Fair ist anders

Konsum: Die wahren Kosten von Billigmode

25. März 2017 von

Die Kosten der Textilindustrie übersteigen materielle Dinge wie Geld. Menschen bezahlen mit ihrer Gesundheit oder gar ihrem Leben dafür, dass die Labels – billige wie teure – stets neue Kollektionen anbieten können. Und am Ende sind wir alle betroffen, denn die Textilindustrie gehört zu den größten Umweltsündern.

„Primark“, „H&M“ & Co. bieten Billigmode im Überfluss an. Wer in solchen Läden kauft, meint: Hier gibt es viel für wenig Geld, denn die Kleidung wird zu Spottpreisen verkauft. Belohnt werden die SchnäppchenjägerInnen mit einem kurzen Glücksgefühl beim Kauf, das meist nur so lange anhält bis das Teil zu Hause im Kleiderschrank verschwindet und schnell in Vergessenheit gerät. Den wahren Preis zahlen also längst nicht mehr die Käufer, sondern die Arbeiter in der Textilindustrie, welche die Kleider meist unter schlimmen Bedingungen produzieren.

Myanmar ist das neue Mekka der Billigproduktion

Im August 2013 starben in Bangladesch beim Einsturz eines Gebäudes, in dem zahlreiche westliche Textilkonzerne produzieren ließen, mehr als 1.100 Menschen – mehr als 2.000 wurden verletzt. Viele internationale Unternehmen fürchteten um ihr Image und zogen weiter in das noch unbelastete Myanmar.

Dort boomt seitdem die Textilindustrie. Mehr als 400 Fabriken mit rund 400.000 Angestellten – fast ausschließlich Frauen – gibt es in dem Nachbarland Thailands bereits.Doch auch dort wird die Kleidung für den Weltmarkt unter schlechten Bedingungen produziert — sogar Kinderarbeit gehört dazu.

Teure Markenkleidung ebenfalls billig produziert

Viele meinen, dass ein höherer Preis bei Kleidung höhere soziale und ökologische Standards bedeutet. „Das ist aber ein Trugschluss“, so Kirsten Clodius, Referentin der Kampagne für saubere Kleidung bei der „Christlichen Initiative Romero“ (CRI).

Denn auch teure Luxusmarken wie „Hugo Boss“, „Max Mara“, „Hollister“ oder „Tommy Hilfiger“ produzieren unethisch — häufig sogar in den selben Fabriken wie „H&M“ & Co.

Täuschung durch Herkunftsland im Etikett

Die Angabe eines Herkunftslandes auf Kleidungsetiketten ist für Kunden übrigens nicht aufschlussreich. Es gibt weder eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für Textilhersteller, noch muss das angegebene Herkunftsland der Ort sein, an dem eine Textilie zugeschnitten und zusammengenäht worden sei, sagt Kirsten Clodius von CIR.

So kann „Made in Spain“ lediglich bedeuten, dass in Spanien die Knöpfe an die fertige Bluse angenäht wurden.

Die dunkle Seite der Textilindustrie

Doch was genau läuft hinter den Kulissen der Textil- und Bekleidungsbranche ab, für die weltweit mehr als 60 Millionen Menschen arbeiten?

Die meisten Fabriken stehen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die dort produzierte Kleidung wird exportiert. Auch der Großteil der in Deutschland verkauften Kleidung stammt aus dem Ausland, denn dort kann billig produziert werden — auf Kosten der ArbeiterInnen und der Umwelt.

Die größten Probleme der Textilindustrie sind:

1. Extrem niedrige Löhne

Das Gehalt der Angestellten in Textilfabriken ist so niedrig, dass es meist nicht ausreicht um davon Miete, Essen, den Schulbesuch der Kinder oder eine ärztliche Versorgung zu bezahlen. In Myanmar liegt der Mindestlohn beispielsweise bei umgerechnet 2,50 Euro pro Tag. Krankheits- oder Urlaubsgeld gibt es nicht.

2. Unmenschliche Arbeitszeiten

Aufgrund der viel zu niedrigen Löhne sind die meisten ArbeiterInnen gezwungen täglich Überstunden zu machen, häufig bis in die frühen Morgenstunden.

Oft üben internationale, darunter auch deutsche Einkäufer, extremen Termin- und Leistungsdruck auf die Textilfabrikanten aus. Leidtragende sind die Näherinnen und Näher. Sie arbeiten in solchen Fällen nicht nur 10 bis 12, sondern bis zu 16 Stunden am Tag — oftmals an allen sieben Wochentagen.

3. Mangelnder Gesundheitsschutz

Die großen Baumwoll-Monokulturen der Textilbranche werden mit Pestiziden vor Schädlingen geschützt. Diese werden oft per Hand versprüht oder von Flugzeugen über den Feldern abgelassen, selbst während dort Menschen arbeiten.

Auch in den Textilfabriken gibt es kaum Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen. Hier wird ungeschützt mit giftigen Chemikalien hantiert. Besonders gefährlich ist auch das übliche Sandstrahlen von Jeans für den „Used Look“, wodurch die ArbeiterInnen nicht selten an einer lebensgefährlichen Staublunge erkranken.

4. Kaum Sicherheitsstandards

Der Einsturz des Gebäudes in Bangladesch im Jahr 2013 mit tausenden Toten und Verletzten ist nur ein trauriger Beweis dafür, wie es um die Sicherheit vieler Textilfabriken bestellt ist.

Immer wieder kommt es zu schweren Unfällen, weil Sicherheitsstandards ignoriert werden, so das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“.

5. Extreme Umweltzerstörung

Nicht nur tausende von Menschen leiden unter der Textilindustrie, auch die Natur wird für Mode zerstört. Verseuchte Flüsse, durch Monokulturen ausgelaugte und durch Pestizide vergiftete Böden, auf denen keine Baumwolle mehr wächst sowie Gensaatgut gehören zu den Problemen der konventionellen Textilherstellung.

Zudem gelangen die Pestizide aus dem Baumwollanbau und die Chemikalien aus den Textilfabriken vielerorts in Flüsse und Gewässer und vergiften Grund- und Trinkwasser. So bedroht die Textilindustrie letzten Endes unser aller Lebensraum.

Tipps für verantwortungsvolles Shoppen

  • In Läden oder Versandhäusern einkaufen, die ökologische und fair gehandelte Kleidung anbieten. Eine gute Übersicht über zahlreiche Ökomode-Hersteller gibt es hier.
  • Auf Gütesiegel achten, welche die Einhaltung ökologischer und/oder sozialer Standards bestätigen (z.B. Fairtrade-Siegel sowie die Label „GOTS“ und „IVN Best“).
  • Eine Bewertung der Glaubwürdigkeit von Umwelt- und Sozialsiegeln für Textilien gibt es hier.
  • Etwas zurückgeben. Einige Labels zum Beispiel „Madekind“ spenden einen Teil des Gewinns an das jeweilige Produktionsland zurück.
  • Weniger ist mehr! Hochwertige Kleidung vorziehen, die länger als eine Saison hält.
  • Statt Spontankäufen die Kleidung im Geschäft lieber erst einmal zurück hängen lassen oder die Rücksendefrist beim Onlineshopping nutzen um Fehlkäufe zu vermeiden.
  • Informiert bleiben. Auf speziellen Internetseiten gibt es aktuelle News rund um das Thema faire Kleidung.
  • Gebrauchte Kleidung kaufen. Entweder auf entsprechenden Portalen im Internet oder beim Shoppingbummel durch Vintageläden.