Gesundheit

Gibt es eine Kälteallergie?

31. Jan. 2016 von

Die einen lieben Winter und Kälte, die anderen sind froh, wenn’s wieder Frühling wird. Aber für einige Menschen bedeutet zu große Kälte Gefahr – sie leiden unter der sogenannten Kälteurtikaria.

Allergie oder doch nicht?

Kälte löst bei den Betroffenen die Freisetzung von Histamin durch Mastzellen aus, so wie das auch bei einer Allergie der Fall ist. Allerdings ist der umgangssprachliche Ausdruck „Kälteallergie“ falsch, wie Allergologe Professor Ulf Darsow von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum rechts der Isar in München. Vielmehr handle es sich dabei um eine physikalische Form der Nesselsucht, die sogenannte Kälteurtikaria, sagt er in der Apotheken-Umschau. Die Bezeichnung Kälteallergie sei irreführend, erklärt er weiter, denn „zwar wird wie bei einer Allergie Histamin ausgeschüttet, es werden aber keine Antikörper gegen Allergene gebildet“.

Ein typischer Fall

Die Apotheken-Umschau schildert denn auch gleich einen typischen Fall: Ein Besuch im Wildpark Poing endete für eine neu Betroffene mit extrem juckenden Quaddeln, vor allem an den stark geröteten Oberschenkeln, und mit einer dick geschwollenen Oberlippe. Die dicke Oberlippe trat nur einmal auf, die juckenden Quaddeln aber seither immer wieder.

Das ist ganz typisch: Die Kälteallergie kommt unerwartet und verschwindet oft nach durchschnittlich fünf bis sieben Jahren genauso plötzlich wieder. In Deutschland leiden geschätzte 50‘000 bis 75‘000 Menschen an Kälteurtikaria. Frauen sind doppelt so oft betroffen wie Männer, einige sind sehr stark betroffen, andere nur schwach, die sogenannte Schwellen-Hauttemperatur ist sehr unterschiedlich und individuell.

Ständige Angst vor einer Schockreaktion

Das größte Problem der Betroffenen ist, dass sich die Kälteurtikaria nicht nur auf die Lufttemperatur beschränkt. Denn sie reagieren ganzjährig auf den physikalischen Reiz Kälte. Ein normales Leben sei damit nicht mehr möglich, erklärt Professor Marcus Maurer, Forschungsdirektor an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité Berlin der Apotheken-Umschau. Denn die Betroffenen leben in ständiger Angst vor einer Schockreaktion, einem sogenannten anaphylaktischen Schock. Der Sprung ins kühle Nass des Schwimmbads im Sommer, Salat waschen, ein Joghurt essen, ein kaltes Getränk. Sogar Toilettengänge können laut Maurer eine Reaktion hervorrufen.

Ursachen und Therapie

Über die Ursachen wird viel spekuliert, im Moment haben Ärzte und Forscher aber keine Ahnung, was eine Kälteurtikaria auslösen könnte. An der Charité laufen deshalb Studien. Maurer hofft, dass man in ein paar Jahren mehr weiß.

Und welche Therapieformen gibt es, außer der Vermeidung von Kälte? Eine Therapie mit (hochdosierten) Antihistaminika hilft 50% der Patienten. „Weiteren 25 Prozent kann eine Therapie mit dem monoklonalen, also zielgerichtet wirksamen, Antikörper Omalizumab gut helfen. Sie werden symptomfrei“, sagt Maurer. Bei den restlichen 25% sinkt dank der Therapie immerhin die individuelle Schwellen-Hauttemperatur etwas, was für Betroffene die Lebensqualität deutlich erhöht.

Eine weitere Möglichkeit bietet die sogenannte Hardening-Therapie. Das sei „eine stationär erfolgende Kälte-Gewöhnungstherapie, ähnlich der Desensibilisierung bei Allergien“, erklärt Maurer. Der Schutzeffekt bleibt aber nur bestehen, wenn die Patienten zu Hause jeden Tag kalt duschen.

So oder so: Um sich gegen einen anaphylaktischen Schock zu schützen brauchen alle Betroffenen ein Notfallset, bestehend aus Kortison und einem Adrenalin-Pen.