Flugscham versus Reiseboom

Wie umweltschädlich ist Fliegen wirklich?

10. Juni 2020 von

Oft ist das Flugzeug die schnellste Möglichkeit, um an den gewünschten Zielort zu kommen - und teilweise sogar auch die günstigste. Für unseren Urlaub nehmen wir daher lange Flugzeiten und mehrfaches Umsteigen in Kauf. Das Coronavirus bietet uns nun die Möglichkeit, uns differenzierter mit dem Thema auseinander zu setzen: denn Fliegen ist und bleibt eines der schädlichsten Verkehrsmittel der Welt.

Die Aufhebung der Reisewarnung am 15. Juni ist nur noch Formsache - dann werden wieder mehr und mehr Flugzeuge abheben. Zwar soll die Luftfahrt nur 2,5 Prozent zu den globalen CO2-Emissionen beitragen – wäre er jedoch ein Land, dann wäre der Flugverkehr der sechstgrößte Emittent der Welt. Sogar noch vor Deutschland. Weiterhin fliegt bisher nur ein Bruchteil der Menschheit – was wenn sich das in den nächsten Jahren ändert?

Noch vor circa 30 Jahren waren Flugreisen ein Luxus, den sich nicht jeder leisten konnte. Dann fielen die Preise, Billigairlines eroberten den Markt. In Deutschland hat sich die Zahl der Fluggäste seitdem verdreifacht. Weltweit steigen pro Jahr mehr als vier Milliarden Menschen in den Flieger. Zudem werden geschätzt 50 Millionen Tonnen Luftfracht hin- und hergeflogen - Tendenz steigend. Damit rückt das Ziel des Pariser Abkommens, dass wir 2050 CO2-neutral sein müssten, um bei 1,5 Grad Klimaerwärmung zu bleiben, in weite Ferne.

Transport ist größter Faktor des CO2-Fußabdrucks

Jeder Mensch hinterlässt durch seinen Konsum auf der Erde einen CO2-Fußabdruck, der täglich ansteigt. Je größer der Wert, desto größer die umweltschädlichen Emissionen. Während ein Kenianer pro Jahr 330 Kilogramm verursacht, beläuft sich die Menge bei einem Deutschen auf circa 11,6 Tonnen – laut „Umweltbundesamt“. Diese teilen sich wie folgt auf:

Emissionen
Umweltbundesamt

Die Zahlen machen also deutlich, dass Mobilität neben Heizung & Strom und sonstigem Konsum einer der größten Faktoren des persönlichen CO2-Abdrucks ist. Doch auch hier gibt es große Unterschiede. Die klimaerwärmenden Emissionen einer Flugreise sind deutlich höher als die einer Bahnreise. Beispielsweise produziert eine Flugreise von Frankfurt nach München 140 Kilogramm CO2, eine entsprechende Bahnfahrt dagegen nur 17 Kilogramm CO2. Vor allem Vielflieger treiben die CO2-Werte in die Höhe, die Konsequenzen müssen jedoch auch diejenigen tragen, die wenig oder nie fliegen.

Neben den CO2-Emissionen und dem entstehenden Wasserdampf muss bei Flugreisen zudem auch die Produktion von Stickoxiden berücksichtigt werden, welche die Bildung beziehungsweise den Abbau der Treibhausgase Ozon und Methan zur Folge haben. Die tatsächlichen Gesamtemissionen sind daher wohl drei bis fünfmal höher, wie das „Umweltbundesamt“ annimmt.

Vermehrt Turbulenzen durch Klimawandel

Schätzungen zufolge beeinflussen Flüge das Klima mit etwa fünf Prozent. Wie sich der Klimawandel aufgrund der steigenden Temperaturen äußert, sehen und spüren wir täglich: Das Eis an den Polen schmilzt, der Meeresspiegel steigt und wir erleben immer extremere Wetterlagen wie Überschwemmungen, Dürre oder Tornados. Der Temperaturanstieg hat auch Auswirkungen in der Luft. Immer mehr „Clean Air Turbulences“, schwere Turbulenzen bei bestem Wetter, werden auf Flügen durch einen veränderten Jetstream ausgelöst.

Derzeit wird mit Hochdruck an neuen Technologien wie umweltfreundlicherem, CO2-neutralem Treibstoff für Flugzeuge gearbeitet. Doch die Luftfahrt ist ein internationales Geschäft, das schwer zu regulieren beziehungsweise reglementieren ist.

Sind Kompensationszahlungen die Lösung?

Zahlreiche Websites bieten inzwischen die Möglichkeit, den CO2-Ausstoß von Flugreisen zu berechnen wie „Atmosfair“, „MyClimate“, das „Umweltbundesamt“ und „Naturefund“. Die „Verbraucherzentrale“ empfiehlt Kompensationszahlungen insbesondere bei „Atmosfair“, „MyClimate“ oder „GoClimate“. Solche Zahlungen sollten jedoch keine Legitimation für häufiges Fliegen sein. Denn bereits ein Flug weniger hilft unserem Klima.

Die Corona-Krise hat momentan große Auswirkungen auf den nationalen und internationalen Flugverkehr und brachte ihn nahezu zum Erliegen. Doch wir sollten jetzt überlegen, wie wir nach der Krise reisen wollen. Denn die Krise zeigt uns auch auf unmissverständliche Weise, dass es in vielen Bereichen anders geht.

Versuche Deine Flugreisen also auch zukünftig auf eine absolutes Minimum zu reduzieren, und berücksichtige bei jeder geplanten Flugreise mögliche Alternativen. Eine kürzere Strecke kannst Du auch mit der umweltfreundlicheren Bahn zurücklegen. Das muss noch nicht einmal länger dauern, wenn du die Anfahrts- und Wartezeit am Flughafen dazurechnest. Hier liegt es jedoch auch an der Deutschen Bundesbahn, eine bessere Infrastruktur, günstigere Tickets und mehr Züge bereitzustellen, um Zugreisen attraktiver zu machen.

Bereits jetzt gibt es schon für Europa attraktive Angebote bequemer Bahnreisen. Es muss also nicht das Flugzeug sein. Solltest Du zwingend fliegen müssen, kompensiere deinen Flug. Der Beitrag fließt in Klimaschutz- und Aufforstungsprojekte, die es durch die Anpflanzung von Bäumen und das wieder Feuchtlegen von Mooren möglich machen, dass CO2 gebunden wird.

So reist Du CO2-freundlicher

  • Verzichte weitestgehend auf Flugreisen – und zwar langfristig
  • Nutze lieber Bahn und Busse und bereise dieses Jahr doch einfach mal durch Deutschland, Österreich oder die Schweiz?
  • Auf Natours findest Du z. B. eine hilfreiche Übersicht der besten Wander-Apps
  • benutze vor Ort öffentliche Verkehrsmittel, das Rad oder gehe zu Fuß, statt mit dem Mietauto zu fahren

Tipp: Um Deinen komletten persönlichen CO2-Abdruck zu berechnen, kannst Du Deine Daten bei verschiedenen Rechnern eingeben. So zum Beispiel beim „Umweltbundesamt“, bei der Klimaschutzorganisation „myclimate“ oder „Klima ohne Grenzen“.

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