Gesundheit

Wie sinnvoll sind Koffein oder Vitamin C in Schmerzmitteln?

20. Aug. 2016 von

Das Angebot an rezeptfreien Schmerzmitteln ist kaum überschaubar. Um sie von der Masse abzuheben, mischen Hersteller ihren Präparaten deswegen Koffein oder Vitamin C bei, die eine erhöhte Wirksamkeit versprechen. Aber was bringen diese Zusatzstoffe wirklich?

„Plus C“, „+ Vitamin C“, „mit Coffein“ – Medikamente mit scheinbar exklusiven Bestandteilen sind leicht am Namen zu erkennen. Den Verbrauchern soll gleich ins Auge fallen, wenn abseits der immer gleichen Wirkstoffe (ASS, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol) ein weiterer Zusatz quasi als Bonus geboten wird.

Gleichzeitig wollen die Pharmakonzerne gewisse Assoziationen wecken. Koffein verbinden wir mit Elan und Kraft, Vitamin C ist der Inbegriff von Gesundheit und Wohlbefinden. Und es stimmt: Richtig dosiert haben beide Substanzen durchaus positive Effekte auf uns. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass sie als Bestandteil von Schmerzmitteln einen medizinischen Vorteil bringen.

Genug Vitamin C vorhanden

Experten sehen in teuren Vitamin C-Produkten eigentlich sogar nur ein Marketing-Gag. In der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt Burkhard Hinz, Pharmakologe der Universität Rostock, dass in Industrienationen bei normaler, ausgewogener Ernährung so gut wie niemand an Vitamin C-Mangel leide.

Prüfern bei „Öko-Test“ zufolge verbessere das Vitamin ohnehin weder die Wirksamkeit eines Schmerzmittels noch die Verträglichkeit eines Präparats. Zudem verkürze Vitamin C „auch nicht die Dauer einer Erkältung, falls die Mittel bei erkältungsbedingten Kopf- und Gliederschmerzen eingenommen werden.“

Für Vitamin-C-haltige Kombinationen spreche lediglich, dass sie häufig als Brausetabletten angeboten werden. Aufgelöst in Wasser gelangen die tatsächlich wirksamen Bestandteile schneller in die Blutlaufbahn, weil die Tablette nicht erst im Magen aufgelöst wird.

Fachleute streiten

Im Gegensatz zur Meinung über Vitamin C ist sich die Fachwelt über Sinn und Zweck von Koffein in Schmerzmittel uneins.

Die „Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft“ (DMKG) bescheinigt Koffein „eine eigene schmerzlindernde Wirkung und möglicherweise sogar schützende Wirkungen vor der Entwicklung von Diabetes mellitus und Parkinson.“ Überdies konnte das internationale unabhängige Experten-Kollektiv „Cochrane Collaboration“ 2012 belegten, dass die schmerzlindernde Wirkung von Paracetamol, Ibuprofen und Co. mit zusätzlichem Kaffeekonsum um fünf bis zehn Prozent verstärkt wird. Koffein-Befürworter und die Pharmaindustrie sehen in diesen und ähnlichen Untersuchungen die Rechtfertigung für die Beigabe des Zusatzstoffs.

Für andere Wissenschaftler wie der Ärztlichen Direktorin des Tübinger Instituts für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Stefanie Joos, hat Koffein wie Vitamin C „medizinisch gesehen keinen Effekt“. Joos bezeichnet die Beigabe in den „Stuttgarter Nachrichten“ sogar als „Unsinn“. Ihre Kolleginnen und Kollegen, die für die „Stiftung Warentest“ arbeiten, sind in der Wortwahl weniger harsch. Es sei noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen, „dass Koffein die Wirkung von Schmerzmitteln so sehr verstärkt, dass dies für Anwender eindeutig einen Vorteil bringt“, heißt es dort.

Risiken durch Überdosierung

Es gibt jedoch weitere, wesentlichere Gründe, warum „Warentest“ Kombinationspräparate mit Koffein für „wenig geeignet“ zur Behandlung von Schmerzen hält: Zum einen könne die belebende Wirkung des Stoffs dazu verleiten, die Kombipräparate öfter und länger einzunehmen, als angeraten. „Dann steigt das Risiko für unerwünschte Wirkungen der Schmerzmittel, beispielsweise auf die Nieren oder den Magen-Darm-Trakt“, schreiben die Tester.

„Warentest“ wie auch die DMKG und viel andere Forscher weisen darauf hin, dass Koffein außerdem Entzugskopfschmerzen auslösen kann. Diese Gefahr bestehe, wenn das Mittel länger angewendet und dann abgesetzt wird. „Das verleitet dazu, das Schmerzmittel erneut einzunehmen – ein Teufelskreis“, ergänzt das Informationsportal „gutepillen-schlechtepillen.de“.

Pharmakologe Burkhard Hinz schließlich räumt ein, dass Koffein bei gelegentlicher Einnahme durch das Zusammenziehen der Blutgefäße im Gehirn zwar für eine gewisse Schmerzlinderung bei Migräneanfällen sorge. Eine Tasse Kaffee verspreche aber die gleiche Wirkung, resümiert er in der „Süddeutschen Zeitung“.