Düstere Zukunft

Die Massentierhaltung und das Antibiotika-Problem

10. Okt. 2015 von

In der Massentierhaltung werden zunehmend Reserveantibiotika eingesetzt, die in Notfällen auch Menschen verschrieben werden. Für unsere Zukunft verspricht dies nichts Gutes.

Weltweit setzen Landwirte und Produzenten von Mastbetrieben in der Massentierhaltung Medikamente ein, mit denen man sparsam sein sollte. Antibiotika, welche auch an Menschen angewandt werden, sollen dafür sorgen, dass die Tiere gesund bleiben, oder allfällige Krankheitserreger abgetötet werden. Doch wendet man Antibiotika zu oft an, bilden die Bakterien Resistenzen. Die Medikamente wirken dann nicht mehr. Weder bei Hühnern noch beim Menschen.

Wird ein Tier krank, werden alle behandelt

Das Prozedere bei der Massentierhaltung sieht meist so aus: Sagen wir, ein Betrieb hat 40.000 Tiere. Diese leben engen beisammen, trinken und fressen immer das Gleiche. Vermutet der Landwirt, dass eines oder mehrere Tiere krank sind, holt er Hilfe vom Tierarzt. Dieser verordnet ein Antibiotikum, welches mehrere Erreger erwischt, ein sogenanntes Breitbandmedikament. Die Mitarbeiter mischen es in das Trinkwasser für den gesamten Stall. Alle 40.000 Tiere werden es trinken.

Sollte also nur ein einziges Tier krank sein, werden trotzdem alle Tiere behandelt. Die Landwirte argumentieren, es sei zu aufwendig, den alleinigen Schuldigen zu finden und zu behandeln. Gerade bei Hühnern sei dies fast unmöglich. Das Problem ist, dass Antibiotika sehr selten eingesetzt werden sollte. Denn Bakterien gewöhnen sich an die Mittel, die sie abtöten sollten, und entwickeln Resistenzen. So kann es also sein, dass übliche Medikamente bei der Massentierhaltung nicht mehr wirken. Dann kommen die sogenannten Reserveantibiotika zum Einsatz.

Die Reserve geht aus

Reserveantibiotika werden neuere Medikamente genannt, an die sich die Keime noch nicht gewöhnt haben. Beim Menschen werden diese nur eingesetzt, wenn die Ärzte den Patienten nicht mehr anders retten können. Im Notfall also. In der Humanmedizin hat sich diese Erkenntnis langsam durchgesetzt. Denn auch die Reserveantibiotika können nutzlos werden, haben sich die Keime erst einmal daran gewöhnt.

Bei landwirtschaftlichen Massenbetrieben in Europa, den USA und anderswo, werden Reserveantibiotika jedoch immer häufiger eingesetzt. Das System der Hochleistungszucht lässt keinen Raum für Bedenken zu. Den Produzenten geht es in erster Linie um Profit. Und wenn das Risiko besteht, dass Tiere krank, und somit nutzlos werden, holt man auch die Reserve aus dem Arzneischrank. Das sind auch Mittel, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), als besonders wichtig für den Menschen eigestuft werden.

Ihre Wirkung droht verloren zu gehen. Die WHO warnt vor einer Zeit, in der es keine Mittel gegen bakterielle Erreger mehr gebe. Gewöhnliche Infektionen und kleinere Verletzungen könnten in Zukunft also tödlich enden. Schon jetzt sterben jedes Jahr bis zu 700.000 Menschen an Infektionen mit Keimen, die auf kein Medikament mehr reagieren.

EU will strengere Regeln einführen

In Deutschland werden doppelt so viele Antibiotika in der Tiermedizin eingesetzt, als in der Humanmedizin. Schweine, Hühner und Rinder seien längst gegen die meisten Antibiotika resistent. Landwirte, Tierärzte und Mitarbeiter, die täglich mit den Tieren zu tun haben, tragen die Keime im Körper und tragen sie weiter. Wird jemand krank, gibt es kein Gegenmittel mehr.

Das Europäische Parlament will den Einsatz von Reserveantibiotika in den Ställen verbieten. Gewisse, neue Medikamente, sollten nur dem Menschen vorbehalten werden – und dies auch nur im Notfall. Eine schwarze Liste von Reserveantibiotika sei das Ziel. Diese wären dann in der Tiermedizin verboten. Doch mit resistenten Keimen belastetes Fleisch könnte dann von den USA nach Europa gelangen. Dort wird Antibiotika sogar als Wachstumsbeschleuniger beigemischt. Dem transatlantischem Freihandelsabkommen (TTIP) sei Dank!