Sicher schminken

Gefährliche Inhaltsstoffe in Kinderkosmetik erkennen

01. Feb. 2024 von

Prinzessin, Löwe, Ritter oder Clown: In der Faschingszeit stehen Glitzerpuder, Lipgloss und spezielle Schminksets bei Kindern besonders hoch im Kurs. Mit ein bisschen Farbe auf Gesicht und Nägeln verwandeln sie sich im Nu in bunte Fantasiegestalten. Doch ist diese Kosmetik überhaupt für Kinder geeignet? Wie sicher sind die Inhaltsstoffe? Wir haben Herrn Dr. Urs Hauri, Experte für Inhaltsstoffe in Kosmetik und stellvertretender Leiter Chromatographie des Schweizer Kantonalen Laboratoriums Basel-Stadt, zum Thema befragt.

Das Kantonslabor hat im Jahr 2023 Kinderkosmetika auf Konservierungsmittel, Farbstoffe, UV-Filter und Verunreinigungen untersucht. Dabei beanstandeten die Forscherinnen und Forscher 21 Produkte (68 Prozent), 14 Produkte (45 Prozent) dürfen seitdem nicht mehr verkauft werden, bei drei Produkten erfolgten freiwillige Verkaufsstopps.

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Herr Dr. Hauri, was wurde in Ihrer Untersuchung „Kinderkosmetika“ beanstandet und weshalb wurden sogar Verkaufsverbote ausgesprochen?

Hauptgründe für die Verkaufsverbote waren unerlaubte Farb- und Konservierungsmittel sowie erhöhte Konzentrationen der verbotenen Stoffe Nitrosodiethanolamin, N-Methlypyrrolidon Form- und Acetaldehyd. Dabei möchten wir in Bezug auf die Beanstandungsraten betonen, dass es sich nicht um eine repräsentative Untersuchung des Markts gehandelt hat. Als Vollzugsbehörden sind wir angehalten, risikobasierte Marktuntersuchungen durchzuführen.

Welche Inhaltsstoffe, die Sie in den untersuchten Kinderkosmetikartikeln gefunden haben, machen Ihnen am meisten Sorgen und warum?

Es sind weniger die einzelnen Stoffe als die Summe der Mängel, die uns Sorge bereiten. Bei sehr vielen Produkten werden Farb- und Konservierungsmittel eingesetzt, die nicht erlaubt sind, ohne dass sich die verantwortlichen Firmen dessen bewusst sind. Hier liegen eklatante Mängel bei Produktion und Qualitätssicherung vor – und dies bei Produkten für eine besonders sensible Bevölkerungsgruppe, also Kinder. Als akute Probleme sind allergische Reaktionen auf Konservierungsstoffe wie stark allergene Isothiazolinone denkbar, die in sieben Sets nachgewiesen wurden.

Was für Konsequenzen können solche Falschdeklarationen für Verbraucherinnen und Verbraucher oder in diesem Fall Kinder haben?

Die Deklaration der Inhaltsstoffe ist ja in erster Linie vorgeschrieben, um alle Allergikerinnen und Allergiker vor Produkten zu warnen, die für sie nicht geeignet sind. Falsche Deklarationen können bei dieser Personengruppe zu allergischen Reaktionen führen.

Produkte, die CodeCheck empfehlen kann

Wie kann es sein, dass bei uns trotz strenger Kosmetikverordnungen in der Europäischen Union und in der Schweiz Produkte mit verbotenen Stoffen auf den Markt kommen?

Die Verantwortung für die Rechtskonformität und Sicherheit der Produkte liegt bei den Firmen. Diese müssen die rechtskonforme Zusammensetzung und auf dieser Basis die Sicherheit der Produkte prüfen. Das wird auch großteils gemacht. Aber wenn, wie oben erwähnt, Hauptbestanteile nicht bekannt sind, reicht eine bloße Prüfung auf dem Papier nicht aus. Dann bräuchte es eine umfassendere analytische Überprüfung der Produkte auf Übereinstimmung mit der Zusammensetzung. Insbesondere die verwendeten Farb- und Konservierungsmittel werden nicht genügend überprüft.

Können Verbraucherinnen und Verbraucher den auf der Verpackung deklarierten Angaben also gar nicht hundertprozentig trauen?

Leider ist das so. Wir möchten aber nochmals darauf hinweisen, dass unsere Studie nicht repräsentativ ist. Die hohe Beanstandungsrate ist auch der risikobasierten Probenahme geschuldet. Andererseits können wir erfreut feststellen, dass einige Firmen ihre Produkte in den letzten Jahren deutlich verbessert haben.

