Essen & Trinken

Was Lebensmittel mit uns machen

06. Jan. 2015 von

Lebensmittel-Allergien nehmen stark zu. In Europa leiden ca. 17 Mio. Menschen unter ihr, 3,5 Mio. der Betroffenen sind jünger als 25 Jahre. Aber auch Unverträglichkeiten sind auf dem Vormarsch.

Allein in Deutschland glauben über 30 Prozent der Erwachsenen, an irgendeiner Form von Nahrungsmittelunverträglichkeit zu leiden. Dabei spielt in beiden Fällen Alkohol, körperliche Anstrengung und Stress eine entscheidende Rolle. Allerdings können gerade diese Faktoren Allergien und auch Unverträglichkeiten noch entscheidend verstärken.

Laien betiteln fast alles als Allergie

Was sind also die Unterschiede von Nahrungsmittelallergien und Unverträglichkeiten?

Die beiden Begriffe werden heute oft verwechselt. Bei beiden Formen kommt es zwar zu einer Reaktion des Körpers, jedoch ist die Ursache grundverschieden.

Bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit fehlt dem Körper die Fähigkeit, einen bestimmten Stoff zu verdauen. Zwar handelt es sich nicht um eine tatsächliche allergische Reaktion, jedoch können Beschwerden schon bei kleinen Mengen des unverträglichen Nahrungsmittels auftreten.

Die Lebensmittelallergie zeichnet sich durch eine allergische Reaktion des Körpers aus. Der Körper reagiert auf das Nahrungsmittel wie auf einen Fremdkörper (Antigen) mit der Bildung von Abwehrzellen. Das Immunsystem ist hier durch eine Abwehrreaktion einbezogen.

Allergische Reaktionen können dabei sehr unterschiedlich ausfallen: Hautausschlag, Rötungen und Schwellungen, Niesattacken, Schnupfen, Husten und Asthma sind die häufigsten Anzeichen, einer Lebensmittelallergie. Wirkt sich die Nahrungsmittelallergie auf den Magen-Darm-Trankt aus, gehören Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfungen und Erbrechen zu möglichen Beschwerden.

Bleiben akute allergische Reaktion allerdings unbehandelt, können diese einen lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen.

Gut zu wissen: Jeder Mensch kann zu jeder Zeit eine Lebensmittelunverträglichkeit oder eine Allergie gegen ein Nahrungsmittel oder einen Bestandteil davon, entwickeln.

12 Millionen potenzielle Allergiker in Deutschland

Die Entwicklung einer Lebensmittelallergie geht oft mit anderen Allergien einher. Man spricht hier von Kreuzallergien: Bei einer Pollenallergie kann zum Beispiel der Verzehr von Peperoni, Apfel, Ananas oder Nüssen Symptome einer Allergie auslösen.

In Deutschland leiden fast 12 Mio. Menschen an Heuschnupfen. Mindestens 60 Prozent von ihnen laufen während ihres Lebens Gefahr, Allergien gegen bestimmte Lebensmittel zu entwickeln.

Auch Soja und Sellerie können allergische Reaktionen hervorrufen. Eigentlich harmlose Proteine eines Lebensmittels verleiten dabei die Immunabwehr zur Attacke. Um herauszufinden, welches Lebensmittel die Allergie auslöst, bedarf es fast schon Detektivarbeit. Manche Patienten führen Ernährungstagebücher. Bei einem Verdacht kann das Lebensmittel in einer Diät über längere Zeit weggelassen werden. Dabei warnen die Fachgesellschaften vor Diagnoseverfahren wie den sogenannten IgG-Tests. Leider gibt es derzeit noch keine Standardtherapie, welche bei Nahrungsmittelallergien Heilung verspricht.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten – Scheinkrankheit?

Lebensmittelunverträglichkeit wird durch mangelnde Nachweismöglichkeiten oft als rein psychisches Leiden oder Scheinkrankheit bezeichnet. Die vielen Betroffenen beweisen jedoch das Gegenteil. In Deutschland klagen die Menschen vor allem über Gluten und Laktose-Unverträglichkeit.

