CSR-Reports auf dem Prüfstand

Coroporate Social Responsibility: Wie sozial sind Unternehmen wirklich?

14. Jan. 2018 von

„Corporate Social Responsibility“ ist in aller Munde. Das gern mit CSR abgekürzte Versprechen von Unternehmen, sich für soziale und ökologische Belange einzusetzen und Verantwortung für ihre Geschäftsbedingungen und Produktionsabläufe zu übernehmen, gehört mittlerweile fast schon zum guten Ton im Kampf um sozial bewusste Kunden und qualifizierte Angestellte. Doch nicht immer sind die teilweise von der Regierung vorgegebenen Bestrebungen im Bereich der Nachhaltigkeit so uneigennützig. Wir haben uns ein paar der CSR-Aktivitäten von großen Firmen einmal näher angeschaut.

WAS IST CSR?

„Corporate Social Responsibility“ bezeichnet die unternehmerische Verantwortung oder auch die Sozialverantwortung von Unternehmen. Es ist ein freiwilliger Beitrag der Wirtschaft zur nachhaltigen Entwicklung und geht über die gesetzlichen Forderungen und Regulierungen hinaus. Ein Fleißsternchen für Unternehmen sozusagen, im Hausaufgabenheft zur nachhaltigen Firmenführung.

Beispiele für Maßnahmen, die in den Bereich der CSR fallen, sind unter anderem das Gewährleisten von nachhaltigen Produktionsabläufen, umwelt- und menschenfreundliche Geschäftsbedingungen und der Ausbau von Bildungsmöglichkeiten sowie die Armutsbekämpfung. Dabei sollte der Grundansatz stets international gelten, also auch Firmen, die ihren Hauptsitz in Deutschland haben, aber ihre Produkte und Materialien aus anderen Ländern beziehen, sollten sich für die ganze Lieferkette und somit auch die Produktionsbedingungen ihrer Zulieferer, verantwortlich fühlen.

CORPORATE CITIZENSHIP

Ein weiterer Begriff, der oft in einen Topf mit der CSR geworfen wird, ist der des „Corporate Citizenship“. Dabei geht es wiederum um über die Geschäftstätigkeit hinausgehendes gemeinnütziges Engagement von Unternehmen. Also Bereiche, in denen das Unternehmen nicht tätig ist und die auch nicht zwangsläufig etwas mit ihrem Produkt oder ihrer Dienstleistung zu tun haben müssen. Das äußert sich am häufigsten in Form von Sponsorings, Spenden oder auch Stiftungsaktivitäten.

HISTORIE UND ENTWICKLUNG

„Corporate Social Responsibility“ blickt in Deutschland auf eine lange Tradition zurück. Schon zu Zeiten der Industrialisierung im 19. Jahrhundert engagierten sich Unternehmen in Form von Wohnungsbaumaßnahmen sowie der Eröffnung von Schulen und Kultureinrichtungen. Auch die Gründung von den ersten Genossenschaften lässt sich als eine der ersten CSR-Aktivitäten bezeichnen. Gleichzeitig wurden in dieser Zeit einige Grundprinzipien des Sozialstaates eingeführt, wie etwa die Renten-, Kranken- und Unfallversicherungen.

Mit der Zeit wurde der Aspekt der CSR um aktuelle Themen erweitert. So wurde ab den 70er Jahren der Umweltschutz zu einem zentralen Bestandteil von Unternehmerverantwortung. Denn nicht nur die Angestellten sollten von einem sozial engagierten Arbeitgeber profitieren, sondern auch die Natur. Seitdem werden auch ökologische Aspekte mit bewertet, wenn man über die CSR von Unternehmen spricht.

DER CSR-PREIS DER BUNDESREGIERUNG

Seit 2013 schreibt das „Bundesministerium für Arbeit und Soziales“ den CSR-Preis aus. Dieser zeichnet Unternehmen verschiedenster Größenordnungen für ihr Bestreben im Bereich der sozialen, ökologischen oder ökonomischen Verantwortung aus. Faire Geschäftspraktiken sind hier ebenso ein Thema, wie eine sehr mitarbeiterorientierte Personalführung oder auch Aktionen im Bereich des Klima- und Umweltschutzes. Wichtig ist nur, dass die Unternehmen sich ihrer Herausforderungen und Ziele klar bewusst sind und bereits die ersten Maßnahmen ergriffen haben, um diese gesetzten Meilensteine zu erreichen.

