Gegen Lebensmittelverschwendung

Alkohol aus Brot: Hier landen alte Lebensmittel im Glas

02. Sept. 2018 von

Eine norddeutsche Bäckerei kommt mit einer neuen und köstlichen Idee um die Ecke, um altes Brot vor der Verschwendung zu retten. Bäcker Dietz gibt dem Brot vom Vortag in einer Brennerei ordentlich Umdrehungen: das Ergebnis ist ein einzigartiger Brotbrand.

Buxtehude – das gibt es wirklich und von dort kommt eine neue ausgezeichnete Idee, um Lebensmittel vor dem Müll zu retten. Die Bäckerei Dietz aus im Stadtteil Hedendorf verarbeitet Brot vom Vortag zu einem leckeren Schnaps: dem 35-prozentigen Brotbrand.

Nahrungsmittelverschwendung

Die Welt braucht viele neue Ideen, wie mit dem Problem der Nahrungsmittelverschwendung umgegangen werden kann. Denn der Überschuss an Nahrungsmitteln, der täglich im Müll landet, ist immens: Laut einer Studie der Universität Stuttgart wird in Deutschland jedes achte Lebensmittel weggeworfen. Ganze 82 Kilo an oft noch guten Lebensmitteln kommen so im Jahr pro Kopf zusammen.

Gegen die Verschwendung im eigenen Haushalt kann man vieles tun: zum Beispiel nach dem Verfall des Mindesthaltbarkeitsdatums erst einmal probieren, bevor man wegwirft oder gar nicht erst so viel einkaufen, dass man es nicht verbrauchen kann. Problematisch sind hingegen vor allem die großen Überschüsse an Nahrungsmitteln, die bei den Herstellern, im Handel und in der Gastronomie anfallen.

Bäckermeister Ralf Dietz hat eine ganz eigene Idee entwickelt, was er mit seinen Überschüssen an Backwaren anfangen kann: er brennt daraus einen Schnaps.

Von einem Problem zu einer Idee

Backwaren sind laut der Studie nach Obst und Gemüse das am zweithäufigsten weggeworfene Lebensmittel. Das erscheint logisch, weil gerade diese Nahrungsmittel nur eine kurze Frischephase haben. Genießbar ist ein Brot auch noch am zweiten oder dritten Tag – aber kaufen möchten wir es immer ofenfrisch, am liebsten noch warm. Und weil das allen so geht, fällt bei Bäckereien enorm viel Überschuss an: denn die Backwaren vom Vortag will niemand mehr haben.

„Unverkaufte Backwaren gehören heute zum Leben einer Bäckerei dazu“, sagt Dietz, „denn die Verbrauchererwartung an ausreichend Auswahl muss erfüllt werden“. Die Bäckerei Dietz ist 118 Jahre alt, erzählt der Bäckermeister. „Ich bin mit dem Überschussproblem aufgewachsen und habe schon als kleiner Junge immer vor Augen gehabt, wie das Brot zurückkommt.“

Tafel, Tierschutzbund und Co. – die Bäckerei hat schon ein paar dankbare Abnehmer, erzählt Dietz. Die Idee zu dem Brotbrand kam ihm nach einem Urlaub in Österreich, in dem er über Apfelstrudelbrand gestolpert sei. „Danach habe ich mit einem befreundeten Destillateur gesprochen – und eigentlich war von Anfang an alles klar.“

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© Björn Vasel
Foto: Björn Vasel

Ein Schluck altes Brot

Zusammen mit der Nordik Edelbrennerei im benachbarten Jork hat die Bäckerei Dietz dann den Brotbrand entwickelt. Hergestellt wird der Schnaps ähnlich wie ein Whisky – nur, dass statt Getreide eben Brot vom Vortag verwendet wird. Nach mehreren Monaten Reifeprozess in einem alten Whiskyfässern und zwei Tastings war der Brotbrand perfekt und wurde abgefüllt. Der Hochprozentige schmeckt auch ein wenig nach Whisky – mit einem leichten Schoko- und Vanillearoma.

Eine ganze Tonne übrig gebliebenes Brot wurde hier in einem langen Prozess zu über 1000 Flaschen des Edelbrandes verarbeitet. Das sei mal ein Probelauf gewesen, ob das ankommt, erzählt Dietz. Und der ist angekommen – das Medienecho ist groß und von den ersten Flaschen ist auch nicht mehr viel übrig.

Davon kann man sich eine Scheibe abschneiden

Mit ihrem Brotbrand wurde die Bäckerei Dietz auch in der Kategorie Landwirtschaft und Produktion für den „Zu gut für die Tonne“ Wettbewerb des Bundeslandwirtschaftsministeriums nominiert.

Kaufen kann man den edlen Tropfen online, bei den Filialen der Bäckerei Dietz und in einigen Höfen und Gaststätten, die von der Nordik Brennerei angeliefert werden. Weil die ersten Flaschen so gut angekommen sind, produziert die Manufaktur nach. Den gesamten Überschuss an Backwaren kann der Bäckermeister so aber nicht verarbeiten – für den Brand kommt nur sortenreines Brot in Frage, alles was zum Beispiel mit Rosinen oder Nüssen versetzt ist, ist nicht geeignet. Dietz ist stolz auf seinen Brotbrand – für ihn ist er aber nur ein nachhaltiges Nebenprodukt, an erster Stelle steht immer noch das Backen.

Dieser Artikel von Merle Xenia Hansen erschien zuerst im „enorm Magazin“.