Gesichtscremes im „Öko-Test“

Viele empfehlenswerte Cremes, aber was heißt „klimaneutral“?

09. Jan. 2024 von

Gesichtscremes sollen deine Haut pflegen und helfen, wenn sie trocken ist und spannt. „Öko-Test“ hat 50 Gesichtscremes für trockene Haut getestet und festgestellt: Mehr als zwei Drittel der Cremes, darunter auch viel zertifizierte Naturkosmetik, landen im grünen Bereich. 18 Produkte schneiden sogar „sehr gut“ ab. An anderen Cremes gibt es Kritik für kritische Inhaltsstoffe oder fragwürdige Versprechen.

  • Unter den 50 getesteten Gesichtscremes für trockene Haut sind 21 zertifizierte Naturkosmetikprodukte. Eingekauft haben die Tester:innen in Apotheken, Drogerien, (Bio-)Supermärkten und im Internet.
  • Die Preisspanne ist groß. Die Hautcremes kosten auf 50 Milliliter umgerechnet zwischen 1,95 Euro und 48,32 Euro. Die Creme einer Drogerie-Eigenmarke ist nicht nur die günstigste im Test, sondern darüber hinaus auch „sehr gut“.
  • Kritik gibt es für unerwünschte Inhaltsstoffe in den Gesichtscremes, zum Beispiel Paraffine, aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) und PEG-Verbindungen.
  • Weiterhin sind zweifelhafte Versprechen in Hinblick auf Anti-Aging-Effekte und undurchsichtige Auslobungen zur Klimaneutralität für die Tester:innen ein Thema.

Erfreulich am aktuellen Test ist, dass es mit je 18 „sehr guten“ und „guten“ Gesamturteilen viele empfehlenswerte Gesichtscremes am Markt gibt. Einige Produkte enttäuschen jedoch, weil sie in ihren Rezepturen auf Silikone beziehungsweise Paraffine setzen – Inhaltsstoffe, die sich nicht so gut ins Hautgleichgewicht einfügen wie natürliche Fette und Öle.

„Öko-Test“ empfiehlt: „Sehr gut“ und sehr günstig

Apothekencremes enttäuschen

Das von „Öko-Test“ beauftragte Labor wies in den Apothekenprodukten Avène Hydrance Feuchtigkeitscreme Reichhaltig und La Roche- Posay Nutritic Intense sowie in der Hormocenta Anti-Age Spezialcreme und der Mouson Anti-Falten Creme aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) nach. Diese können als Verunreinigung von Paraffinen ins Produkt gelangen und damit auch krebserregende Bestandteile, die sich darunter befinden können. Unklar sei bislang, ob sie sich im Körper anreichern oder nicht. Drei der genannten Produkte enthalten darüber hinaus PEG/PEG-Derivate, von denen einige deine Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können. In der Hormocenta-Creme entdeckte das Labor außerdem das potenziell hormonwirksame Antioxidans Butylhydroxytoluol (BHT).

Markenprodukte mit problematischen Inhaltsstoffen

Mit einem wahren Problemstoffcocktail wartet die Mouson Anti-Falten Creme von L’Oréal auf. Sie enthält neben Paraffinen und MOAH auch mehrere bedenkliche Duftkomponenten, darunter die polyzyklischen Moschusverbindungen Galaxolid und Tonalid. Derzeit prüft die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) diese Stoffe, die sich im menschlichen Fettgewebe anreichern können, wegen möglicher Auswirkungen auf das Hormonsystem. Darüber hinaus wies das Labor die stark allergisierenden Duftstoffe Hydroxycitronellal und Cinnamylalkohol nach.

Ein weiteres L’Oréal-Produkt, die Hydra Active Feuchtigkeits-Pflege Tag, macht mit einem „mangelhaften“ Gesamturteil kaum eine bessere Figur. Gleiches gilt für die „ungenügende“ Neutrogena Hydro Boost Aqua Intensivpflege. In ihrer Inhaltsstoffliste taucht neben PEG/PEG-Derivaten und Silikonen die halogenorganische Verbindung Chlorphenesin auf – ein Konservierungsstoff, der Hautirritationen auslösen kann.

