Filmtipp

„Arte“-Doku über den Plastikstrudel vor unserer Haustür

17. Apr. 2018 von

Was tun gegen unseren immensen Plastikverbrauch? Eine Arte-Dokumentation geht auf weltweite Spurensuche.

Dass in unseren Ozeanen Meereswirbel aus Plastik schwimmen, ist schon lange bekannt. Ein Bericht von Scientific Reports vom März zeigt allerdings: Der Müllstrudel im Pazifik ist 4- bis 16-mal so groß, wie bisher angenommen. Das bedeutet, dass zwischen Asien, Australien und Amerika ein Plastikstrudel schwimmt, der mehr als viermal so groß ist wie Deutschland. Allerdings ist diese 79.000 Tonnen schwere Fläche nicht ein Pazifik-Problem, sondern dank sich schnell bewegenden Meeresströmen eigentlich direkt vor unserer Haustür.

Hinzu kommt, dass man sich auch hierzulande trotz des Mehrwegsystems nicht aus der Verantwortung ziehen kann: 2014 war Deutschland Europameister was den Verbrauch von Plastik angeht: 220 Kilogramm pro Kopf.

Trotz Schlagzeilen über Mikroplastik, welches mittlerweile die Mägen vieler Fische in den Ozeanen füllt, ist der Kunstoff nach wie vor im Wachstumsfieber. Dafür gibt es auch einen ganz einfachen Grund: Kunststoff aus Rohöl ist spottbillig und verspricht, dank der nicht endenden Nachfrage, hohe Gewinnmargen.

Aber wieso ist Plastik trotz seiner Umweltrisiken nach wie vor so beliebt bei uns Konsumenten? Welche Risiken verstecken sich hinter der Produktion und wohin kommen unsere Verpackungen, nachdem wir sie weggeworfen haben?

Über den Plastik-Rausch unserer Erde

Die Dokumentation „Plastik überall – Geschichten vom Müll“ von Albert Knechtel und Nanje Teuscher befasst sich mit diesen Fragen und begleitet Umweltaktivisten, Wissenschaftler und Politiker auf deren Suche nach Antworten zum globalen Plastikproblem.

Im Zentrum steht die Geschichte des Aktivisten Merijn Tinga. Der Holländer macht mit waghalsigen Kampagnen wie „Plastic Soup Surfer“ auf das Problem mit Kunststoff aufmerksam. Daneben stellen Wissenschaftler aus der ganzen Welt die neuesten – teils erschreckenden – Erkenntnisse zu Mikroplastik vor. Aber auch Unternehmen und Politiker kommen zu Wort und schildern ihre ganz persönlichen Ansichten zum Umgang mit Verpackungsmüll.

„Plastik überall – Geschichten vom Müll“ ist keine Schwarz-Weiß-Malerei. Stattdessen werden Grautöne zugelassen und Alternativen aufgezeigt, wie man über ausgeklügelte Recyclingsysteme und unternehmerisches Erfindertum zu einem nachhaltigeren Umgang mit Kunststoff kommt.

So produziert beispielsweise die Lübecker „Strohmi GmbH“ Naturstrohhalme. Gemessen am Verbrauch in den USA von täglich 500 Millionen Plastikstrohhalmen, stellt dies eine zukunftsweisende Innovation dar.

Bildgewaltig wird der Zuschauer in eine trostlose Welt von Plastik gerissen und dennoch mit einer konkreten Handlungsbotschaft in den Alltag entlassen: Jeder Einzelne muss aktiv werden. Allumfassend versuchen Knechtel und Teuscher, ihre Zuschauer zu informieren und das gelingt. Gleichgültige Hingabe zum Kunststoff-Rausch wird nach dieser Doku schwierig. Ein Must-See für jeden, der sich mit Plastikmüll einmal umfassend und nachhaltig beschäftigen möchte.

Die Dokumentation „Plastik überall – Geschichten vom Müll“ ist bis zum 1. Juni 2018 in der Arte-Mediathek verfügbar.

Dieser Artikel erschien zuerst im „enorm Magazin“.