Gewusst? Die Antibabypille schadet auch der Umwelt

Die Pille gehört zu den beliebtesten Verhütungsmitteln. Doch die Hormone wirken nicht nur auf den weiblichen Körper, sondern haben auch weitreichende Folgen fürs Ökosystem.
Hormone gelangen ins Wasser
Nach der Einnahme der Antibabypille werden Rückstände der enthaltenen Stoffe über den Urin wieder ausgeschieden. Dies ist übrigens bei allen Medikamenten der Fall.
Kläranlagen können solche Verunreinigungen nur unzureichend aus dem Abwasser herausfiltern. Deshalb landet der Chemikaliencocktail schließlich in Flüssen, Seen und Meeren und gelangt über diese auch ins Grundwasser.
Gefährliches Östrogen EE2
Besonders problematisch an der Verhütungspille ist der Wirkstoff 17α-Ethinylestradiol (EE2). Bei diesem handelt es sich um ein synthetisches Östrogen, das in der Umwelt natürlicherweise nicht vor kommt. Da sehr viele Frauen die Pille täglich einnehmen, werden große Mengen des Östrogens in die Gewässer geschwemmt — mit gravierenden Folgen.
Amphibien und Fische leiden als erste an dem steigenden Hormoncocktail. Wie extrem die Auswirkungen sind, haben Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin gemeinsam mit Forschern der Universität Wroclaw herausgefunden. Sie testeten die Wirkungen von EE2 an drei verschiedenen Amphibienarten.
Geschlechtsumwandlung bei Amphibien
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass bei allen drei Amphibienarten, die mit EE2 in Kontakt kamen, eine Geschlechtsumkehr von genetisch männlichen zu weiblichen Tieren stattfindet. Bei jeder Art waren zwischen 15 bis zu 100 Prozent der Tiere von der Verweiblichung betroffen.
Neben anderen schädigenden Hormonwirkungen könne die Verweiblichung von Populationen zum Aussterben von Amphibienarten beitragen, warnt Studienleiter Matthias Stöck vom IGB. Auch Missbildungen an Fortpflanzungsorganen von Wasserlebewesen, die zu sinkender Fruchtbarkeit führen, wurden mehrfach beobachtet.
Doch nicht nur Amphibien und Fische sind durch Hormone im Wasser gefährdet. Co-Autor und Ökotoxikologe Professor Werner Kloas mahnt: „EE2 ist auch in unserem Wasserkreislauf enthalten und stellt zusammen mit anderen östrogenartig wirkenden Stoffen nicht nur für Amphibien, sondern auch für uns Menschen eine ernst zu nehmende Beeinträchtigung dar.“
Östrogene werden in der Natur nicht abgebaut
Dass die Verwendung von Hormonen in der Verhütungspille und in der Tierhaltung weitreichendere Folgen hat als angenommen, zeigen auch Untersuchungen der Ruhr Universität Bochum (RUB).
Dr. Britta Stumpe vom Geographischen Institut der RUB hat den Abbau und Transport von Hormonen im Boden untersucht und festgestellt: Besonders Östrogene sind hartnäckig und werden nicht abgebaut.
„Es hat sich gezeigt, dass das männliche Sexualhormon Testosteron im Boden schnell Abbauprozessen unterliegt, während die Östrogene als weibliche Sexualhormone stabile Verbindungen im Boden darstellen“, fasst die Geographin ihre Ergebnisse zusammen.
Vor allem das synthetische Östrogen Ethinylöstradiol, der Hauptbestandteil der Antibabypille, hat sich als sehr abbauresistent erwiesen. Zudem dringen besonders die Östrogene in die Tiefe des Bodens ein. „Dadurch sind sie eine Gefahre für Grund- und Oberflächengewässer und sollten in ökologischen Risikoanalysen Beachtung finden“, fordert Dr. Stumpe.