Cremes im Ökotest

Jede vierte Nachtcreme fällt durch

05. Nov. 2020 von

Eine gute Creme für die Nacht ist sanft zur Haut und belastet sie keinesfalls mit Problemstoffen. Das schaffen 19 der 50 Nachtcremes im Test. Es gibt aber auch einige Nachtcremes, die durchfallen. Die Mängel: kritische Konservierungsstoffe, bedenkliche Duftstoffe und fehlende Belege zur Wirksamkeit von Anti-Aging-Versprechen.

  • Wer eine Nachtcreme ohne bedenkliche Stoffe sucht, geht mit Naturkosmetik auf Nummer sicher.
  • Zwölf Nachtcremes im Test fallen durch. Probleme gibt es vor allem mit kritischen Konservierungsstoffen und bedenklichen Duftstoffen.
  • Nachtcremes sind im Vergleich zu Tagescremes reichhaltiger. Es werden mehr Wachse, Öle und andere Fette eingesetzt – auch solche, die in einer Tagescreme stören würden, weil sie langsamer einziehen oder sich nicht mit einem anschließenden Make-up vertragen.

Eine Creme für den Tag. Und eine für die Nacht. Sieht so eine richtige Hautpflege aus? Was unterscheidet eine Nachtcreme von einer Tagescreme? In der Regel enthält eine Nachtcreme mehr Fette und Öle als eine Tagespflege. Klar ist auch: In der Nacht braucht die Haut keinen UV-Schutz, also dürften in den Cremes keine UV-Filter stecken.

Heißt: Wer nachts eine reichhaltige Pflege mag, ist mit Nachtcremes gut bedient. Ob die Haut einen Vorteil davon hat, ist umstritten. Ökotest hat insgesamt 50 Cremes für die Nacht unter die Lupe genommen. Darunter auch jede Menge Produkte, die eine Anti-Falten- oder Anti-Aging-Wirkung versprechen.

Nachtcreme-Test: Neun erhalten Bestnote

Das Ergebnis: Neun Nachtcremes im Test bewerten sie mit Bestnote, zehn weitere sind immerhin "gut". Gleichzeitig summieren sich bei zwölf Produkten so viele problematische Substanzen, dass sie mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durchfallen. Der Rest ist mittelmäßig.

Auffällig: Das Testergebnis wäre besser ausgefallen, hätten die Hersteller auf den Verpackungen nicht mit Wirkungen geworben, die sie aus unserer Sicht nicht ausreichend belegen. Keine Creme, die mit einer Anti- Aging- oder Anti-Falten-Wirkung wirbt, schneidet "sehr gut" ab.

Diese Cremes erhielten von Ökotest die Note „ungenügend“

Überblick: Die Testsieger des Nachtcreme-Tests

Die folgenden Nachtcremes schneiden mit "sehr gut" ab:

  • #b.e. Routine Nachtcreme von CC Care and Consulting
  • Alterra Sleeping Cream von Rossmann
  • Alverde Nachtcreme Bio-Wildrose von Dm
  • Annemarie Börlind Energynature Regenerierende Nachtcreme von Börlind
  • Cattier Regenerierende Nachtcreme von Cattier
  • Kneipp Nachtcreme Mandelblüten Hautzart von Kneipp
  • Lavera Basis Sensitiv Regenerierende Nachtcreme von Laverana
  • N.A.E. Energia Nährende Nachtcreme von N.A.E.
  • Speick Thermal Sensitiv Regulierende Nachtcreme von Speick

Kritische Konservierungsstoffe in Nachtcremes

Ein Problem der Cremes, die im Test durchfallen, sind die Konservierungsstoffe. Nachtcremes enthalten viel Wasser und sind somit anfällig für Verkeimung. Das gilt erst recht, weil die allermeisten von Ökotest getesteten Produkte im Tiegel abgefüllt sind: Hier taucht die Nutzerin oder der Nutzer Finger in die Creme. So können eher Keime ins Produkt gelangen als in vergleichbaren Cremes in Tuben.

Deshalb ist es nicht überraschend, dass die Hersteller ihren Produkten Konservierungsmittel beimischen. Doch einige dieser Stoffe bergen Risiken. In zwei Nachtcremes steckt Propylparaben – ein Konservierungsstoff, der im Verdacht steht, wie ein Hormon zu wirken und in der EU in zwischen für Kosmetika streng reglementiert ist. Das betrifft die Nachtcremes der Marken Bebe und Böttger.

Halogenorganische Verbindungen hat das beauftragte Labor in der L’Oréal Hydra Active 3 Feuchtigkeitspflege Nacht nachgewiesen. Das passt zur Deklaration auf der Verpackung, die den halogenorganischen Stoff Chlorhexidindigluconat aufführt. Chlorhexidinverbindungen sind zwar als Antiseptika verbreitet, können aber Allergien auslösen.

