Einen Skandal zum Trend gemacht

Wie die Industrie billigen Analogkäse für Veganer teuer vermarktet

10. Mai 2016 von

Des einen Leid ist des anderen Freud. So ähnlich könnte man die wundersame Entwicklung des sogenannten „Analogkäse“ beschreiben – der heute als veganes Trendprodukt über die Ladentheke wandert.

2009 war das Käseimitat Skandal-Thema in den Medien, nachdem öffentlich wurde, dass viele Hersteller von Fertigprodukten, Billig-Restaurants und Back-Shops keinen echten Käse benutzen, sondern ein Imitat: beispielsweise eine Mischung aus Wasser, Pflanzenfett, pflanzlichem Eiweiß, Stärke und vielen Aromastoffen. Doch heute wird mehr denn je von diesem Käseersatz produziert, denn es gibt eine neue, dankbare Zielgruppe: die Veganer.

Betrug oder geschickte Trickserei?

Vorallem in geriebener Form sieht die Masse tatsächlich aus wie Käse, und auch geschmacklich wird der Verbraucher den Unterschied auf einer Tiefkühlpizza nicht merken. Als der Analogkäse seinen medialen Höhepunkt hatte, war von „Betrug“ die Rede, doch das ist eine Frage der Definition. Denn wer die Zutatenliste seiner Fertig-Lasagne aufmerksam liest, dem könnte auffallen, dass gar kein Käse darin vorkommt. Doch, wer macht das schon?

Dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter ist das Thema besonders sauer aufgestoßen, 2009 forderte man in einer Mitteilung eine umfassende Änderung des Kennzeichnungsrechts: „Es kann nicht sein, dass sich der Verbraucher über eine allgemeine Zutatenliste zusammenreimen muss, ob er echten Käse isst oder Analog-Käse, der möglicherweise einen minimalen Käseanteil hat.“

Eine Kennzeichnungspflicht für Käse-Imitat gibt es zwar bis heute nicht, allerdings darf der Ersatz auch nicht als Käse bezeichnet werden. Die ZDF-Sendung „Frontal21“ hatte damals einige Produkte recherchiert, die als „Käse-Stange“ oder „Käse-Spätzle“ bezeichnet wurden, ohne auch nur ein Gramm echten Käse zu enthalten. Das ist heute nicht mehr erlaubt.

Mogelpackungen

Trotzdem ist die Täuschung der Verbraucher auch heute nicht ausgeschlossen, denn viele Hersteller mischen ihren Produkten echten Käse bei, um sich an den Regeln der Kennzeichnung vorbeizumogeln. Durch die Verwendung von nur 2% echtem Käse kann das Produkt dann weiterhin versprechen, was eigentlich kaum drin ist. Verbraucherschützer fordern weiterhin strengere Richtlinien, bisher jedoch ohne durchschlagenden Erfolg.

Imagewechsel: Den Veganer freut’s

Wer aufmerksam die Käsetheken gut sortierter Supermärkte studiert, dem dürfte aufgefallen sein, dass sich die Auswahl an veganen Käsesorten stetig mehrt. Na gut, „Käse“ darf eben nicht draufstehen, aber „Vegane Sandwichscheiben“, „Pizzaschmelz“ oder auch „Cheeze Mozza Style“ lassen den Verbraucher wissen, wozu das Produkt gut ist.

Die allermeisten Veganer sind sicher dankbar für diesen Ersatz. Und damit sie die Abwechslung auf dem Butterbrot, den geschmolzenen „Belag“ auf der Lasagne und den „Mozza“ im Salat nicht missen müssen, wird sich die Industrie auch weiterhin alle Mühe geben, diesen Bedarf zu decken. Nicht ganz verständlich ist jedoch die Preisentwicklung. Der untergeschummelte „Analogkäse“ war – beziehungsweise ist - bei den Verwendern vorallem beliebt, weil er so viel einfacher und kostengünstiger herzustellen ist als echter Käse.

Deshalb fragt man sich nun zurecht, warum das gleiche Produkt mit Namen „veganer Käseersatz“ heute so viel teurer ist, als echter Käse. Die Hersteller lassen sich den Wechsel zum neuen, gesünderen Image offensichtlich gut bezahlen!