Energie sparen

Wärmerecycling: Wenn die Heizung mit Abwasser läuft

24. Nov. 2016 von

Kurz duschen, nebenher die Waschmaschine und den Geschirrspüler laufen lassen – schon läuft literweise warmes Wasser in die Kanalisation. Die thermische Energie dieses Wassers muss nicht verloren gehen, denn Bauphysiker können sie inzwischen zurückgewinnen.

Jeder Deutsche produziert im Schnitt 122 Liter Abwasser pro Tag. Ein großer Teil des sogenannten Grauwassers ist erhitzt. Zusammen mit dem ebenfalls oft warmen Betriebs- und Brauchwasser aus Industrie und Gewerbe fließt es durch die unterirdischen Leitungen bis zur Kläranlage. Auf dem Weg dorthin hat das Abwasser im Kanalnetz selbst im Winter eine Temperatur zwischen zehn und 20 Grad Celsius.

So funktioniert eine Abwasserwärmenutzungsanlage

Diese Wärmequelle lässt sich durch eine recht simple, effiziente Anlage anzapfen. Sie besteht aus drei Komponenten: Ein Wärmetauscher wird in die Kanalisation eingebaut, nimmt die Wärme(energie) des Abwassers auf und gibt sie an eine Wärmepumpe weiter. Dort wird die Wärme mit Hilfe eines Kältemittels in einen gasförmigen Zustand gebracht und komprimiert.

Durch den Druck erwärmt sich das Gas auf 40 Grad. Schließlich wird die Wärme durch Kondensierung wieder vom Kältemittel getrennt und zur Anbindung an die Heizzentrale des angeschlossenen Gebäudes geführt, um sie nutzbar zu machen.

Ökologisch und ökonomisch

Das System spart fossile Energieträger ein, die sonst als Brennstoff zur Erzeugung von Wärme verwendet werden müssten. Dadurch koste die Erzeugung einer Kilowattstunde Wärme sieben Prozent weniger als mit Erdgasheizungen und zwölf Prozent weniger als mit Fernwärme, schreibt der „Spiegel“. Außerdem produzierten die Anlagen „nach Berechnungen der RWTH Aachen (Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen) bis zu sechzig Prozent weniger CO2 als moderne Erdgas-Heizungen“.

Noch ist die Anbindung an die lokale Kanalisation zu aufwendig, um einzelne Häuser an ein solches System anzubinden. Aber in Wohn- und Industrieanlagen sowie großen Gebäuden wie Schulen oder Bürokomplexen mit einer Niedertemperaturheizung lohnt sich die Technologie allemal.

Deutschlandweit sind derzeit etwa 35 Anlagen in Betrieb. Unter anderem bezieht das Fürther Rathaus und das Haus der Musik in Regensburg ihre Wärme durch die Kanalisation. Weitere Großprojekte sind bereits geplant. In Berlin und Stuttgart etwa sollen ganze Wohnviertel mit Abwasserwärmeheizungen entstehen.

Perspektiven

„Ziel der Branche ist es, die Zahl der realisierten Anlagen innerhalb der nächsten 10 Jahre zu verhundertfachen, also bis zu 3.500 Anlagen zu realisieren“, so die „Themenallianz Abwasserwärmenutzung“ auf ihrer Webseite. Und weiter: „Mit Abwasserwärmenutzung ließe sich in Deutschland bis zu 6% des Wärmebedarfes im Gebäudebereich decken. Umweltfreundlich und kostengünstig.“