Früher Gülle, heute Haute Couture

Neue Technologie: Aus Kuhmist wird nachhaltige Mode

28. Sept. 2016 von

Na klar, nachhaltige Mode ist Trend. Doch wie kommt man auf die Idee, Kuhmist zu ausgefallenen Kreationen zu verarbeiten? So wie die niederländische Künstlerin und Designerin Jalila Essaidi. Das Ergebnis ihrer neuen Technologie ist bemerkenswert und revolutioniert eventuell sogar die derzeitige Produktion von Plastik.

Das Interesse an Informationen über die Herkunft und Herstellung von Kleidung wächst, denn Bio-Baumwolle und Fair Trade haben schon lange nichts mehr mit eintöniger, unvorteilhafter Ökomode zu tun. Auch Modeketten wie H&M oder Zara bieten seit einigen Jahren eigene Bio-Kollektionen in ihrem Sortiment an – hier bleibt allerdings die Frage nach den Produktionsbedingungen.

Eine Idee der besonderen, nachhaltigen Art hatte die niederländische Künstlerin Jalila Essaidi. Sie entwickelte eine Technologie, die aus Kuhmist Bioplastik und -textilien entstehen lässt. So landet die übelriechende Masse nicht mehr nur auf den Feldern, sondern in Form von einzigartigen Kleidungsstücken auf dem Körper.

Der Ursprung der Idee von Jalila Essaidi liegt im Gülle-Problem ihrer Heimat, den Niederlanden, und den damit verbundenen zu hohen Phosphat- und Stickstoffwerten in Boden und Grundwassser. Essaidi erfand den Stoff ‘Mestic‘, im Niederländischen eine Kombination aus Dung und Plastik. Auf ihrer Haute-Couture-Show im Juni stellte ihn die Designerin dann vor und stieß auf große Begeisterung, nicht nur im Publikum.

„Bei Mestic geht es darum, Rohmaterialien in Zukunftschancen zu verwandeln”, so Jalila Essaidi. In den nächsten Jahren soll in die Entwicklung des Prototyps einer Produktanlage investiert werden, um so das Angebot ausweiten zu können – am besten weltweit.

Überzeugen kann Mestic auch, was seine Produktionskosten betrifft. Laut Designerin bekommt man in den Niederlanden, den Rohstoff quasi umsonst: „Der Rohstoff ähnlicher Fasern macht einen großen Prozentsatz des Preises des Endprodukts aus. In den Niederlanden zahlen Landwirte bis jetzt 18 Euro pro Quadratmeter Dung. Diese Gebühr deckt die Herstellungskosten.“ Gerade für Länder wie Indien, die zu großen Teilen von der Textilproduktion leben und viel Kuhmist produzieren, würde dieses Verfahren zu einer echten Win-Win-Situation führen.

Mestic: Das neue Plastik?

Doch wie stellt man aus einer stinkenden Masse Dung eigentlich Materialien für Kleidung her? Nachdem der Kuhmist eingesammelt wurde, werden die trockenen Bestandteile, meist Gras, von den flüssigen getrennt. Für die Herstellung von Fasern werden im Anschluss nur die flüssigen weiterverwendet, da sie Chemikalien enthalten, die Zellulose in Fasern aufspalten. Über die weiteren Schritte hält sich die Designerin bedeckt.

Eine weitere innovative Verwendungsmöglichkeit von Kuhmist ist die Herstellung von Bioplastik. Durch Zugabe weiterer Chemikalien entsteht flüssiges Plastik, welches künftig als Ersatz für herkömmliches Plastik dienen könnte.

So gut und nachhaltig sich diese Innovation anhört, bleibt dennoch die Frage, ob die Produktion wirklich umweltfreundlich ist. Zudem sind die Bezugsquellen nicht bekannt, wodurch Mist aus Massentierhaltung derzeit nicht ausgeschlossen werden kann.