Umstrittener Nutzen

Im Öko-Test: Faszienrollen

07. Jan. 2016 von

Wirksame Therapie oder Humbug? Öko-Test hat 16 Faszienrollen getestet und ist gleichzeitig der Frage nachgegangen, ob diese überhaupt wirksam sind. Die Ergebnisse sind nicht gerade berauschend.

Faszien – eine Definitionsfrage?

Die klassische Anatomie versteht unter Faszien lediglich flächiges, derbes Fasergewebe, das einzelne Muskeln und Muskelgruppen netzartig umhüllt. Nicht so Dr. Robert Schleip, Direktor der bundesweit einzigen Faszienforschungsgruppe an der Universität Ulm und Begründer des Faszienhypes: Laut ihm sind Faszien „ein Netzwerk, das den Körper zusammenhält und strukturiert“.

Schleip hat im Jahr 2007 mit Kollegen den ersten Faszienforschungskongress an der Harvard Medical School in Boston veranstaltet, wie Öko-Test berichtet. Dort zeigten Wissenschaftler erstmals Bindegewebsveränderungen mit Hilfe von hochauflösenden Ultraschallbildern. Die Theorie: Mit einer gezielten Massage können Verhärtungen, Versteifungen und Verspannungen gelöst werden.

Wirksamkeit nicht bewiesen

Die Recherchen und Gespräche mit Experten von Öko-Test ergaben aber, dass bisher keine aussagekräftige Studien zur Wirksamkeit von Faszienrollen vorliegen. Zwar zeigen individuelle Berichte eine positive Auswirkung, diese könnte aber genauso davon kommen, dass Muskeln und Gewebe mit den Rollen generell massiert werden. Auch eine reine Placebo-Wirkung wird nicht ausgeschlossen. Und: Physiotherapeuten arbeiten schon lange mit gezielten (klassischen) Massagen von Fasziengewebe. Neu ist der Effekt also nicht.

Jonas Wohlfarth-Bottermann, Basketballspieler beim Bundesligisten Alba Berlin, bringt es im Interview von Öko-Test auf den Punkt, wenn er sagt: „Das hilft beim Runterkommen. Es entspannt die Muskeln.“ Und weiter: „Die Rollen sind kein Wundermittel. Ich verwende sie als einen ergänzenden Bestandteil meines Stretchings, um beweglich zu bleiben. … bei wirklichen Muskelproblemen hilft nur Physiotherapie.“

Ernüchternde Test-Ergebnisse

Öko-Test wollte vor allem wissen, ob das Kneten des Fasziengewebes überhaupt etwas bewirkt oder ob moderate Sport- und Dehnungsübungen und klassische Massagen nicht vergleichbare Effekte erzielen. Da es bisher keine aussagekräftigen Studien dazu gibt, die die Wirksamkeit bestätigen, fielen die Rollen insgesamt durch.

Zu allem Übel wurden aber in allen 16 getesteten Rollen polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gefunden. Einige dieser Stoffe sind krebserzeugend oder stehen im Verdacht es zu sein, und viele haben erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften. Alle gelangen sie über die Haut in den menschlichen Körper. Und in einer Rolle wurden sogar erhöhte Mengen Quecksilber nachgewiesen.

Fazit

Der Gebrauch von Faszienrollen schadet vermutlich nicht, sofern sie in Massen genutzt werden. Ob es aber wirklich hilft und die versprochenen Effekte auch langfristig anhalten, ist nicht erwiesen. Moderate Sport- und Dehnungsübungen hingegen sind erwiesenermaßen gesund und dürften auf lange Sicht wahrscheinlich nützlicher sein.