Jedes teilnehmende Unternehmen bekommt unabhängig vom letztendlichen Sieger eine Einzelauswertung und weiß so, wo sie insbesondere im Vergleich zu den anderen Firmen zum Thema „Corporate Social Responsibility“ stehen, in welchen Bereichen sie bereits sehr gut aufgestellt sind und wo noch Verbesserungspotential besteht. Damit wird ein starker Fokus auf die weitere Entwicklung der Unternehmen gelegt und zusätzlich ein öffentlicher Diskurs zu dem Thema der nachhaltigen Unternehmensführung geschaffen.

CSR INTERNATIONAL

Auch auf internationalem Parkett rückt CSR immer mehr in den Mittelpunkt. Im Jahr 2011 hat die UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Zusätzlich aktualisierte die OECD im gleichen Jahr ihre Leitsätze für multinationale Unternehmen. Diese besagen, dass Regierungen dafür verantwortlich sein sollen, Wirtschaftsunternehmen Handlungsempfehlungen zur Achtung der Menschenrechte auszusprechen und gleichzeitig Vorbild für die Umsetzung dessen sein sollten.

Auch auf europäischer Ebene wird über „Corporate Social Responsibility“ diskutiert. Die Definition der EU weitet sich dabei auch auf die Zulieferer für Produkte aus. So sollen Unternehmen soziale, ökonomische und ökologische Aspekte in die gesamte Lieferkette integrieren. Dabei werden insbesondere börsennotierte Konzerne dazu angehalten, ihre CSR-Maßnahmen und Strategien offen zu legen.

Seit 2014 wurde diese Bitte zur Transparenz in eine Berichtspflicht für einige Unternehmen umgewandelt. Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten der EU haben in einer Richtlinie festgelegt, dass kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Versicherungen und Finanzdienstleister ihre Bemühungen im ökologischen und sozialen Bereich offenlegen müssen. In Deutschland ist dies 2017 sogar in Form des neuen CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes in Kraft getreten.

CSR-REPORTS: GENAU HINGESCHAUT

Viele Unternehmen, die gesetzlich nicht dazu verpflichtet sind, transparent über ihre CSR-Maßnahmen zu berichten, tun dies allerdings freiwillig. Das ist zum einen oft Teil einer offenen Kommunikationsstrategie, zum anderen jedoch auch Bestandteil von anderen, öffentlichkeitswirksamen Kampagnen zur Umsatzsteigerung. Deswegen gilt es, genau hinzuschauen und die CSR-Aktivitäten der Firmen in einem größeren Zusammenhang zu betrachten. Dabei helfen kann zum Beispiel der FTSE4Good Index, der Unternehmen unter anderem für ihre sozialen Aktivitäten sowie Bemühungen zum Umweltschutz bewertet.

Drei Beispiele

MANGO

Das spanische Modeunternehmen „Mango“ setzt sich mit ihrer 2016 ins Leben gerufenen Initiative „Take Action“ für mehr Nachhaltigkeit in der Modebranche ein. Ziel der Aktion ist, auch andere Modehersteller dazu zu bringen, sich an nachhaltigen Kriterien und Verfahren im Produktionsprozess zu orientieren. Anfang 2017 folgte dann die erste Kollektion, die nur aus nachhaltigen Materialien wie Biobaumwolle, Modal oder Tencel bestand. Doch leider ist dieser nachhaltige Gedanke bisher nur in vereinzelten Kollektionen wiederzufinden. Außerhalb dieser speziellen Kleidungslinien werden nämlich keine nachhaltigen Materialien verwendet.

In einem weiteren wichtigen Punkt im Bereich der „Corporate Social Responsibility“ hat die Modekette allerdings noch mehr Nachholbedarf: der Übernahme von Verantwortung für die Produktionsbedingungen entlang der gesamten Lieferkette. Laut dem CSR-Bericht von 2016 werden 77% der Kleidung und Materialien in Asien eingekauft und hergestellt. Dabei weist Mango daraufhin, dass ihre Zulieferer wiederum mit mehreren anderen Fabriken zusammenarbeiten („The suppliers may work with more than one factory for the manufacture of their different collections.“) und die Arbeitsbedingungen dort variieren können („In addition, some of them may be used in different ways at different times, depending on the characteristics of the product.”).

Somit können sie augenscheinlich nicht für die Einhaltung von CSR-Standards bei diesen Zwischenhändlern garantieren und distanzieren sich gleichzeitig von der Verantwortung für die Arbeitsbedingungen bei Zwischenhändlern, auch wenn diese mit Mango-Produkten zu tun haben.

Dramatisch belegt wurde das 2013 mit dem Einsturz des „Rana Plaza“ Fabrikgebäudes in Bangladesch. Mehr als 1.100 Textilarbeiter fanden bei dem Unglück den Tod. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass auch Mango dort Kleidung hat produzieren lassen. Mango ließ später mitteilen, dass es sich bei den produzierten Textilien um Musterstücke gehandelt hätte.

