Ernährung

Gegen das Kükenschreddern: Diese Alternativen gibt es

25. Juli 2017 von

Pro Jahr werden rund 45 Millionen männliche Küken getötet. Um das Töten zu beenden, sind mehrere – vom „Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft“ (BMEL) geförderte Initiativen aktiv – denn es braucht Alternativen.

Da die heutigen Hochleistungs-Hühnerrassen entweder speziell zum Eierlegen oder zur Mast gezüchtet werden, sind die „Brüder“ der Legehennen nutzlos, da männliche Küken keine Eier legen, aber auch nicht schnell genug Fett für die Mast ansetzen. Die Folge: Tod durch Schreddern oder Vergasen.

Was sagt das Tierschutzgesetz?

Die umstrittene Praxis, männliche Küken nach dem Schlüpfen zu töten, verstößt derzeit nicht gegen das Tierschutzgesetz. Die jüngste Entscheidung hierzu wurde 2016 durch das Oberverwaltungsgericht Münster gefällt: Laut Senat dürfen die Tiere getöten werden, solange ein vernünftiger Grund vorliege, wovon vor allem mangels wirtschaftlich umsetzbarer Alternativen Gebrauch gemacht wird. In der Urteilsbegründung heißt es, die Aufzucht der ausgebrüteten männlichen Küken der Legehuhn-Rassen sei mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand verbunden.

In einzelnen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und Hessen wurde die Kükentötung bereits unterbunden. Ein bundesweites Verbot ist allerdings nicht in Sicht, was Agrarminister Christian Schmidt (CSU) mit der Befürchtung begründet, dass ansonsten die Betriebe ihre Arbeit ins Ausland verlagern.

Was passiert derzeit in den Brütereien?

Erst nach dem Schlüpfen kann mittels „Hühnersexern“ das Geschlecht der Tiere per Hand mit geübtem Blick erkannt werden. Männliche Küken werden dann noch im Verlauf des Schlüpftages getötet, größtenteils durch Gas. Achtung: Auch für Eier mit Bio-Zertifizierung werden zum Teil Küken getötet.

An diesen drei Alternativen wird derzeit konkret gearbeitet, um das Töten der männlichen Küken zu verhindern:

1. In Ovo-Geschlechtsbestimmung

„Mein Ziel ist, dass das Kükenschreddern 2017 aufhört“, so Agrarminister Christian Schmidt.

Um dieses Ziel zu erreichen, wird für die großindustrielle Landwirtschaft durch das BMEL eine Maßnahme entwickelt, bei dem ein Gerät mit Lasertechnologie ein kleines Loch in die Eierschale schneidet. Mittels Nah-Infrarot-Raman-Spektroskopie kann dann das Geschlecht des Embryos bereits drei Tage nach der Befruchtung bestimmt werden.

Entsteht eine Henne im Ei, wird die Eierschale wieder verschlossen und das Küken ausgebrütet. Entsteht im Ei ein Hahn, wird das Ei aussortiert, sodass das männliche Küken gar nicht erst ausgebrütet wird. In diesem frühen Entwicklungsstadium sei bei den heranwachsenden Tieren im Ei noch kein Schmerzempfinden ausgeprägt.

2. Aufzucht männlicher Küken

Verschiedene Pionierprojekte schenken männlichen Küken, die sonst als „Eintages-Küken“ am Tag der Geburt getötet werden, ein artgerechtes Leben – meist nach EU-Bio-Richtlinien. Um die Kosten für die Aufzucht der männlichen Küken zu decken, wird bei diesen Initiativen ein erhöhter Eierpreis erhoben.

Die Aufzucht der männlichen Küken der Legehühner kostet Geld, da sie viel Futter für den langen Zeitraum bis zur Schlachtung benötigen – und Fleisch setzen sie nur wenig an.

3. Zweinutzungshühner

Ein längerfristig gedachter Lösungsansatz, der von Tierschützern unterstützt wird, ist es, Hühnerrassen einzusetzen, die sowohl Eier legen als auch Fleisch ansetzen können. Das Ziel besteht darin, abzukommen von der einseitigen Zucht von Hochleistungshennen und –mastgeflügel.

Zweinutzungshühner sind solche Tiere, die sowohl genügend Eier legen als auch bei der Mast ordentlich Fleisch ansetzen. Solche Tiere bilden heutzutage die Ausnahme, weil Geflügel auf Hochleistungs-Performance hin gezüchtet wird und entweder aufs Eierlegen oder auf Mast spezialisiert ist.

Der Trend geht deshalb wieder hin zu den alten Rassen, die sowohl zur Eier- als auch zur Fleischproduktion eingesetzt werden können. Hier haben die Landwirte sowohl von männlichen als auch weiblichen Tieren einen Nutzen und die Kükentötung würde überflüssig.

Die Wirtschaftlichkeit einer solchen Zweinutzungsrasse wird derzeit beispielsweise in einem Versuchsprojekt auf einem Gut in Niedersachsen getestet, gefördert vom BMEL. Die Zweinutzungshühner sind allerdings nicht mit den modernen Hochleistungsrassen vergleichbar. Das heißt, die Hennen legen weniger und kleinere Eier legen; die Hähne werden schonend und über einen längeren Zeitraum hinweg gemästet. Herauskommen soll bei dem Projekt eine Rasse, deren Hennen 260 Eier im Jahr legen und deren männliche Seite auf rund drei Kilogramm Mastgewicht in rund vier Monaten kommt.

Ziel des Projekts ist es daher, die Haltung des Zweinutzungshuhns mit beiden Geschlechtern nicht nur aus der Sicht des Tier-, Verbraucher- und Umweltschutzes, sondern auch der Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Ob eine generelle Hinwendung zum Einsatz von Zweinutzungshühnern realistisch ist, bleibt fraglich, da es in der Geflügelindustrie auf jeden Cent ankommt.

Was können wir als Verbraucher tun?

Zunächst einmal ist es ein guter Schritt, sich mit der Materie überhaupt einmal zu befassen und sich bewusst zu machen, was der Kauf von konventionellen Eiern bedeutet.

Wenn wir zum Frühstück Eier essen möchten, für die keine männlichen Küken getötet wurden, sollten wir schon jetzt beim Kauf auf Eier achten, die entsprechend gekennzeichnet sind.

Für den Verbraucher bedeutet der Kauf von Eiern mit Aufzucht der „Bruderküken“, dass für ein Ei etwa 60 Cent und für ein Kilogramm Hähnchen etwa 20 Euro investiert werden muss.

„Sicher sind sie teurer, aber das sind sie wert. Schließlich ist ein Ei ein wunderbares Lebensmittel, eine Konzentration vieler wichtiger Nährstoffe. Das sollte man mit einem Dank an das Huhn verzehren“, so Ursula Hudson, die Vorsitzende von „Slowfood Deutschland“.

Kennst Du schon die „Bruderhahn“-Initiative?