Interview mit Ocean.Now! Gründerin Meike Schützek

„Wir brauchen jede Stimme für den Schutz unserer Ozeane“

25. Jan. 2020 von

Während Mikroplastik in Kosmetika in Großbritannien, Italien oder Schweden schon längst verboten ist, wird es in Deutschland, Österreich, der Schweiz und vielen anderen Ländern noch immer eingesetzt. Mehrere tausend Tonnen Plastikpartikel und andere synthetische Materialien gelangen so jedes Jahr in unsere Gewässer. Die Ozeanschutz-Organisation Ocean.Now! fordert zusammen mit CodeCheck daher mit einer Petition: Schluss damit. Wir haben mit der Ocean.Now! Gründerin Meike Schützek darüber gesprochen, warum ein Verbot so wichtig ist.

Wie kam es dazu, dass du das Projekt Ocean. Now! gegründet hast?

Ich hatte Anfang 2018 eine Einsicht, die mich dazu bewegte, mein Leben zu verändern. Nach meiner Laufbahn von 12 Jahren im Performance Marketing realisierte ich immer mehr, dass meine Werte im Leben nicht mit meiner Tätigkeit übereinstimmen. Die Sinnfrage in meinem Leben nahm zu, und die Frage "Wie möchte ich diesen Planeten später einmal verlassen?". Ich entschied mich dazu, meine Erfahrungen der Kampagnenarbeit im Klimaschutz mit meiner Marketing Expertise zu verbinden, und in einem Bereich einzubringen, für den ich Leidenschaft empfinde - den Ozean.

Viele Firmen sagen synthetische Polymere und Mikroplastik in unserer Kosmetik wäre ein eher kleines Problem - z. B. verglichen mit den synthetischen Fasern unserer Kleidung oder dem Abrieb von Autoreifen. Wie denkst du darüber?

Der Eintrag von Mikroplastik aus Kosmetik ist vergleichsweise gering, das stimmt. Immerhin nimmt Kosmetik nur Platz 17 ein (Quelle Fraunhofer Umsicht). Dennoch ist Mikroplastik in Kosmetik meiner Meinung nach am einfachsten zu ersetzen und es ist daher schlichtweg unnötig. Es gibt zahlreiche Marken, die bereits ohne Mikroplastik arbeiten. Die Zertifizierungen Look for the Zero oder Cosmos beispielsweise zeigen auf, dass hunderte von Marken es sehr ernst nehmen, darauf zu achten, dass Inhaltsstoffe biologisch abbaubar sind. Darüber hinaus stößt es mir besonders widersprüchlich auf, dass Kosmetik, die ja eigentlich zur Schönheit des Menschen beitragen soll, durch ihren Inhaltsstoff Mikroplastik den krassen Umkehrschluss in sich birgt - die Gefahr, lebenden Organismen zu schaden. Schönheit wird so ad absurdum geführt.

Ocean Now
Ocean.Now! Photo: Saskia Uppenkamp

Ocean.Now! Gründerin Meike Schützek (4. v. l.) mit ihrem Team und Umweltministerin Svenja Schulze (5. v. l.). ©Ocean Now - Photographer: Saskia Uppenkamp

Wie kam es zu der Idee, prominente Personen wie Luisa Neubauer oder die Künstlerin Swaantje Güntzel mit Plastik und Blut im Gesicht abzulichten?

