Gentechnik

Gentechnik im Essen – Wollen wir das wirklich?

06. Aug. 2014 von

Vor mehr als zehn Jahren begannen erste Landwirte in den USA, gentechnisch veränderte Pflanzen anzubauen. Schnell zogen andere Länder wie Argentinien, Kanada und Brasilien, Paraguay, Südafrika, Indien oder China nach, und gehören heute zu den Hauptlieferanten von genmanipulierten Rohstoffen.

Doch während Verbraucher in diesen Ländern ohne Bedenken zum gentechnisch veränderten Lebensmittel greifen, lehnen laut Forsa-Umfrage hierzulande rund 80% der Menschen genmanipulierte Lebensmittel ab.

(Un-)Sinn Gentechnik – Warum Lebensmittel in ihrem Erbgut verändert werden

Die Vision hinter der grünen Gentechnik ist einleuchtend: Pflanzen könnten so gezüchtet werden, das sie auch auf schlechten Böden wachsen und an widrige Umweltbedingungen wie etwa wenig Wasser angepasst wären. Damit könnten Länder wie Afrika oder Indien flächendeckend gegen den Hunger im Land zu wirken. Eine Möglichkeit, die sicher längst nicht die beste Lösung des Problems darstellt.

In der Realität investieren die großen Saatgutfirmen jedoch bevorzugt in die Entwicklung möglichst starker Pflanzen, die sich in reichen Ländern vermarkten lassen. Es geht wie so oft um Profit. Die Firmen verändern die Erbsubstanz etwa von Mais, Raps, Soja oder Reis dahingehend, dass die Pflanzen widerstandsfähiger gegen Schädlinge oder unempfindlich auf Unkrautbekämpfungsmittel sind. Auch die Haltbarkeit von Rohstoffen ebenso wie ihr Aussehen kann durch Gentechnik verändert werden.

Gefahr durch Gentechnik für Mensch und Umwelt?

Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen kann zu einem massiven Eingreifen in die Umwelt werden. Denn einmal gesetzte Pflanzen, bleiben im Ökosystem und können das Gleichgewicht drastisch stören. Durch Insekten oder auch Wind werden auch Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen verbreitet, wobei spezielle genetische Merkmale wie etwa die Unempfindlichkeit gegenüber Unkrautbekämpfungsmittel auf Wildkräuter, herkömmliche Nutzpflanzen oder Unkraut übergehen kann. Als Folge kommt es zur ungehinderten Ausbreitung etwa für den Menschen schädlicher Pflanzen sowie einer stetigen Verbreitung der Genpflanzen, die nicht mehr durch Menschenhand steuerbar ist. In Kanada konnte beispielsweise seit der Erstbepflanzung mit Gen-Mais eine fast flächendeckende Ausbreitung über den Pollenflug beobachtet werden.

Landwirte müssen auf die Resistenzen-Bildung von schädlichen Pflanzen mit immer neuen Giftmischungen reagieren, um Ihren Ertrag zu schützen. Die verwendeten Giftstoffe gelangen aber nicht nur an die Pflanzen, sondern auch direkt in die Böden, wo sie den Weg in den Wasserkreislauf und damit auch in die Rohstoffe finden. Zudem gilt auch die Bedrohung der heimischen Tierwelt durch Genpflanzen als nachgewiesen: Der schädlingsresistente Bt-Mais etwa ist nicht nur schädlich für den Maiszünsler, sondern vergiftet auch Schmetterlingsarten wie das Tagpfauenauge oder den Schwalbenschwanz.

Für den Menschen kann die Gefahr durch genetisch veränderte Lebensmittel greifbar werden, wenn sogenannte Antibiotikaresistenz-Gene bei einer Pflanze eingesetzt werden. Diese Gene können von Pflanzen auf Mikroorganismen wie etwa Bakterien übergehen und stehen damit in Verdacht, menschliche Krankheitserreger resistent gegen Antibiotika zu machen. Kranke Menschen mit einer entsprechenden Infektion sind einem gegen Antibiotika resistenten Bakterium somit ausgeliefert und werden existentiell bedroht. Zudem stehen gentechnisch veränderte Lebensmittel im Verdacht, Allergien auszulösen.

Lebensmittel ohne Gentechnik – Kennzeichnungspflicht mit Lücken

Aus all den genannten Gründen hält sich der Anbau genmanipulierter Pflanzen in Europa sehr in Grenzen. In Deutschland erfolgt die Saat derzeit lediglich zu wissenschaftlichen Zwecken. Deutsche Lebensmittelhersteller verzichten zudem – auch dank der breiten Ablehnung der Verbraucher – weitgehend auf gentechnisch veränderte Zutaten. So achten Sie etwa beim Import von Rohstoffen auf die genaue Herkunft der Produkte.