WELEDA

Ein positives Beispiel für erfolgreiche Transparenz entlang der Lieferkette ist die Naturkosmetik-Firma Weleda. Das Schweizer Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur den Bioanteil in ihren Produkten zu erhöhen, sondern auch die Transparenz bei der Produktion zu stärken.

Ursprünglich arbeitete Weleda primär mit Händlern zusammen, über die sie ihre Rohstoffe bezogen. Dies hat das Unternehmen mittlerweile umgestellt und arbeitet größtenteils direkt mit den Produzenten. Um den Bioanteil zu erhöhen, wurde auf eigens angebaute Pflanzen umgestellt. Somit konnte der Anteil natürlicher Inhaltsstoffe in den Kosmetika von 20 auf 80 Prozent erhöht werden.

Zusätzlich ist Weleda 2010 der „Union for Ethical Biotrade“ (UEBT) beigetreten, die Standards zur Nutzung von Rohstoffen aus zertifizierten Wildsammlungen auferlegt. Dabei wird insbesondere auf den Erhalt von Biodiversität bei der Rohstoffbeschaffung geachtet sowie auf die nachhaltige Nutzung der Ressourcen und das Gewährleisten von fairen Bedingungen für Zulieferer und Partner. Damit sind sie bisher in Deutschland und in der Schweiz Vorreiter – was ihnen 2017 den CSR-Preis der Bundesregierung eingebracht hat.

VOLKSWAGEN

Volkswagen ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch viele verschiedene CSR-Aktivitäten nicht direkt bedeuten, dass es sich um ein grünes Unternehmen mit einem ausgeprägten Nachhaltigkeitsbewusstsein handelt. Im eigenen CSR-Bereich auf der Website finden sich zahlreiche Projekte zu den unterschiedlichsten Themen. 254 CSR-Projekte weltweit, 51 davon allein in Deutschland, unterstützen unter anderem Chancengleichheit, Freiwilligenarbeit, Gesundheit und Naturschutz. Dem Thema Umwelt ist ein ganz eigener Bereich gewidmet. Hier heißt es, man wolle Vorbild sein und Verantwortung in Bezug auf Umweltfragen übernehmen. Eines der dafür definierten Ziele ist die kontinuierliche Reduzierung von Schadstoffemissionen.

All dies steht jedoch im Schatten des Abgasskandals, der 2015 ans Licht kam. VW hatte Motoren in Autos eingebaut, die - vereinfacht gesagt - bei der Überprüfung der Wagen automatisch in den extremen Schadstoffsparmodus umschalten. So erscheinen die Messzahlen zur Schadstoffausstoßung geringer, als sie eigentlich sind. Weltweit waren davon rund elf Millionen Autos betroffen. Diese groß angelegte Manipulation zog den Rücktritt des Konzernchefs Martin Winterkorn nach sich sowie die Beurlaubung von einigen hochrangigen Verantwortlichen. Und wahrscheinlich auch den Rückzug von vielen Kunden. Das Vertrauen in den Automobilkonzern wackelt – und damit auch ihre Glaubhaftigkeit im Bereich der Corporate Social Responsibility.

FAZIT

Corporate Social Responsibility bezeichnet die soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung von Unternehmen. Dazu gehört Nachhaltigkeit und Umweltschutz innerhalb des Unternehmens sowie entlang der Lieferkette, aber auch soziale Aspekte wie Weiterbildungsmöglichkeiten und menschenfreundliche Arbeitsbedingungen. Die Bundesregierung prämiert CSR-Aktivitäten von Unternehmen seit 2013 mit dem CSR-Preis und auch international gibt es zunehmend Richtlinien und Vorschriften, die sich mit dem Thema beschäftigen und zu mehr Transparenz aufrufen.

Viele Unternehmen veröffentlichen jedoch bereits freiwillig Zahlen und Auswertungen in Form von CSR-Reports. Dabei gilt es allerdings, genau hinzuschauen und sich auch mit dem Kontext und vergleichbaren Werten gleicher Branchen zu beschäftigen. Denn auch wenn viele CSR-Maßnahmen kommuniziert werden, lässt das noch nicht auf ein grünes Unternehmen schließen. Ein Beispiel dafür kann Volkswagen sein, die zum einen offen auf ihre diversen Aktivitäten im Bereich Umweltschutz oder auch Gleichstellung hinweisen, zum anderen jedoch mit der Abgasaffäre eindeutig nicht im Sinne des Umweltschutzes gehandelt haben.