Gesundheit

Lebensmittelkennzeichnung: Was hilft sie wirklich?

22. Mai 2015 von

Für den Verbraucher können die kryptischen Lebensmittelkennzeichnungen auf den Verpackungen irreführend sein. Noch sträubt sich die Industrie gegen eine Vereinfachung – doch Hilfe naht!

Wie viel Zucker steckt im Lieblingsmüsli? Woher kommt das Lammnierstück? Und wann wurde der Lachs eingefroren? Wie der Verbraucher darüber am besten informiert werden kann, ist strittig. Die Lebensmittelindustrie sträubt sich gegen allzu viele Details auf den Verpackungen und auch gegen die Lebensmittelampel – diese soll anzeigen, wie „gesund“ ein Nahrungsmittel einzustufen ist. Diese Ampel würde Produkte mit viel Fett, Salz oder Zucker generell mit einem roten Punkt kennzeichnen. Verbraucherschützer und manche Ärzteverbände fordern eine genauere Beschreibung und die Einführung dieser Ampel.

Kunden wollen mehr Durchblick

Viele Umfragen behandeln das Thema: Will der Kunde überhaupt mehr Kennzeichnung auf den Verpackungen? So etwa eine im November vergangenen Jahres vorgestellte Studie, die der Verein „Die Lebensmittelwirtschaft“ bei der Universität Göttingen in Auftrag ­gegeben hatte. Zum Vorstand des Vereins gehören Vertreter von Nestlé, Edeka und Südzucker.

Darin kommen die Wissenschaftler zu wenig produzentenfreundlichen Ergebnissen. So vertrauten nur 14 Prozent der Befragten den Informationen der Lebensmittelindustrie, aber 71 Prozent ­jenen der Verbraucherzentralen. Dem Vertrauensverlust steht ein klares Informationsbedürfnis gegenüber: Die Kunden wollen mehr Transparenz von den Produzenten darüber, was genau in ihren Produkten enthalten ist. 68 Prozent lesen die Angaben auf der Verpackung immer oder oft, wenn sie ein Lebensmittel erstmals kaufen. 58 Prozent wünschen sich mehr Informationen. Die Ergebnisse könnten die Industrie veranlassen, das Vertrauen durch mehr Transparenz zurückzugewinnen.

Den Wunsch der Verbraucher nach mehr Informationen ist stark. Doch ob der informierte Kunde auch gesundheitsbewusster einkaufen würde? Manchen Ärzten reichen die entsprechenden Info-Auf­drucke auf der Verpackung nicht. Sie fordern, dass der Gesetzgeber beispielsweise ähnlich wie beim Nikotin Vorgaben entwickelt, um den Zuckerkonsum zu senken. Vorstellbar wäre etwa ein Werbeverbot für Süßes, eine Zuckersteuer oder – als Denkanregung – die Ausgabe von Zuckermarke. In Vergleich dazu erscheint der Industrie eine detaillierte Liste auf der Verpackung möglicherweise als das kleinere Übel.

Aufklärung ist die halbe Miete

Bundesernährungs- und Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hat zusammen mit dem Präsidenten des Bundesverbandes des Lebensmittelhandels (BVLH) Friedhelm Dornseifer den Startschuss für eine Kampagne gegeben, die die Verbraucher besser über die Kennzeichnungen auf Lebensmitteln informieren soll. Dazu werden in den nächsten Wochen rund 1,5 Millionen Broschüren mit dem Titel „Kennzeichnung von Lebensmitteln – Die neuen Regelungen“ in 28.000 Supermärkten und zwölf Handelsunternehmen verteilt. So erreichen die Informationen die Verbraucher dort, wo sie gebraucht werden: Beim Lebensmittel Einkaufen.

Seit dem 13. Dezember 2014 gilt eine Neuregelung der sogenannten Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV), die insbesondere die Kennzeichnung von Allergenen, Klebeschinken und Hinweise auf Energy Drinks betreffen. Mit der 16-seitigen Informationsbroschüre sollen deshalb auch die Verbraucher aktiv über die neuen Verordnungen informiert werden.

Das sind die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Allergenkennzeichnung

Die 14 wichtigsten Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, wie Nüsse oder Soja, müssen im Zutatenverzeichnis aufgeführt und eindeutig hervorgehoben werden. Außerdem ist auch bei unverpackter Ware, zum Beispiel an der Bedienungstheke oder im Restaurant, eine Information über Allergene verpflichtend.

Lebensmittel-Imitate

Bei der Verwendung von Lebensmittel-Imitaten, zum Beispiel Pflanzenfett anstelle von Käse, muss der ersatzweise verwendete Stoff in unmittelbarer Nähe des Produktnamens angegeben werden und zusätzlich im Zutatenverzeichnis erscheinen.

Zusammengefügte Fleisch- oder Fischstücke

Einige Fleisch- oder Fischprodukte sehen zwar aus wie ein gewachsenes Stück Fleisch oder Fisch, bestehen aber aus verschiedenen Stücken, die zum Beispiel durch Lebensmittelenzyme zusammengefügt wurden. Dies muss durch den Hinweis „aus Fleischstücken“ bzw. „aus Fischstücken zusammengefügt“ gekennzeichnet werden.

Raffinierte pflanzliche Öle und Fette

Raffinierte pflanzliche Öle und Fette mussten bislang nur mit ihrem Klassennahmen angegeben werden, zum Beispiel „Pflanzenöl“. Nun muss auch ihre pflanzliche Herkunft angegeben werden, zum Beispiel „Palmöl“ oder „Pflanzenfett (Kokos)“.

Einfrierdatum

Bei eingefrorenem Fleisch, Fleischzubereitungen und eingefrorenen unverarbeiteten Fischerzeugnissen muss das Einfrierdatum mit dem Aufdruck „eingefroren am …“ angegeben werden.

Koffeinhaltige Lebensmittel

Getränke mit einem erhöhten Koffeingehalt, zum Beispiel Energydrinks, müssen einen Hinweis tragen, dass diese nicht für Kinder, Schwangere und Stillende empfohlen sind. Auch auf anderen Lebensmitteln bei denen Koffein aus physiologischen Gründen zugesetzt wurde, müssen ein entsprechender Hinweis und Angaben zum Koffeingehalt vorhanden sein.

Nanokennzeichnung

Alle Zutaten, die in Form technisch hergestellter Nanomaterialien im Lebensmittel vorhanden sind, müssen im Zutatenverzeichnis eindeutig aufgeführt werden. Auf die Bezeichnung solcher Zutaten muss das in Klammern gesetzte Wort „Nano“ folgen.

Internet-Handel

Bei vorverpackten Lebensmitteln, die über das Internet verkauft werden, müssen alle Pflichtangaben mit Ausnahme des Mindesthaltbarkeitsdatums schon vor dem Abschluss des Kaufvertrags auf der Internetseite verfügbar sein.

Herkunftskennzeichnung bei Fleisch

Seit dem 1. April 2015 muss unverarbeitetes und vorverpacktes Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch verpflichtend mit dem Aufzuchtort und dem Schlachtort des Tieres gekennzeichnet werden.