Sind wir also als Verbraucher in Europa geschützt? Nach einer EU-Verordnung vom April 2004 müssen Hersteller in Europa auf die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen in ihren Produkten hinweisen, selbst wenn das veränderte Erbgut nicht mehr nachweisbar ist, wie etwa in Sojaöl. Hier muss der Hinweis „genetisch verändert“ oder „aus genetisch verändertem ... hergestellt“ deutlich sichtbar auf dem Etikett zu finden sein.

Kennzeichnungsfrei sind hingegen Produkte, die nicht direkt aus gentechnisch veränderten Organismen, sondern mithilfe von Gentechnik hergestellt werden. Bei Süßigkeiten und Backwaren etwa kann der Verbraucher noch immer nicht nachverfolgen, ob bei der Herstellung zu einhundert Prozent gentechnikfreie Zusatzstoffe eingesetzt wurden. Denn Geschmacksverstärker oder Vitamine werden oftmals mit Hilfe von gentechnisch veränderten Bakterien oder Hefen erzeugt.

Auch wer Milchprodukte, Eier, Fleisch- oder Wurstwaren kauft, weiß nicht, ob diese Lebensmittel von Tieren stammen, die genetisch unverändertes Mais oder Soja als Nahrung bekommen haben. Nach dem neuen Gentechnikgesetz von 2008 sollte jeder Hersteller mit dem Gütesiegel „ohne Gentechnik“ kenntlich gemacht werden, der ohne gentechnisch veränderte Pflanzen arbeitet – auch im Tierfutter. Doch ist dieses Gütesiegel freiwillig. Welche Unternehmen das Siegel nutzen, erfährt man bei Ohnegentechnik oder der Verbraucherzentrale. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, hält sich an kontrollierte Bioware. Diese ist immer gentechnikfrei erzeugt und erkennbar am EU-Biosiegel. Große Auswahl halten Reformhäuser oder Naturkostläden für interessierte Verbraucher bereit.

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gelangen noch immer unzählige Lebensmittel auf unseren Markt, die in irgendeiner Form mit Gentechnik in Berührung gekommen sind. Meist enthalten etwa Produkte wie Margarine, Fertigsuppen, Schokolade oder Chips gentechnisch veränderte Verunreinigungen, deren Anteil je Zutat geringer als 0,9 Prozent und damit kennzeichnungsfrei ist. Für den Verbraucher bedeutet das: Selbst wenn Packungen studiert und das Kleingedruckte gelesen werden, können gentechnisch veränderte Lebensmittel in unserem Einkaufswagen landen.

Nützliche Tipps beim Kauf gentechnikfreier Lebensmittel

Die einhundertprozentige Sicherheit für Verbraucher, dass es sich bei einem Produkt um ein völlig gentechnikfreies Erzeugnis handelt, gibt es derzeit leider nicht. Wir von Codecheck halten Verbraucher aber über Neuigkeiten aus dem Bereich „Gentechnik in Lebensmitteln“ auf dem Laufenden und stehen mit Rat zur Seite.

Unser Tipp: Wer regional isst, verringert das Risiko, an gentechnisch veränderte Lebensmittel zu gelangen. Nutzen Sie das Angebot der Kleinbauern in der Umgebung und fragen Sie gezielt nach den dort eingesetzten Futtermitteln. Zwar müssen Verbraucher hier oft tiefer in die Tasche greifen, doch sollten gentechnikfreie Lebensmittel uns das wert sein. Besondere Aufmerksamkeit sollte bei importieren Produkten aus Ländern gelten, die Gentechnik offen bejahen. Essen wir besser regional gesund und stärken somit die eigene Wirtschaft.

Ansonsten lohnt sich ein Besuch auf der Website von Greenpeace, die stets aktuelle Abfragen von genmanipulierten Lebensmitteln in verschiedenen Supermärkten veröffentlichen. Als unbedenklich und frei von Gentechnik gelten im Speziellen etwa die Milchmarke Landliebe, Bauer- Joghurt, Zott-Mozzarella, Rotkäppchen-Markenkäse, Goldsteig-Käse, Grünländer- Käse, die Schwarzwälder Milch oder die Upländer Bauern Molkerei sowie Wiesenhof- Fleisch oder die Firma HIPP.

Doch auch „schwarze Schafe“ tummeln sich: Firmen wie Weihenstephan, Bärenmarke, Molkerei Müller, Schwälbchen oder Du-darfst wollen noch immer nicht auf Gen-Futter verzichten. Vorsicht ist zudem bei den Geflügelproduzenten Süddeutsche Truthahn AG, Sprehe Geflügel- und Tiefkühlfeinkost oder Vossko geboten. Hier wandert genmanipuliertes Futtermittel zu den Tieren. Wer wissen möchte, welcher Hersteller sich hinter einem Produkt verbirgt, kann das Angebot von Das Ist Drin nutzen.