Diese Cremes erhielten von Ökotest die Note „sehr gut“

Nachtcremes mit bedenklichen Duftstoffen

Auch Duftstoffe in Nachtcremes können problematisch sein. Denn einige der Duftstoffe, die die Hersteller in ihre Nachtcremes mischen, haben auch unangenehme Eigenschaften. Etwa der künstliche Moschusduft Galaxolid, der sich im Fettgewebe von Tier und Mensch anreichert. Ihn hat das beauftrage Labor in der Judith Williams Anti-Aging Hyaluron Aktiv Nachtcreme nachgewiesen.

Der stark allergen wirkende Duftstoff Cinnamal steckt in der Creme Spilanthox Therapy Extreme Night Repair. Sechs weitere Nachtcremes sind mit Lilial parfümiert, das im Tierversuch fortpflanzungsschädigend wirkte. Es steckt in den Produkten der Marken Eucerin, Böttger, Hormocenta, Florena, Nivea und Hildegard Braukmann.

Hersteller Beiersdorf hat Ökotest mitgeteilt, dass seine Eucerin-, Florena- und Nivea-Nachtcremes künftig ohne Lilial hergestellt werden sollen.

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Was ist ansonsten im Nachtcreme-Test aufgefallen?

Das sind weitere Problemstoffe, die in Nachtcremes im Test gefunden wurden:

  • In acht getesteten Nachtcremes stecken PEG-Verbindungen, die die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können.
  • Paraffine und/oder Silikone sind in insgesamt sieben Nachtcremes im Test enthalten. Diese künstlichen Stoffe sind meist aus Erdöl hergestellt und integrieren sich nicht so mühelos ins Gleichgewicht der Haut, wie die Bestandteile natürlicher Öle, die beispielsweise in Naturkosmetikprodukten stecken.
  • Paraffinhaltige Kosmetika können mit aromatischen Kohlenwasserstoffen (MOAH) verunreinigt sein. Im Test hat das Labor MOAH nur in einem Produkt nachgewiesen – und zwar in der Böttcher Nachtcreme. Das Problem: Einige MOAH stehen in Verdacht, Krebs zu erregen.

Kritik an Anti-Aging-Versprechen der Nachtcremes

Nun zu den 30 Nachtcremes im Test, die mit einem Anti-Aging-Versprechen ausgelobt sind. Diese zeigen, dass sich mit dem Traum vom Falten-Wunder gutes Geld verdienen lässt. Sicher: Mit einer guten Pflegecreme lässt sich die obere Hautschicht über Nacht etwas aufpolstern. Das funktioniert aber auch mit einer normalen Creme. Ökotest hat deshalb von all jenen Anbietern, die mehr als nur eine Glättung versprechen, Studien zur Wirkung angefordert.

Die Hälfte der Unternehmen hat vollständige und teilweise umfangreiche Studien vorgelegt. Nur: Keine Studie konnte Ökotest überzeugen, dass die untersuchte Nachtcreme mehr kann als eine gewöhnliche Pflegecreme. Teils vergleichen die Studien das behandelte Areal mit nicht gecremter Haut, teils werden die minimalen Veränderungen zum Ausgangszustand gemessen. Dass über Nacht die Falten verschwinden, bleibt also ein Traum.

Wann ist eine Nachtcreme sinnvoll?

"Eine gesunde, normale Haut braucht eigentlich keine Nachtcreme", sagt Julia Welzel, Chef-Dermatologin der Uniklinik Augsburg. Denn sie produziert eigentlich selbst Lipide, die sich dann in der Oberhaut mit Feuchtigkeit verbinden und zum sogenannten Hydrolipidfilm werden – einer Art hauteigener Feuchtigkeitscreme. Allerdings würden die Bedingungen im modernen Alltag eine Nachtcreme doch manchmal nötig machen, so Welzel.

Wenn tagsüber ein Make-up, womöglich eine Sonnencreme und außerdem noch Verschmutzungen aus der Luft auf der Haut landen, braucht sie abends eine fettlösende Reinigung mit Wasser, Waschgel oder Seife. "Waschsubstanzen entfernen dann auch einen Teil der hauteigenen Lipide. Danach macht es schon Sinn, das mit einer Nachtcreme auszugleichen", sagt die Hautärztin.

Im Winter, wenn die Haut von Natur aus trockener ist und Wind oder Kälte ihr zusetzen, kann ebenfalls eine etwas reichhaltigere Pflege über Nacht hilfreich sein. Und natürlich mit zunehmendem Alter – denn ab 50 vermag die Haut sich deutlich schlechter selbst zu versorgen.

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