WHO fordert 20 Prozent

Brauchen wir die Zuckersteuer auf Softdrinks?

13. März 2017 von

Schon seit Jahren diskutieren Gesundheitsorganisationen die Besteuerung von zuckerhaltigen Limonaden und Getränken. Doch was bringt die Zuckersteuer?

Nach Studien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollen vor allem „Coca-Cola“ & Co. die Hauptverursacher von Fettleibigkeit und Diabetes II sein. Eine höhere Bepreisung kann laut einer Untersuchung zu einem geringeren Konsum führen und so Gesundheitsrisiken vorbeugen. Daher fordert die „WHO“ nun alle Länder auf, zuckerhaltige Getränke mit 20% zu versteuern.

Hintergrund der auch als „Limosteuer“ bezeichneten Abgabe ist der starke Anstieg von Fettleibigkeit und Diabetes mellitus Typ II. Zwischen 1980 und 2014 verdoppelten sich die Zahlen der von Adipositas Betroffenen. 2014 galt bereits einer von drei Erwachsenen weltweit als übergewichtig, und 422 Millionen Menschen lebten mit Diabetes II. Viermal so viele wie noch 1980.

Eine dramatische Entwicklung, die die Gesundheitsorganisationen vor allem auf einen viel zu hohen Zuckerkonsum zurückführen. Dabei bilden Süßigkeiten wie Schokolade, Eis oder auch die versteckten Zucker in Fertiggerichten zwar nicht zu unterschätzende Zuckerquellen. Die Untersuchungen der „WHO“ haben aber gezeigt, dass der meiste Zucker über die Limonaden, Energydrinks und andere zuckerhaltige Getränke zugeführt wird.

Kampagne und Aufklärung

In vielen Ländern setzen die Gesundheitsorganisationen vor allem auf die Aufklärung der Verbraucher. Kampagnen und Informationsmaterial soll die Konsumenten darauf hinweisen, dass Zucker kein lebensnotwendiges Lebensmittel für uns ist. Der Körper stellt Zucker nämlich aus anderen Lebensmitteln selbst her, allen voran aus Kohlehydraten.

Eine allgemeine Empfehlung lautet daher, die Höchstmenge von 25 Gramm Zucker pro Tag nicht zu überschreiten. Das beinhaltet alle Speisen und Getränken zugesetzten Zucker, sowie Fruchtzucker, Honig und Sirup.

Ein Problem: Gerade bei den versteckten Zuckern ist es als Verbraucher schwer, den Zuckergehalt zu berechnen. Ein weiteres Problem: Aufklärung braucht Zeit und Geld. Daher setzt sich die „WHO“ seit kurzem nachdrücklich für eine weltweite 20%ige Besteuerung der zuckerhaltigen Getränke ein.

Pauschale Lösung: Zuckersteuer?

Es ist die ewige Frage nach der Mündigkeit der Verbraucher: Reicht es, alle Menschen entsprechend aufzuklären? Oder muss bei eindeutigem Zusammenhang zwischen einem Verhalten und einer gesundheitsschädigenden Wirkung die Politik einspringen?

Die negativen Auswirkungen zuckerhaltiger Getränke bestätigt auch die „Deutsche Gesellschaft für Ernährung“. Entstehende Gesundheitskosten durch Übergewicht und Diabetes trägt die Solidargemeinschaft. Tabak und Alkohol sind bereits seit langem besteuert. Ist da eine Limosteuer nicht naheliegend? Die Befürworter sowie die Gesundheitsorganisationen weltweit versprechen sich davon sinkende Gesundheitsausgaben und bessere Prävention sowie eine steigende Lebensqualität.

Die Zuckersteuer in anderen Ländern

Bisher gibt es die Steuer auf zuckerhaltige Getränke nur in wenigen Ländern. Frankreich etablierte eine Zuckersteuer von 3,5% landesweit in 2012. Dort gilt sie allerdings sowohl für zuckerhaltige Limonaden als auch für solche mit Zuckerersatzstoffen – denn auch sie stehen im Verdacht gesundheitsschädigend zu sein. Erst kauften die Verbraucher deutlich weniger, nun klettern die Zahlen seit 2013 wieder in die Höhe.

In Ungarn dagegen ist die Zuckersteuer auf Limonaden und Energydrinks seit 2011 ein Erfolg. Untersuchungen gehen davon aus, dass 22% der Verbraucher weniger Energydrinks kaufen, und 19% weniger zuckerhaltige Getränke.

In Mexiko gilt seit 2013 eine Besteuerung von Limonaden, und eine zusätzliche „Junk Food“- Steuer. Die Kaufzahlen sind seitdem rückläufig. Neue Studien gehen davon aus, dass Mexiko mit dieser zunächst kritisierten und heftig diskutierten Maßnahme auf dem richtigen Weg ist, die Gesundheitskosten für Diabetes II deutlich zu senken.

Irland und Großbritannien wollen die Zuckersteuer in 2018 einführen. Auch die Regierung Südafrikas diskutierte die Einführung bereits. Und in den USA, dem Land der zuckerhaltigen Limonaden?

Der Fall USA: Es ist kompliziert

Eine landesweite Zuckersteuer ist in den USA bislang nicht vorgesehen. Was nicht unbedingt verwundert, verfolgt man die häufig erfolgreichen Klagen nationaler Großkonzerne gegen Beschränkungen durch die Politik,oder die zweifelhafte Unterstützung von Gesundheitsorganisationen durch „Coca-Cola“ und „Pepsi“ (Codecheck berichtete).

Allerdings gibt es seit den Studien der WHO einige Städte, die eine Zuckersteuer auf Getränke eingeführt haben. In Berkeley stellten Untersuchungen an der dortigen Universität in 2016 fest, dass der Kauf von zuckerhaltigen Getränken um 21% zurückgegangen ist. Die Steuer war nach einem Volksentscheid am 1. Januar 2015 in Kraft getreten. In Philadelphia ist die Zuckersteuer noch neu. Die Rückmeldungen der Händler lassen allerdings auf einen Rückgang der Verkäufe zwischen 30 und 50% schließen. Weitere Städte in den USA wollen sich dieses Jahr der Zuckersteuer anschließen.

In wenigen Jahren müssen Studien zeigen, ob die erhofften Erfolge im Kampf gegen Übergewicht und Diabetes II eingetreten sind. Es kann aber gesagt werden, dass die Einführung der Steuer in bisher jedem Fall zu einer Änderung des Kaufverhaltens geführt hat.

Ob flächendeckende Aufklärung der Verbraucher einen ähnlichen Effekt hätte? Seitdem Landesinitiativen in Deutschland an Kindergärten und Schulen über Zuckerkonsum informieren, fällt die Zahl der Kinder mit Karies Jahr für Jahr. Langfristige und flächendeckende Aufklärung aber ist mühsam und kostenintensiv. Und braucht eventuell mehr Zeit, als wir für die Gesundheitsvorsorge noch haben.

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