Diese Limonade enthält „zu wenig“ Zucker

Wie viel Zucker in Getränken ist angemessen? Diese Debatte erhält nach einer zuckerhaltigen Protestaktion von Lemonaid neue Aufmerksamkeit. Zum wiederholten Mal wurde der Bio-Limonadenhersteller abgemahnt, da die Limonade der Marke zu wenig Zucker enthält, so das Ernährungsministerium. Was dahinter steckt und welche teils absurden Zuckerrichtlinien Hersteller einhalten müssen, wir haben die Antworten.
Ein wahrer Zucker-Streit entbrannte zwischen Lemonaid und dem deutschen Gesundheitsministerium: 5,6 Prozent Zucker enthält das Streitobjekt - die Maracuja-Limonade - von Lemonaid. Damit sich das Getränk Limonade nennen darf, müssten es gemäß der Richtlinien jedoch sieben Prozent Zucker sein, was circa sechs Zuckerwürfeln je 250 ml-Glas entspricht. Lemonaid wurde aus diesem Grund vom Bonner Verbraucherschutzamt abgemahnt und errichtete in einer Aufsehen erregenden Protestaktion vor dem Gesundheitsministerium eine lebensgroße Statue von Julia Klöckner aus Zucker. Die Ministerin wies aber jegliche Zuständigkeit von sich und nannte stattdessen die Lebensmittelbuch-Kommission als verantwortliche Behörde.
Leitsätze haben sich seit erster Abmahnung nicht geändert
Laut „foodwatch“ beinhalten Erfrischungsgetränke mit Zuckerzusatz durchschnittlich 7,3 Prozent Zucker. Damit erreichen die meisten Limonaden die festgelegte Zuckergrenze von sieben Prozent. Die Bio- und Fairtrademarke Lemonaid möchte sich dieser Vorgabe jedoch nicht beugen und gesündere Limonaden anbieten - obwohl sie bereits vor anderthalb Jahren von den Hamburger Behörden wegen des zu geringen Zuckergehalts abgemahnt wurde.
Damals schaltete sich jedoch die Hamburger Gesundheitssenatorin ein und die Abmahnung wurde zurückgenommen. Überarbeitet wurden die entsprechenden Bestimmungen seitdem allerdings nicht, obwohl Julia Klöckner erst kurz zuvor die „Nationale Strategie zur Reduktion von Zucker, Salz und Fett in Fertigprodukten“ vorgelegt hatte. Danach sollte der Zuckergehalt von Getränken in den nächsten Jahren um 15 Prozent reduziert werden.
Untergrenze ja, Obergrenze nein: Zucker in Limonaden
Das Problem: Es gibt zwar einen Mindestgehalt, aber keine Obergrenze für Zucker in Limonaden. Zudem entscheidet die Lebensmittelüberwachungsbehörde der verschiedenen Bundesländer gesondert für sich und legt die Leitsätze nach eigenem Ermessen aus. Gemäß dieser Richtlinien für Lebensmittel müsste Lemonaid seine Limonaden entweder umbenennen oder mehr Zucker hinzufügen. Eine neue Bezeichnung wäre jedoch sehr aufwändig, da Lemonaid aus ökologischen Gründen keine Etiketten verwendet, sondern die Mehrwegflaschen direkt bedruckt.
Lemonaid plädiert für das Abschaffen dieser unzeitgemäßen Zuckerregel und für eine Untergrenze in Limonaden, die Hersteller gesünderer Produkte nicht abstraft. Während in anderen Ländern zur Senkung des Zuckerkonsums „Zuckersteuern“ oder „Zuckerampeln“ eingeführt werden, pocht der deutsche Verbraucherschutz bei diesem Produkt absurderweise auf eine höhere Zuckermenge, und dies, obwohl hinreichend bewiesen ist, dass wir zu viel Zucker konsumieren und damit Krankheiten wie Übergewicht, Diabetes und Herzkreislaufstörungen auslösen können.
Kommt bald die Limo-Steuer nach Deutschland?
Seit 2016 ist das Thema Zuckerreduktion vermehrt in der Politik angekommen. Sowohl bei Fertigprodukten als auch bei Getränken wird eine Reduktion von Zucker, Salz und Fett gefordert. Da die Hersteller den Zuckergehalt ihrer Produkte nicht freiwillig senken und ihnen dies durch die aktuell existierenden Zuckerrichtlinien nicht ermöglicht wird, sind Stimmen nach einer Limo-Steuer wie in Großbritannien lauter geworden.
Mithilfe gestaffelter Mengenvorgaben wird Herstellern der Anreiz geboten, weniger Zucker in ihre Getränke zu mischen. Bei einem Zuckergehalt von mehr als 50 Gramm Zucker pro Liter werden in Großbritannien umgerechnet 21 Cent fällig. In Frankreich, Portugal und Südafrika wurde eine solche Zuckersteuer ebenfalls schon erfolgreich eingeführt. Ob sie auch in Deutschland Gesetz wird, bleibt abzuwarten. Hier konzenrtiert man sich vorest lieber um die Untergrenze.
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