"Geld regiert die Welt" war gestern

„Fair Trade-“Studie zeigt: Essen ist Macht

26. Mai 2015 von

Im Vorfeld des G7-Gipfels wurde eine Fair Trade-Studie durchgeführt. Diese zeigt, weshalb fairer Handel so wichtig ist. Lies hier über die Enthüllungen und Forderungen der Studie.

Anfang Juni findet der G7-Gipfel (Gruppe der sieben bedeutendsten Industrienationen) statt. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen werden neben Außen-, Sicherheits-, und Entwicklungspolitischen Themen auch die Standards von Handels- und Lieferketten besprochen. Die deutsche Fassung der Studie wurde vom Forum Fairer Handel veröffentlicht.

Fair Trade – Geschichte, Definition und Wichtigkeit

Fair Trade bedeutet in erster Linie faire soziale Mindeststandards in globalen Lieferketten. Denn egal auf welchem Kontinent oder in welchem Land: Menschen wollen ihre Arbeitskraft gegen mindestens so viel Geld austauschen, dass sie gut davon leben können. Leider ist das nicht immer der Fall – Wenn ein hart arbeitender Bauer seine Familie nicht ernähren kann, liegt das auch an ungerechten Welthandelsstrukturen.

Fair Trade ist anders: Die Produkte werden zu fairen Bedingungen hergestellt und export- resp. von uns importiert. Dabei stehen die ProduzentInnen im Mittelpunkt, nicht der Preis: Für ein Produkt wird ein Fairtrade-Mindestpreis garantiert, der immer gezahlt werden muss, egal um wie viel niedriger der Weltmarktpreis liegt. Fair Trade hat deshalb auch viel mit Würde zu tun. Es geht nicht darum, „Mitleid“ mit den betroffenen Produzenten zu haben, sondern um faire und würdige Arbeitsbedingungen.

Des Weiteren hat fairer Handel Auswirkungen auf politischer Ebene: Menschen auf der ganzen Welt treten für mehr Gerechtigkeit im Handelt ein. Deshalb hat „Fair Trade“ in vielen Bereichen Pionierarbeit geleistet: In unseren westeuropäischen Köpfen schärft er das Bewusstsein für kritischen Konsum, während er in ärmeren Ländern bessere Bedingungen und höhere Sozialstandards schafft.

Machtkonzentration und unwürdige Handelsbedingungen

Dieser Artikel befasst sich mit der Studie mit dem Titel „Wer hat die Macht? Machtkonzentration und unlautere Handelspraktiken in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten.“ Die Studie legt offen, wie unfair die Machtkonzentration entlang von Wertschöpfungsketten tatsächlich ist: Zehn Handels-Riesen und ihre Untermarken kontrollieren die weltweite Produktion und Vermarktung von Lebensmitteln. Darunter befinden sich Nestlé, Unilever Danone und Coca Cola. Keineswegs überraschend: Alle stammen aus den G7-Ländern oder der Schweiz.

Folgen vom Missbrauch der Nachfragemacht

Marktmacht führt zu Verarmung der Kleinbauern. Großabnehmer bestimmen durch die hohe Machtkonzentration die Handelsbedingungen. Da die Stärkung der eigenen Marktposition oftmals ein wichtiges Ziel der Großabnehmer ist, wird der Preis- und Kostendruck entlang der Lieferkette weitergegeben: Der Druck auf Lieferanten und Produzent/innen ist riesig und das schwächste Glied der Kette, nämlich die Menschen am Anfang der Lieferkette, leiden am meisten. Beispiele dafür:

  1. Kinderarbeit bei der Kakaoproduktion Betriebe an der Elfenbeinküste können sich nur über ausbeuterische Formen von Kinderarbeit unter gefährlichen Bedingungen am Leben halten.
  2. Bananen sind das zweitwichtigste Exportgut der dominikanischen Republik. 90 Prozent der Produzenten sind Kleinbauern, die nicht selbst exportieren können. Private Exporteure, die selbst riesige Plantagen besitzen, sorgen so dafür, dass die Kleinbauern extrem niedrige Handelskonditionen akzeptieren müssen.

Marktmacht eindämmen

Die Studie fordert, dass die EU handeln muss. Unlautere Handelspraktiken sollen verboten und Menschen- und Arbeitsrechte gesichert werden. Die EU hat 2013 in ihrem sogenannten „Grünbuch“ zwar Risiken zu unfairen Handelspraktiken benannt, setzt aber dennoch nur auf freiwillige Massnahmen, die vor allem auf Kommunikation und Bildungsmassnahmen setzt. Ende 2015 wird dieselbe Kommission die Wirkung dieser Initiative prüfen. Gegner fordern jedoch die Implementierung sofortiger Massnahmen, wie z.B.

  • Machtverhältnisse in Wertschöpfungsketten ausgleichen: Öffentliche Investitionen in Kleinbauern und Kleinbauerorganisationen sollen kleine Produzenten stärken.
  • Transparenz schaffen: Eine transparente und regelmässige Auswertung der Kosten- und Preismargen entlang der Wertschöpfungsketten durch eine öffentliche Stelle. So werden Missbräuche in Schach gehalten.
  • Reform der Wettbewerbspolitik: Die Ansätze der Fusionskontrolle sollen Überarbeitet werden, um übermässige Nachfragemacht und erhöhte Machtkonzentration zu verhindern.
  • Unfaire Handelspraktiken beenden: Die Einführung einer EU-Richtlinie würde dafür sorgen, dass unlautere Handelspraktiken unterbunden würden. Diese Richtlinie müsste in einem ersten Schritt unfaire Praktiken definieren und sich an alle Akteure einer Wertschöpfungskette richten. Zudem wäre eine Regulierungsstelle wichtig, an welche man anonym Beschwerden richten könnte.
  • Fairen Handel fördern: Mit langfristigen Verträgen, kostendeckenden Preisen und guten Handelsbedingungen kann man auch den allgemeinen Handel stärken.

Auch wir Konsumenten können Gegensteuer geben: Beim Kauf von Lebensmitteln auf Fair Trade Produkte achten.

Die Zusammenfassung der deutschen Fassung der Studie findet man hier.

Quellen:

http://www.fairtrade.de/index.php/mID/1.1/lan/de

http://de.wikipedia.org/wiki/G7-Gipfel_auf_Schloss_Elmau_2015

https://news.utopia.de/fair-trade-studie-essen-ist-macht-1544/?utm_source=Utopia+Newsletter&utm_campaign=1993cd7614-Newsletter_15KW21&utm_medium=email&utm_term=0_b26f88423e-1993cd7614-261409541

http://www.fairtrade-deutschland.de/fileadmin/user_upload/presse/Presse_2015/2015_studie_macht_kurz.pdf