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Was können Verbraucherinnen und Verbraucher tun, um auf Nummer sicher zu gehen?

Es gibt keine Garantie, aber die Erfahrungen der letzten zehn Jahre zeigen, dass die Rechtskonformität von Produkten, die in Europa hergestellt werden, besser ist. Da uns fast nie Informationen vorliegen, dass dekorative Kinderkosmetik speziell für die Gesundheitsbedürfnisse von Kindern hergestellt wird, wäre eine Alternative, Produkte für Erwachsene zu verwenden. Wer sicher sein möchte, dass Produkte den europäischen Standards entsprechen, sollte selbstverständlich auch nicht auf Billigst-Produkte von E-Commerce-Plattformen zurückgreifen. Generell ist jedoch nicht zwingend der Preis für die Rechtskonformität ausschlaggebend, sondern eher wie viel Renommee eine Firma zu verlieren hat.

Warum ist es für Hersteller eigentlich so schwer, sich an gesetzliche Vorgaben zu halten, die das Wohl von Menschen und Umwelt im Fokus haben?

Da wir bei dekorativer Kosmetik für Erwachsene eine deutlich bessere Rechtskonformität festgestellt haben, kann das Problem nicht die Gesetzgebung sein. Wir vermuten, dass das Problem darin liegt, dass so genannte Kinderkosmetik oft von europäischen oder amerikanischen Handels- oder Spielzeugfirmen in Kombination mit Lohnherstellern in China hergestellt wird. Häufig sind die Firmen, die Kinderkosmetik vertreiben, auf Spielwaren spezialisiert und nicht auf Kosmetik. Dadurch fehlt ihnen in der Regel das notwendige Know-how im Kosmetikbereich.

Herr Dr. Hauri, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Unsere Tipps für unbedenkliche Faschingsschminke

Auch ohne ausgewiesene Faschingskosmetik lassen sich prima Feengesichter und Cowboybärte schminken. Probier’s doch mal mit den folgenden Möglichkeiten.

Grüne dekorative Kosmetik für Erwachsene

Lidschatten, Puder, Rouge & Co. mit grünen Inhaltsstoffen erhältst du in allen Drogerien. Sie sind für Kinder in Bezug auf die enthaltenen Stoffe vermutlich sicherer als „Kinderschminke“ und eine gute Alternative dazu. Wie empfehlen dir, Schminkartikel vor der Verwendung immer mit der CodeCheck-App zu scannen. So erkennst du schnell und auf einen Blick, ob ein Produkt bedenkliche Inhaltsstoffe enthält oder nicht.

Faschings-Make-up selbst gemacht

Für dein DIY-Make-up benötigst du nur nur wenige Zutaten. Als Basis eignen sich Kokosöl oder Babycreme mit grünen Inhaltsstoffen, zum Beispiel:

Weitere Zutaten:

  • Speisestärke für weiße Schminke
  • Lebensmittelfarbe für bunte Schminke (rot, blau, gelb), erhältlich im Bio-Supermarkt
  • Kohletabletten für schwarze Schminke, erhältlich in Drogerien und Apotheken

Und so geht’s:

  1. Einen Esslöffel Kokosöl bzw. Babycreme im Wasserbad oder in der Mikrowelle für circa drei Minuten bei schwacher Hitze erwärmen. Gut durchrühren. Die Masse sollte flüssig werden, aber nicht kochen.
  2. Für weiße Schminke: ein Teelöffel Stärke dazugegeben und gut mit der cremigen Masse verrühren. Für bunte Schminke: flüssige Lebensmittelfarbe hinzufügen und gut durchrühren. Je nach Wunsch der Intensität verwendest du einfach weniger oder mehr Farbe. Durch Mischen der eingefärbten Cremes kannst du viele verschiedene Farbnuancen erzeugen. Für schwarze Schminke: drei bis vier Kohletabletten im Mörser oder in der Kaffee- bzw. Gewürzmühle zerkleinern. Das Kohlepulver in die warme Masse geben und alles gut verrühren, bis diese schwarz eingefärbt ist.
  3. Wenn die Creme abgekühlt ist, kannst du sie zum Schminken benutzen. Am einfachsten lässt sie sich mit einem Schwämmchen oder einem Pinsel auf die Haut auftragen.

Quellen

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CodeCheck