„Öko-Test“ urteilt: „Ungenügend“

Das Problem „klimaneutraler“ Werbung

„Öko-Test“ kritisiert aber auch einige Anbieter:innen, die ihre Produkte als „klimaneutral“ bewerben, ohne zu erläutern, was sie damit meinen.

Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen wie die DUH sowie auch entsprechenden Gerichtsurteilen fehlt vor allem die Transparenz. Ist auf einer Verpackung ohne weitere Erläuterungen von „klimaneutral“, „klimapositiv“ oder einem „CO2-neutralen Standort“ die Rede, können Verbraucher:innen nicht erkennen, wie genau diese Bilanz erreicht wurde. Sie kann Ergebnis von Kompensationsprojekten oder aber auch von konkreten Klimaschutzmaßnahmen des Unternehmens sein, um die Emissionen bei der Herstellung seiner Produkte auf ein Minimum zu reduzieren.

Besser als die in diesem Test kritisierten Marken mache es der Anbieter des Cosnature Hydro Creme Gel Wasserlilie, so „Öko-Test“. Er erklärt eindeutig anhand mehrerer Punkte, was er mit der umweltfreundlichen Verpackung meint, für die er wirbt – zum Beispiel, dass durch die Verpackung entstandene Emissionen „CO2-kompensiert“ wurden. „Öko-Test“ meint: „Wenn Werbung in Bezug auf CO2 oder Klima, dann transparent auf der Verpackung erklärt.“

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In diese Richtung weist auch die geplante Green-Claims-Richtlinie, die in der Europäischen Union (EU) neue Mindeststandards bei Umweltaussagen über Produkte oder Dienstleistungen festlegt. Danach müssen in Zukunft umweltbezogenen Aussagen auch auf Cremes deutlich gekennzeichnet werden. Pauschale Werbeclaims ohne nähere Erläuterungen wären dann nicht mehr erlaubt. Hinzu kommt: Konsumgüter können nicht gänzlich ohne klimaschädliche Emissionen produziert werden. Wenn ein Hersteller mit „klimaneutral“ oder „CO2-neutral“ wirbt, könnten Verbraucher:innen es aber so deuten, als hätten das Produkt und damit ihr Konsum keine schädlichen Auswirkungen aufs Klima. Aus Sicht von „Öko-Test“ ist das Greenwashing.

Drogerieketten als Vorreiter

Im Juli 2023 hat ein Urteil gegen die Drogeriemarktkette dm für Aufsehen gesorgt. Das Landgericht Karlsruhe hatte im Juli nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) entschieden, dass dm die betreffenden Produkte nicht mehr als „klimaneutral“ oder „umweltneutral“ bewerben darf. So fanden die Tester:innen auf den beiden Gesichtscremes der dm-Marken Alverde und Balea keine derartige Werbung mehr.

Auf der Alterra Hydro Tagescreme Bio-Traube, die die Tester:innen Anfang September in einer Rossmann-Filiale kauften, ist das „Klimaneutral“-Label von Climate Partner aber noch zu finden und das, obwohl die zweite große deutsche Drogeriekette einer DUH-Mitteilung zufolge vor einem Jahr angekündigt hat, auf Werbung mit Klimaneutralität verzichten zu wollen. „Öko-Test“ fragte nach und Rossmann antwortete: „Wir haben die Auslobung mittlerweile von all unseren Alterra-Produkten entfernt.“

Damit sind die beiden großen Drogeriemärkte Teil der Eindämmung des Trends mit Klimawerbung. Entsprechende Auslobungen haben die Prüfer:innen noch auf neun der 50 Gesichtscremes im Test gefunden. Selbst Climate Partner, der zurzeit wohl öffentlichkeitswirksamste Player beim Handel mit Kompensationszertifikaten, hat einen Sinneswandel vollzogen. Künftig verheißt das Label nicht mehr Klimaneutralität, sondern kennzeichnet nur noch ein „Climate Partner zertifiziertes Produkt“.

Die Testsiegerprodukte, die Testtabelle und das Gesamtergebnis findest Du im Detail im ePaper von „Öko-Test“.

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