Begonnen hatte es mit unserer Kollaboration mit der Künstlerin Swaantje Güntzel, die uns freundlicherweise ihr ausdrucksstarkes Kunstwerk Microplastics II zur Verfügung gestellt hatte. Ich hatte Swaantje 2018 in einer Ausstellung kennengelernt und es entwickelte sich eine Kollaboration und Freundschaft. Microplastics II zeigt eine symbolische Schönheitsmaske aus Mikroplastikteilchen und eine blutende Nase, die für den destruktiven Charakter von Mikroplastik steht. Anfang 2019 hatte eine Frau in unserem Team dann die Idee, dieses Kunstwerk auf "bekannten Gesichtern" zu replizieren. Eva hatte selbst in ihrem Leben oft vor der Kamera gestanden und es machte alles Sinn - das Make-Up, das vor der Kamera aufgetragen wird, enthält ebenfalls Mikroplastik. Warum fragen wir also nicht diejenigen, die vor der Kamera stehen, ob sie eine öffentliche Aussage gegen Mikroplastik in Kosmetik machen möchten. Es ergaben sich insgesamt 56 Portraits - und wir hatten unser Ziel von 50 irgendwann überschritten, da wir immer mehr Anfragen bekamen. Ich bin sehr dankbar, mit zwei hervorragenden Portraitfotografen*innen - Saskia Uppenkamp und Tom Baldessarini - zusammengearbeitet zu haben. Für In Your Face wurden die Mikroplastikteilchen an Stränden in der ganzen Welt gesammelt und uns zugeschickt, und so bekam das Projekt einen kollektiven Charakter. Dieses Element des Konzepts war uns ganz wichtig - das Gefühl "wir sitzen in einem Boot und es ist Zeit, das Ruder rumzureißen."

Mikroplastik
©Ocean Now - Photographer: Saskia Uppenkamp

Künstlerin Swaantje Güntzel - Original „Microplastics II“ Photographer: Henrike Pogoda (links), Repliziertes Kunstwerk mit Protagonistin Luisa Neubauer - „In Your Face“ Photographer: Saskia Uppenkamp (rechts)

Ocean. Now! hat eine große Petition gegen Mikroplastik und synthetische Polymere in unserer Kosmetik gestartet. Warum zählt hier jede einzelne Unterschrift?

Wir sind gerade in einer entscheidenden Phase unserer Petition. Das Jahr 2020 ist das Jahr, in dem sich politisch viel bewegen wird - ein Fortschritt in Richtung Gesetzgebung ist möglich und wir brauchen jetzt für unsere Petition jede Stimme. 2020 ist besonders entscheidend, da der sogenannte "Kosmetikdialog" zwischen der deutschen Regierung und dem Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e.V. (IKW) dieses Jahr zu einer Entscheidung kommt, ob ein gesetzliches Verbot eingeführt oder EU-Richtlinien greifen werden. Diese könnten allerdings bis zu 6 Jahre dauern bis sie auf nationaler Ebene greifen.

Die freiwillige Vereinbarung, die 2015 zwischen der Industrie und der Regierung festgehalten wurde, besagt, dass Hersteller Mikroplastik aus Kosmetik freiwillig bis 2020 entfernen. Dabei geht es nach wie vor ausschließlich um "festes" Mikroplastik. Ocean. Now! fordert auch eine Regulierung von toxischem "flüssigen" Mikroplastik - ein Thema, das auch mittlerweile im Bundesrat diskutiert wird. Es bewegt sich etwas, aber die Prozesse sind viel zu langsam. Wir hoffen, dass mit unserer Petition eine Stimme lauter werden kann, die vorausschauende Politik einfordert - es ist Zeit, nach dem Vorsorgeprinzip zu handeln und die ansteigende Toxizität im Ozean durch Mikroplastik jeder Art zu senken.

Hier kannst Du die Petition unterzeichnen!

Was wünschst du dir für die Zukunft unserer Meere?

Ich wünsche mir, dass der Mensch zurück zur Natur findet und realisiert, das der Ozean ihn am Leben hält. Nur mit dieser Realisierung kann es uns gelingen, unser Handeln für den Schutz des Ozeans zu beschleunigen. Der Ozean ist die Quelle allen Lebens, es ist der Ort, wo wir alle herkommen, und er hält uns am Leben: 50 Prozent des Sauerstoffs, den wir einatmen, wird von Phytoplankton generiert. Damit dieser Sauerstoff auch in Zukunft weiter produziert werden kann, muss sich der Gesundheitszustand des Ozeans zügig verbessern. Es gibt sehr viele Ozeanschutz Themen - Ocean. Now! unterstützt beispielsweise die Forderungen, 30 Prozent des Ozeans in Meeresschutzzonen zu verwandeln, den Tiefseebergbau zu stoppen, die Überfischung des Ozeans zu beenden und die Verschmutzung durch Plastik und Abwasser schnellstmöglich zu reduzieren.