„Natürlicher“ Geschmacksverstärker

Hefeextrakt statt Glutamat: Wie Hersteller die Zutatenliste aufhübschen

17. März 2017 von

Der Einsatz von Geschmacksverstärkern wie Glutamat und Co. ist heutzutage in Fertiggerichten und anderen Produkten gang und gäbe. Viele Hersteller werben jedoch mittlerweile mit dem Verzicht auf künstliche Zusatzstoffe oder steigen auf „natürliche“ Zutaten wie Hefeextrakt um. Problem: Auch dieser Stoff wirkt geschmacksverstärkend!

Glutamat ist wohl der bekannteste Geschmacksverstärker und besteht aus den Salzen der Glutaminsäure. Er wird hauptsächlich als industriell hergestellte Zutat in der Produktion von Fertiggerichten, Suppen oder Knabberartikeln verwendet und soll den Lebensmitteln einen konstant würzig-fleischigen Geschmack verleihen.

In natürlicher Form kommt der Eiweißbaustein Glutamat aber auch in vielen Lebensmitteln vor, zum Beispiel in Käse, Tomaten, Sojasoße und auch in Hefeextrakt.

Hefeextrakt und Glutamat – Wo liegt der Unterschied?

Hefeextrakt enthält rund fünf bis zwölf Prozent der natürlich vorkommenden Glutaminsäure und ist von der chemischen Struktur her mit dem industriell hergestellten Zusatzstoff identisch.

Die natürliche Substanz wird aus Hefe gewonnen und ist eigentlich das Konzentrat der löslichen Inhaltstoffe der Hefezellen. Bei der Extraktion werden diese durch Wärme abgetötet und die Hefe hört auf zu wachsen. Hefe-eigene Enzyme spalten die Eiweiße aus der Hefe und lösen die Zellwände der Hefezellen teilweise auf. Der entstandene Zellsaft wird dann „gewaschen“ und konzentriert. Übrig bleibt Hefeextrakt, der sogar in kleinen Mengen noch Vitamine und Mineralstoffe enthält. Durch die Extraktion wird die natürliche Glutaminsäure freigesetzt, die auch bei Glutamat für den Geschmack verantwortlich ist.

Hefeextrakt ist nicht kennzeichnungspflichtig!

Glutamat steht in Verdacht, sich gesundheitsschädigend auf das Nervensystem auszuwirken sowie Kopfschmerzen und Übelkeit zu verursachen – deshalb stehen viele Verbraucher Geschmacksverstärkern eher ablehnend gegenüber.

Viele Lebensmittelhersteller schrauben deshalb ihren Glutamat-Einsatz zurück und bewerben ihr Produkt mit Slogans wie „ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe“, was aber oft schlicht und ergreifend nicht stimmt.

Statt Glutamat wird nun eben Hefeextrakt verwendet, der trotz seiner glutaminreichen Anteile, offiziell nicht du den „geschmacksverstärkenden Stoffen“ zählt und daher nicht gekennzeichnet werden muss. Frei von Zusatzstoffen sind die Produkte somit keineswegs.

Verbrauchertäuschung

Die „Verbraucherzentrale Hamburg“ untersuchte 151 Etiketten aus 12 Lebensmittelgruppen und fand in rund 92 Prozent der Produkte mit dem Label „ohne Geschmacksverstärker“, dennoch Hefeextrakt.

Die Label auf den Verpackungen geben dem Verbraucher also keine klaren Angaben über die wirklichen Inhaltstoffe der Produkte. Viele Hersteller versuchen den Verbrauchern auch Natürlichkeit vorzugaukeln, indem sie sogenannte „saubere Etiketten“ aufdrucken, wie „Natur pur“ oder „natürlich“.

Unilever entfernt getarnte Geschmacksverstärker

So geriet auch „Unilever“ mit der „Knorr Feinschmecker Tomatensuppe Toscana“ in die Kritik. Der Konzern bewarb die Tütensuppe mit dem Slogan „Natürlich ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe“ – trotz enthaltenem Hefeextrakt.

Die „Verbraucherzentrale Sachsen“ verklagte den Konzern daraufhin und verlor im September 2016 die Klage, die Aussage sei keine Verbrauchertäuschung. Das sieht die „Verbraucherzentrale Sachsen“ in einem Statement nach Prozessende anders: Kunden „erwarten bei einer solchen werblichen Aussage, dass der Geschmack weder durch Geschmacksverstärker noch durch Hefeextrakt verstärkt wird.“

Etwas Hoffnung besteht jedoch: Aufgrund der kritischen Diskussion entfernte „Unilever“ in der Produktlinie „Natürlich lecker“ getarnte Geschmacksverstärker – wie Würze oder Hefeextrakt – aus ihrer Rezeptur.