Gesundheit

Zu Junkfood-Junkies erzogen

23. Feb. 2015 von

Die Lebensmittelindustrie manipuliert uns seit dem Kindesalter. Aggressive Marketingstrategien, irreführende Werbung und dreiste Lügen, sollen uns zu hörigen Konsumenten einer ungesunden Produktpalette machen.

19 Prozent der Kinder in der Schweiz sind übergewichtig. 15 Prozent sind es in Deutschland, in Österreich ist sogar jeder fünfte Einwohner unter 18 Jahren zu dick. Viele davon sind adipös, das bedeutet stark fettleibig. Die Zahlen haben sich in den letzten 20 bis 40 Jahren stark vervielfacht. Die Industrie tut viel, um den Absatz ihrer Junkfood-Produkte in die Höhe zu treiben. Die Marketing-Budgets platzen aus allen Nähten. Die Etats sprechen Bände: 2011 war das Werbebudget der Lebensindustrie für Süssigkeiten und andere ungesunde Produkte, 100 mal höher, als für Gemüse und Obst. Mit Junkfood lässt sich mehr Geld verdienen.

Perfides Marketing und intensive Lobbyarbeit sollen uns von klein auf dazu programmieren, den Lügen der Industrie glauben zu schenken. Produkte, die sich bei näherer Betrachtung als absolut ungesund erweisen, werden mit Slogans wie „ideal für zwischendurch“, oder „so wichtig, wie das tägliche Glas Milch“, beworben. Bunte Verpackungen mit Comicfiguren, Gewinnspiele und kleine Geschenke, sollen Kinder schon so früh wie möglich anlocken. Den Eltern wird durch irreführende Werbung vermittelt, es handle sich um gesunde, ja sogar für das Wohl des Kindes, dringend benötigte Nahrungsmittel.

Geld über Gesundheit

Dahinter steht eine Milliarden-Industrie. Großkonzerne wie Nestlé betreiben aufwändiges Marketing, pumpen Millionen in ihre Werbekampanien, verpassen sich ein „gesundes“ Image durch Zusammenarbeit und Sponsoring von Sportverbänden und suggerieren so ein Bild, dass nicht ihre überzuckerten Produkte Schuld seien an der zunehmenden Fettleibigkeit, sondern Bewegungsmangel oder die Nachlässigkeit der Eltern. Was aber, wenn auch die Eltern schon seit ihren Kindheitstagen zu Junkfood-Junkies erzogen wurden? Wie sollen sie ihren Kindern eine ausgewogene und gesunde Ernährung vermitteln, wenn sie schon seit eh und je gelernt haben, dass eine Kindermilchschnitte eine „empfohlene Zwischenmahlzeit aus frischer Vollmilch“ sei? Als Süßigkeit mit über 30 Prozent Zuckeranteil werden die Ferrero-Produkte nämlich nicht beworben. Bis ins Jahr 2000 wurde sogar Alkohol als Inhaltsstoff verwendet. Angepriesen werden diese Produkte von bekannten Sportlern, die einen gesunden und erfolgreichen Lebensstil vermitteln. Ob die Klitschko-Brüder eine Milchschnitte bei ihren Box-Trainings als Snack vertilgen, darf jedoch bezweifelt werden.

Aggressives Marketing und Lobbyarbeit

Die Unternehmen tun viel, um den Absatz ihrer Artikel in die Höhe zu treiben. Mit dem Begriff „Zwischenmahlzeit“ wird suggeriert, dass Kinder, oder auch Erwachsene, den ganzen Tag über Snacks zu sich nehmen müssten. Ein kleiner „Fruchtzwerg“ von Danone enthält 6,4 Gramm Zucker und gerade einmal 3 Gramm Früchte. Vielleicht wäre der Markenname „Zuckerriese“ hier angebrachter. Der als „sportlich“ betitele Softdrink Caprisonne enthält im 200-Milimeter-Beutel umgerechnet rund sechseinhalb Stück Würfelzucker. Ein Dickmacher ersten Grades und keineswegs ein geeigneter Energielieferant für Kinder. Wer sein Energielevel hoch halten will, der sollte ungesalzene Nüsse oder eine Frucht zu sich nehmen. Diese liefern die benötigten Proteine und Vitamine und nicht unnötig Kalorien, die sich in unseren Fettreserven einnisten.

722,8 Millionen Euro gab die Lebensmittelindustrie im Jahr 2011 für Werbung und Marketing ungesunder Snacks und Softdrinks aus. Mit diesem gewaltigen Budget werden Internetkampagnen geschaltet, aufwändige Verpackungen produziert, Prominente als Werbeträger verpflichtet und Schulen und Sportvereine „unterstützt“. Die Unternehmen stellen Schulmaterialien mit Ernährungs-Tipps oder Stundenpläne mit Markenlogo zur Verfügung. Via Facebook werden Kunden dazu aufgerufen, ein Foto von sich und dem Produkt online zu stellen und werden so zu kostenlosen Werbeträgern der Marke.

Schon die Kleinsten werden miteinbezogen. In Kindergärten werden Bewegungsparcours veranstaltet. Nicht die eigenen Produkte werden so Gegenstand der Diskussion, sondern der angebliche Bewegungsmangel der Kinder. Intensive Lobbyarbeit instrumentalisiert außerdem die Politik.

Der Staat versagt beim Thema gesunde Ernährung. Anstatt von den Herstellern klare Angaben zu ihren Produkten zu fordern und irreführende Werbung zu verbieten, binden die Regierungen die Junkfood-Industrie in ihre Kampagnen gegen Übergewicht mit ein. Coca Cola, McDonalds, Mars und Co., Firmen die kein Interesse an gesunder Ernährung, sondern am Verkauf ihrer Produkte haben, manipulieren offizielle wissenschaftliche Empfehlungen und verhindern durch politische Einflussnahme die Einführung einer transparenten Nährwertkennzeichnung.

Back to the roots

Dass sich Kindern in den führenden Industriestaaten schlecht ernähren, ist wissenschaftlich belegt. Zu wenig Obst und Gemüse, zu viel Zucker und Fette. Die Kinder von heute sind die Kunden von morgen. Großkonzerne nehmen Einfluss auf unseren Lebensstil. Sie wollen uns von klein auf an ihre Produkte binden. Unsere Geschmacksnerven sollen so verändert werden, dass uns ein frischer Apfel vom Bauern nicht mehr genügend schmeckt. Lieber sollen wir zu einer Tüte Chips oder Gummibärchen greifen.

Die Auswirkungen sind enorm. Fettleibigkeit, Diabetes und Herzkrankheiten sind nur einige der negativen Effekte, die in den letzten Jahrzehnten rasant zugenommen haben. Wir müssen wieder zurück zu unseren Wurzeln. Der menschliche Körper ist nicht geschaffen, um diese Zucker- und fetthaltigen Lebensmittel zu verarbeiten. Unser Lebensstil hat sich in den letzten hundert Jahren stark verändert, der Köper aber ist seit Jahrtausenden gleich geblieben.

Jäger und Sammler waren wir einst, dann Bauern, die Korn und Weizen anpflanzten. Leichte, proteinreiche und fettarme Kost – darauf sind wir ausgerichtet. Den ganzen Tag vor dem Computer zu sitzen und fettige, ungesunde Nahrung zu konsumieren, wird uns früher oder später alle krank machen. Wer davon profitiert ist die Lebensmittelindustrie – und die Pharmakonzerne. Aber das ist eine andere Geschichte.

Gesunde Snacks für zwischendurch: