Kartoffelchips im „Öko-Test“

Schädliche Inhaltsstoffe aus der Chipstüte

10. Okt. 2023 von

Sie sind laut Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e. V. (BDSI) die beliebteste Knabberei der Deutschen: Kartoffelchips. Dass sie gleichzeitig ein ungesunder Snack sind, hält die wenigsten davon ab, sie zu knabbern. Dass sie dabei aber auch noch voller Schadstoffe stecken, schockiert die Tester:innen von „Öko-Test“.

  • Fast alle getesteten Bio-Produkte schneiden mies ab. Ausnahme sind die „sehr guten“ Bio-Chips von Dennree.
  • Die sechs „guten“ Kartoffelchips-Produkte unterscheiden sich kaum voneinander. Außer im Preis: Die beiden Markenprodukte kosten mehr als doppelt so viel wie die anderen vier.
  • Auf den ersten Blick scheinen die Kalorien- oder Fettangaben pro Portion gar nicht so wild zu sein. Die Portionen sind teilweise jedoch sehr knapp bemessen. Und kannst Du nach einer Handvoll Chips aufhören zu essen?

Eigentlich kaufen die Tester:innen von „Öko-Test“ gerne Bio-Produkte, da sie in der Regel ohne den Einsatz von Pestiziden, synthetischen Düngern oder zugesetzten Aromen auskommen. Umso enttäuschender das Testergebnis. Bis auf ein Produkt im Test fällt der Rest gnadenlos durch. Dafür gibt es vor allem drei große Probleme – und alle drei Schadstoffe kommen fast ausschließlich in den Bio-Produkten in größeren Mengen vor.

  1. Acrylamid, das sich im Tierversuch als krebserregend erwies.
  2. Aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH), unter denen sich krebserregende Verbindungen befinden können.
  3. Glycidol, das als wahrscheinlich krebserregend eingestuft ist – um nur drei der größten Probleme zu nennen.

Die befragten Hersteller liefern leider keine Erklärungen dazu, weswegen „Öko-Test“ nur mutmaßen kann, wie die analysierten Schadstoffe in die Chips gekommen sind.

Das einzige „sehr gute“ Produkt im Test von „Öko-Test“

Acrylamid übersteigt EU-Richtwert

In sechs von sieben Bio-Produkten hat das beauftragte Labor Acrylamid in Gehalten analysiert, die zur Abwertung führen. Obwohl kein Produkt acrylamidfrei ist, haben die konventionellen Hersteller das Problem mit dem als krebserzeugend eingestuften Stoff besser im Griff: Hier bekommen nur zwei der 13 Produkte aufgrund der gemessenen Acrylamid-Werte Notenabzug.

„Öko-Test“ versucht eine mögliche Erklärung: Im Öko-Anbau ist der Einsatz von Keimhemmern verboten. Um die Kartoffeln trotzdem lange lagern zu können, sind Temperaturen von zwei bis vier Grad Celsius nötig. Die kalte Umgebung führt allerdings dazu, dass sich Zucker wie Glukose oder Fruktose in der Knolle anreichern. Diese wiederum können dazu beitragen, dass sich beim Frittieren höhere Gehalte an Acrylamid bilden. Dass die Alnatura Kartoffelchips Paprika, die De Rit Organics Kartoffelchips Paprika und die Go Pure Classic Potato Chips Paprika aber sogar den derzeit geltenden EU-Richtwert für Kartoffelchips überschreiten, sieht „Öko-Test“ nicht in den schwierigeren Lagerbedingungen für Biokartoffeln begründet.

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Mineralöl in allen Produkten

In allen Chipssorten hat das Labor Mineralölbestandteile nachgewiesen. Die gemessenen Gehalte von zwei Bio-Produkte und der meisten konventionellen Chips ordnet „Öko-Test“ jedoch nur als „Spuren“ ein, die nicht zur Abwertung führen. In fünf Bio- und drei konventionellen Produkten analysierte das Labor aber gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoge) in Mengen, die die Tester:innen abwerten.

In drei Bio-Chips stecken zudem die noch problematischeren aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH), unter denen krebserregende Verbindungen sein können. Die Flor De Sal d’Es Trenc Kartoffel-Chips Paprika fallen dabei besonders negativ auf. Sie überschreiten den Richtwert, den die Europäische Kommission 2022 beschlossen hat, um die Verunreinigung von Lebensmitteln mit MOAH einzudämmen.

MOSH/MOSH-Analoge reichern sich im Körper an und sind dort die größte Verunreinigung überhaupt. Auch wenn deren Effekt bisher noch unklar ist, stehen die Lebensmittelhersteller hier in der Verantwortung.

Verunreinigte Öle und Fette als Problem

In vier Bio-Produkten haben die Labore Glycidyl-Fettsäureester nachgewiesen, in den Trafo Paprika Potato Chips sogar in Gehalten, die „Öko-Test“ als „stark erhöht“ einordnet. Diese können im Körper in Glycidol umgewandelt werden, was wiederum als krebsverdächtig und erbgutschädigend gilt. Die Fettsäureester zählen zu den Schadstoffen, die im Produktionsprozess vor allem bei der Raffination pflanzlicher Öle und Fette entstehen.

Dieses Produkt erhielt von „Öko-Test“ die Note „Ungenügend“

Qualitätskontrollen enger stecken

Glykoalkaloide wie Solanin oder Chaconin, die meist in den grünen und ausgekeimten Teilen der Kartoffel stecken, können Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall verursachen. In Chips sollten sie daher nicht in größeren Mengen vorkommen. Bei den meisten Produkten klappt das gut. Bei den Chips zweier konventioneller und eines Bio-Anbieters bewertet „Öko-Test“ die Gehalte allerdings als „erhöht“. Das sollte Anlass für die Hersteller sein, ihre Prozesse zu überprüfen, denn auch Sorte, Reife und Lagerbedingungen der Kartoffeln können die Gehalte dieser Stoffe beeinflussen.

Lagerung mit Keimhemmern problematisch

Kartoffeln gut und lange zu lagern, ist eine Herausforderung. Konventionelle Betriebe setzen dabei auch auf Keimhemmungsmittel. Jahrelang war dafür Chlorpropham das Mittel der Wahl. Das ist in der EU als „vermutlich krebserregend“ eingestuft verboten. Dass Chlorpropham in Chips – wie in diesem Test in den Lay’s Red Paprika – trotzdem noch zu finden ist, liegt „Öko-Test“ zufolge vermutlich daran, dass die Lager auch Jahre nach dem letzten Einsatz noch mit dem Mittel kontaminiert sein können.

Eine Alternative zu Chlorpropham ist beispielsweise 1,4-Dimethylnaphthalin. Kartoffelbauern und -bäuerinnen sind damit nicht ganz glücklich, weil es nicht so effektiv ist. „Öko-Test“ wiederum ist nicht glücklich, weil es die Gesundheit unserer Seen und Flüsse gefährdet. Wie verbreitet der Keimheimmer dennoch ist, zeigt der vorliegende Test. In 13 Produkten haben die Labore ihn nachgewiesen, darunter in zwei Bio-Produkten. Leider liefern die Anbieter auch hier keine Erklärung.

Die Testsiegerprodukte, die Testtabelle und das Gesamtergebnis findest Du im Detail im ePaper von „Öko-Test“.

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