Laktose-Intoleranz

Viele Menschen reagieren beispielsweise auf Milch mit Übelkeit, Durchfall oder Müdigkeit. Dies macht Sinn, denn eigentlich war es nie vorgesehen, dass Erwachsene Milch trinken. Mit dem Abstillen verloren unsere Vorfahren die Fähigkeit, den enthaltenen Milchzucker, die Laktose, im Darm zu spalten. Erst mit der Einführung der Viehwirtschaft in Europa entwickelten die Menschen durch Mutation ein Gen, das die Produktion von Laktase, einem Enzym zur Laktose-Spaltung, im Darm von Erwachsenen möglich machte.

Noch heute verfügt nicht jeder Mensch über dieses Gen. Oft finden Ärzte die Ursache nicht und schieben die Problematik auf psychische Probleme. Dies kann den Patienten schwer belasten. Dabei ist die Diagnose im Fall der Laktose-Intoleranz relativ einfach. Ein banaler Atemtest bringt sofort Klarheit.

In der Regel ist die Intoleranz auf Milchzucker zwar genetisch veranlagt, tritt aber erst im Laufe des Lebens zutage. Dabei ist die Intoleranz bei jedem Patienten von einer anderen Dosis abhängig. Ältere Menschen können nach einem beschwerdefreien Leben auch plötzlich eine Laktose-Intoleranz entwickeln, da das Enzym im Alter weniger produziert wird.

Mit einer Laktose-armer Ernährung können Betroffene ihre Probleme in den Griff bekommen. Sogenannte MinusL-Produkte erleichtern die Lebensmittelauswahl. Sie sind entsprechend gekennzeichnet und im Handel erhältlich. Als Milchersatz dienen Soja- oder Kokosmilch. Lang gereifter Käse ist sogar erlaubt, weil er nahezu keinen Milchzucker mehr enthält.

Gluten-Intoleranz

Jeder 500. Deutsche verträgt das Eiweiß Gluten nicht. Gluten und seine verwandten Eiweiße kommen vor allem in Getreidearten wie Weizen und Dinkel vor. 70 bis 80 Prozent der Betroffenen wissen nichts von ihrer Erkrankung, denn häufig leiden sie unter untypischen Symptomen. Dabei ist die Vielfalt der auftretenden Symptome das Problem. Treten die Anzeichen in harmloser Form auf, beispielsweise mit einem gelegentlichen Bauchdrücken, erkennt der Betroffene häufig gar nicht, dass er unter einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leidet. Manchmal kann der Patient auch sehr gut Leben mit der Unverträglichkeit. Stress kann zum Beispiel aber eine Verstärkung der Unverträglichkeit bewirken. Dann wird der Betroffene plötzlich aufmerksam.

Die Zöliakie ist eine chronische Erkrankung des Dünndarms und beruht auf einer Unverträglichkeit des in Getreide enthaltenen Klebereiweißes Gluten. Der Dünndarm zersetzt die Nahrung in ihre Bestandteile. Zöliakie-Betroffene reagieren auf Gluten mit einer Entzündung der Darmschleimhaut und einer Rückbildung der Zotten. Dadurch verkleinert sich die Oberfläche des Dünndarms immer weiter, der Körper kann nicht mehr ausreichend Nährstoffe aufnehmen. Die meisten Patienten leiden unter Bauchschmerzen, Durchfall und Gewichtsverlust. Auch Schlaflosigkeit, Müdigkeit oder Depressionen können Symptome sein.

Vor 30 bis 40 Jahren haben die Ärzte die Erkrankung vor allem bei Kindern diagnostiziert. Heute stellen die Mediziner sie vor allem bei Jugendlichen und Erwachsenen fest. Der Hausarzt kann Zöliakie nachweisen, indem er zunächst das Blut auf Antikörper untersucht. Die einzige Therapie ist eine lebenslange glutenfreie Ernährung.