Nachhaltigkeit

Wie grün ist Ökostrom wirklich?

04. Jan. 2018 von

Viele Stromkonzerne bieten mittlerweile grüne Alternativen zu Braunkohle und Co. und eine Vielzahl an Zertifikaten und Gütesiegeln kennzeichnen „ökologischen Strom“ aus erneuerbaren Energien. Doch was kommt davon tatsächlich in meiner Steckdose an?

Durch die Energiewende zum Ökostrom

Ökostrom erlebt seit Jahren einen Boom – immer mehr Deutsche wollen ihren Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind-, Solar- oder Wasserkraft sowie Biogas beziehen. Laut einer Auswertung der Berliner Initiative „Agora Energiewende“ lag im Jahr 2016 der Ökostrom-Anteil in der Bundesrepublik bei über 32%. Somit stammte jede dritte Kilowatt-Stunde aus erneuerbaren Stromquellen.

Grund dafür ist mitunter die Energiewende, bei der 2011 ein endgültiger Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie beschlossen wurde. Durch die Bezuschussung des Baus und der Förderung von Ökostrom – reguliert durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) – haben seitdem unzählige Stromanbieter ihr Portfolio erweitert und bieten neben Energie aus Braunkohle und Atomkraftwerken auch Ökostrom an.

Es ist nicht alles grün was fließt

Doch wie grün ist der angebliche Ökostrom wirklich? In Deutschland wird jede Art von Energie in das gleiche Netz eingespeist. Aus grünem wird dadurch sogenannter Graustrom, denn das Endprodukt in der häuslichen Steckdose lässt sich nicht mehr in Farben unterteilen.

Zwar genießt der Ökostrom offiziell Vorrang im Stromnetz, jedoch sind beispielsweise Atomkraftwerke nicht so flexibel an- und ausschaltbar wie ein Windkraftrad. Wenn nun der Energiebedarf sinkt, wird eine Netzüberlastung riskiert, falls nicht mindestens eine Zufuhr kurzzeitig abgeschaltet wird. In solchen Fällen muss der Ökostrom sicherheitsbedingt den Kürzeren ziehen.

Der Handel mit Zertifikaten

Ein weiterer Problemfall ist der undurchsichtige Handel mit Auszeichnungen wie dem RECS-Zertifikat (Renewable Energy Certificate System). Dieses Zertifizierungssystem wurde in insgesamt 15 europäischen Ländern eingeführt, um die Herkunft von Strom zu klassifizieren.

Wenn ein Unternehmen in Finnland also beispielsweise Ökostrom produziert, wird es mit dem RECS-Zertifikat ausgezeichnet, kann diese Siegel jedoch an andere Marktteilnehmer verkaufen. Die „Umettiketierung“ funktioniert so: Ein Unternehmen, dass konventionellen Strom – beispielsweise durch Kohle – herstellt, kann also Zertifikate eines norwegischen Wasserkraftwerks erwerben und so Ökostrom vertreiben. Das Wasserkarftwerk hingegen muss seinen mit erneuerbaren Energien produzierten Strom im Gegenzug als konventionellen deklarieren.

Grüne Gütesiegel

Um gegen diese Undurchsichtigkeit und Produktverschleierung vorzugehen, zeichnen Gütesiegel wie das Grüner Strom Label nur den Strom aus, der zu 100% aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.

Bei dem ok-power Label dürfen die Stromanlagen nicht älter als sechs Jahre sein, um den steten Ausbau von erneuerbaren Energien zu fördern. Bei diesen Kennzeichnungen ist zu beachten, dass stets nur der einzelne Stromtarif und nicht der komplette Anbieter ausgezeichnet wird. Trotzdem sind sie ein guter Indikator, um sich im Urwald der Gütesiegel und der oftmals fälschlich gekennzeichneten Ökostrom-Tarife zurechtzufinden.

Vor Abschluss eines Stromtarifes sollte man also vornehmlich darauf achten, dass der Anbieter grundsätzlich auf den Vertrieb von Energie aus Atomkraft oder Braunkohle verzichtet und sich dem Ausbau von Anlagen zur Förderung von erneuerbaren Energien verpflichtet. So trägt man einen großen zu einem grüneren Stromnetz bei.