Durchbruch in der Forschung

Die Acrocomia-Palme: Eine Alternative zu Palmöl?

12. Okt. 2018 von

Die Acrocomia-Palme wächst auf nähstoffärmeren Böden als Ölpalmen, doch ihre Frucht und der Kern sind ähnlich ertragreich. Forscher haben nun ein Verfahren entwickelt, das es erlaubt, die Acrocomia-Palme auf Plantagen anzubauen. Könnte diese Palme dabei helfen, den Hunger der Welt nach Öl zu stillen, ohne dabei die Natur zu zerstören?

Palmöl ist aus der industriellen Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Die Ölpalme produziert als einzige Nutzpflanze der Welt zwei für die Industrie interessante Öle: Palmöl und Palmkernöl. Das Öl aus dem Fruchtfleisch wird für die Lebensmittelproduktion verwendet. Da es sich sehr gut verarbeiten lässt und zusätzlich sehr lange haltbar ist, steckt es Schätzungen der Naturschutzorgansiation „WWF“ zufolge in fast jedem zweiten Lebensmittel im Supermarkt. Darunter fallen Öle zum Braten, Kochen und Frittieren, aber Palmöl findet sich auch in Backwaren, Margarine, Eiscreme und Süßwaren. Das Öl aus dem Kern der Palme findet hingegen in der chemischen Industrie vor allem für die Herstellung von Reinigungsmitteln, Kosmetika oder auch Biodiesel Verwendung.

Hohe Produktivität

Beliebt ist die ursprünglich aus Westafrika stammende Ölpalme besonders wegen ihrer Produktivität. Weder Kokos-, noch Soja-, Raps- oder Sonnenblumenöl kommen an die Erträge der Ölpalme heran und verbrauchen dabei im Schnitt sogar mehr als dreimal so viel Anbaufläche. Nach etwa drei Jahren ist die Ölpalme kommerziell nutzbar und wirft pro Jahr ungefähr 15-mal eine Ernte ab. Erst ab dem 21. Jahr der Pflanzung geht die Produktivität zurück.

Die Ölpalme wächst jedoch ausschließlich in tropischem Klima. Da die Nachfrage nach der produktiven Pflanze seit Jahren steigt, wurde in Indonesien und Malaysia, aber auch in Ländern in Mittel- und Südamerika, der Anbau der Ölpalme drastisch nach erhöht.

Darunter leidet oft Fläche, die für indigene Völker, aber auch für viele einheimische Tierarten bedeutsamer Lebensraum ist. Allein im Jahr 2015 wurden in Indonesien 1,7 Millionen Hektar Regenwald abgeholzt, um Platz für den Anbau von Palmöl zu schaffen.

Oft wird der Regenwald durch Brandrodung vernichtet, was immense Mengen an Treibhausgasemissionen freisetzt. 2015 wurden von August bis Oktober 600 Millionen Tonnen Treibhausgase durch die Brände in die Atmosphäre abgegeben. Das entspricht den gesamten Emissionen eines Jahres von Deutschland. Zusätzlich bedingt die Abholzung von Regenwald ein vermehrtes Artensterben. So ist beispielsweise der Orang-Utan durch die Rodung von Regenwald vom Aussterben bedroht. Und schließlich kreiert die Luftverschmutzung durch die Brände gesundheitliche Belastungen für die Arbeiter auf den Palmölfarmen.

Nachhaltiger Anbau

Um dem Raubbau an der Natur für den Anbau des Öls ein Ende zu setzen, gibt es viele Bemühungen, das Anpflanzen von Palmöl nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Diverse Zertifizierungssysteme wie beispielsweise der Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) setzen sich dafür ein, dass der Anbau nur noch auf Brachflächen oder landwirtschaftlich nutzbarem Land stattfindet. Das soll verhindern, dass Regenwald oder auch andere Flächen zum Nachteil der Umwelt umgewandelt werden. Weiterhin soll die Umweltbelastung durch Pestizide so gering wie möglich gehalten werden. Auch werden Themen wie faire Arbeitsbedingungen, Einbeziehung der Regierungen und Trainings für die Bauern in den Vordergrund gestellt. So soll mehr Transparenz und ein Dialog zu dem Thema geschaffen werden.

Alternative durch das Öl der Acrocomia-Palme?

Eine langfristige Alternative zum Anbau der Ölpalme könnte die lateinamerikanische Acrocomia Palme sein. Die stachelige und im Schnitt 15 Meter hohe Palme wächst im Gegensatz zur Ölpalme auch in kühleren, trockeneren Gebieten und auf ärmeren Böden. Die auch als Macauba bezeichnete Palme gedeiht bei Temperaturen zwischen fünf bis 30 Grad und lässt sich auf der gleichen Ackerfläche wie Soja anbauen. Wie bei der Ölpalme sind bei der Acrocomia-Palme sowohl das Öl aus dem Fruchtfleisch als auch aus dem Kern für die Lebensmittelproduktion oder die Chemieindustrie einsetzbar. Sogar ein Biodiesel soll aus ihrem Öl gewonnen werden können. Ausgewachsen trägt die Palme bis zu 70 Jahre Früchte.

Eine Frage der Geduld

Es gab bisher jedoch einen Haken und Grund, warum die Acrocomia nicht auf Plantagen angebaut wurde: es dauert bis zu fünf Jahre, bis die Samen der Palme keimen und weitere vier bis fünf Jahre, bis sie Früchte trägt - bei der Ölpalme sind es zwei bis drei Jahre. Das ist nicht rentabel für die Bauern und daher schien die Acrocomia als Alternative zu Palmöl unbrauchbar.

Doch im Jahr 2014 hat die Universität Hohenheim zusammen mit der katholischen Universität von Paraguay in Hohenau / Itapúa einen wesentlichen Durchbruch bei der Erforschung der Acrocomia erlangen können. Durch eine wachstumsfördernde Behandlung an zwei Jahre alten Samen fing die Hälfte nach etwa sechs Wochen an zu keimen. Ein großer Schritt, nicht nur für die Forscher. Denn mit dieser Methode könnte die Acrocomia die bisherige Ölpalme als Palmöl-Lieferant ablösen und somit eine nachhaltigere Alternative sein, um auch langfristig den Bedarf nach Palmöl zu stillen, ohne der Natur zu schaden.

Erste Ansätze in Brasilien

Bis sich die Acrocomia-Palme jedoch großflächig durchgesetzt hat, wird es noch einige Zeit dauern. Das liegt zum einen daran, dass es noch keine internationalen Abnehmer und etablierte Lieferketten für die Macauba-Palme gibt. „Und die Beschaffenheit des Öls muss noch für die Produktion geprüft werden“, weiß Ilka Petersen vom „WWF“. Ein paar positive Beispiele für die Integration von Acrocomia in den Palmöl-Anbau gibt es allerdings schon. So fördert das „B.A.U.M.“-Mitgliedsunternehmen „INOCAS“ ein Projekt, bei dem auf bereits bestehenden Weideflächen die Macauba-Palme integriert werden soll. So wird keine zusätzliche Ackerfläche benötigt. Das könnte in der Zukunft sogar auf das ganze Land ausgeweitet werden. Denn Studien von „INOCAS“ haben ergeben, dass allein die Umbepflanzung auf der Hälfte der im Land bereits genutzten Anbauflächen dazu führen könnte, dass sich in Brasilien mehr Pflanzenöl herstellen ließe, als auf allen Palmölplantangen der Welt.