punkten können, ist ihr Ballaststoffgehalt. Wo Kartoffelchips im Durchschnitt 4,8 Gramm pro 100 Gramm enthalten, sind es bei Gemüsechips oft zwischen 13 und 14 Gramm. Das bedeutet eine schnellere Sättigung und ein längeres Völlegefühl.

Ob dies den drastischen Preisunterschied rechtfertigt? Zu einer wirklich gesunden Knabber-Alternative machen die Ballaststoffe die Gemüsechips jedenfalls auch nicht. Selbst Verbraucher, die auf der Suche nach einen veganen und/oder glutenfreien Snack sind, müssen nicht gezwungenermaßen zu den hippen „Bio“-Varianten greifen – das sind nämlich viele normale Kartoffelchips-Produkte auch.

Ein kleiner Tipp: Wenn Du in eine Suchmaschine den Begriff „Gemüsechips“ eingibst, erhälst Du zahlreiche Rezepte für hausgemachte Chips. Bei ihnen entscheidest Du selbst, wie viel Fett und welche Gewürze verwendet werden sollen.