Europa: Die Nano-Gesetzeslücke

Schädliche Nano-Partikel in Sonnencremes

24. Juli 2015 von

Was fehlt in keiner Strandtasche? Die Tube mit Sonnenschutz. Die weiße Lotion soll uns vor schädlichen Umwelteinflüssen schützen. Doch wie sieht’s mit den Inhaltsstoffen aus? Nano-Partikel im Fokus.

Die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhundert arbeitet mit Teilchen, die ein Millionstel Millimeter groß sind. Sie bewirken, dass Schmutz einfach von empfindlichen Textilien abperlt, lassen Autolack intensiver leuchten, machen Scheiben bruchsicher und – Sonnencreme geschmeidiger. Das sind wunderbare Eigenschaften der Nano-Chemie.

Doch wie sieht es mit der risikobehafteten Seite aus? Forscher (wie zum Beispiel Mitarbeiter der Universität Lausanne) haben noch keine schlüssigen Beweise gefunden, dass Nanopartikel ungefährlich für Menschen und Umwelt sind.

Die Nanoteilchen sind so klein, dass sie leicht in den Körper dringen können und dort Entzündungen auslösen oder toxisch wirken können. Bei einem Tierversuch haben Nanopartikel aus Kohlenstoff sogar Lungentumore ausgelöst. Diese ungeklärte Risikolage bedeutet ein Spiel mit dem Feuer in Sachen Gesundheit. Warum müssen Kosmetikhersteller denn überhaupt Nanotechnologie benutzen?

Hinweise auf Nanotechnologie sind im Kleingedruckten zu finden

Die Gesetze der EU haben akribisch festgehalten, welche Inhaltsstoffe in Sonnenlotions wandern dürfen – eigentlich. Aber über diese „Listenstoffe“ hinaus enthält Sonnenschutz Nanopartikel, die in Verdacht stehen, schwere Schäden zu verursachen. Doch wer herausfinden möchte, ob sein Lieblingsprodukt mit Nanotechnolgie verfeinert wurde, braucht gute Augen: Oftmals findet der Verbraucher auf der Tube, ganz kleingedruckt, das Wörtchen „Nano“. In Klammern.

Manchmal steht da auch nur „Titanium Dioxide“. Diese Nanoteilchen werden in Sonnencremes häufig verwendet. Sie wirken wie winzige Spiegel und sollen Sonnenstrahlen reflektieren. Zudem lassen sie sich leichter auf dem Körper verteilen und hinterlassen keinen weißen Film. Tolle Verkaufsargumente.

Können Nanopartikel im Körper Schaden anrichten?

Die internationale Agentur für Krebsforschung zweifelt die Unbedenklichkeit von Nanoteilen stark an und hat beispielsweise Nano-Titandioxid als möglicherweise krebserregend eingestuft. Der australische Dermatologe Robert Salmon befürchtet, dass Nanoteile die Zellen verändern. „Wir haben herausgefunden, dass Nanopartikel freie Radikale produzieren, die auch Zellmutationen hervorrufen. Noch muss man herausfinden, inwieweit dass auch unter der Haut passiert,“ erklärt er.

Wenn Titandioxid in den Körper gelangt, wird es nicht wieder abgebaut, sondern wandert in die Leber, Lunge und zu einem kleinen Teil sogar ins Gehirn. Die Datenlage ist momentan lückenhaft und eigentlich sind Nanopartikel noch nicht ausreichend erforscht, um in unsere Produkte zu wandern.

Nano-Titandioxid nicht zugelassen

Laut EU-Kosmetikverordnung ist die Verwendung von Nano-Titandioxid gar nicht zugelassen. Warum verwenden Hersteller es trotzdem? Es scheint an einer Gesetzeslücke zu hapern: Titandioxid als UV-Filter in Normalform ist per Gesetz und Verordnungen von EU-Laboratorien zugelassen.

Von der Nanoform hingegen war nie die Rede. Der Branchenverband der Kosmetikhersteller gibt die Verordnungslücke zu, meint aber, „...dass Nano-Titandioxid in Sonnenschutzmitteln (...) weiterhin verwendet werden darf.“ Die offizielle Zulassung wurde für nächstes Jahr angekündigt. Ein Informationsblatt der EU-Gesundheitsbehörde lehnt die Verwendung von Nano-Titandioxid eindeutig ab, vor allem in Mitteln, die der Verbraucher einatmen könnte. Es könnte tatsächlich ein exorbitantes Gesundheitsrisiko darstellen.

Am Nano-Thema interessiert? Wissen über Nanotechnologie haben wir bereits hier gesammelt.

Alternativen zu Nanofiltern

Als Alternativen zu herkömmlichen Sonnenschutzcremes wie die von Nivea, Daylong und Balea kann man Bio-Sonnencremes verwenden. Die verwenden keine Nanopartikel oder hormonähnliche Stoffe, da sie mit mineralischen UV-Filtern arbeiten. Diese wirken physikalisch und bilden eine Schutzschicht auf der Haut.

Allerdings können mineralische Filter zum ungeliebten „Weißeffekt“ führen – denn sie hinterlassen einen weißen Film auf der Haut. Inzwischen gibt es aber Produkte, die ebenfalls mit verkleinerten mineralischen Filtern arbeiten.

Laut Utopia.de Bestenliste ist die Sonnenlotion von Eco Cosmetics ein gutes Produkt, das nicht gesundheitsgefährdend ist. Auch die Eubiona Sonnencreme schneidet gut ab. Die günstigere Variante von Lavera, die Sonnenmilch, belegt den dritten Platz.

Wer allen Gesundheitswarnungen zum Trotz dennoch konventionelle Produkte verwenden möchte, kann auf die Elkos Sun Sonnenmilch (LSF 20), die Ladival Sonnenschutz Lotion (LSF 15), und die Sun Dance Sonnenmilch (LSF 20), zurückgreifen. Die Stiftung Öko-Test hat diese Produkte mit chemischen UV-Filter als „gut“ bewertet. Sie enthalten allerdings den UV-Filter Octocrylene, ein Stoff, der hormonell wirksam ist. Dafür sind sie frei von Parabenen, PEG-Derivaten und Erdölprodukten.