Kein geiler Geiz mehr

Der Mentalitätswandel bei Konsumenten

21. Jan. 2016 von

Die Bewusstseinsveränderung der Konsumenten, hin zu einer besseren Lebensmittelqualität hat Folgen – für die Billig-Discounter zum Beispiel.

Umweltschützer, aufmerksame Bürger und Verbraucherorganisationen weltweit fordern schon lange ein Umdenken der Konsumenten – weg vom Massenkonsum, hin zu bewussteren Kaufentscheidungen. Wie Zeit Online vor wenigen Tagen berichtete, findet dieser Umbruch nun statt. Dies verdeutlichen höhere Marktanteile von „Qualitäts-Supermärkten“ wie Edeka und Rewe. Die „Zeit“ zitiert in diesem Zusammenhang Wolfang Adlwarth, Handelsexperte der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK): „Wir erleben den Anfang vom Ende der Geiz-ist-geil-Einstellung“. Was für Folgen hat das?

Aldi und Lidl wollen weg von billig

Der moderne deutsche Konsument mit mehr Taschengeld in der Jacke wünscht sich Regionalität und bio, und zwar zu fairen Preisen für den Produzenten. Es scheint, als ob es den Menschen nicht mehr nur um einen günstigen Preis geht. Dies liegt einerseits an unserer guten Wirtschaftslage, andererseits machen sich Verbraucher wieder mehr Gedanken um Gesundheit und „Lebens“mittel – also „Mittel zum Leben“, die uns langfristig helfen sollen, gesund zu bleiben.

Auch Food-Skandale wie Pferdefleischlasagne, Massentierhaltung und höhere Pestizidwerte bei Import-Lebensmitteln (beispielweise Gemüse aus Asien) haben das Bewusstsein des Konsumenten geschärft. Das heißt, dass auch die Billig-Discounter Aldi und Lidl reagieren müssen, um mit ihren Sortimenten up to date zu bleiben. Erreichen wollen sie dies, indem sie neue Ladenkonzepte ausprobieren.

Discounter „vergraulen“ Kunden mit neuen Strategien

Die Discounter möchten sich also ebenfalls eine Scheibe Qualität abschneiden – und natürlich vermeiden, dass sie weiter Marktanteile an die Supermärkte verlieren. Aldi und Lidl setzen vermehrt auf Markenprodukte, wie etwa im Schokoladen- und Süßigkeitensegment. Oder die Discounter werben mit Qualitäts-Botschaften und Regionalität: „Da steckt richtig viel Schweiz drin“, war beispielsweise in der Schweiz in letzter Zeit oft zu sehen. Eine Strategie, die möglicherweise schiefgeht.

Wie aus dem Quelltext in der Zeit hervorgeht, lässt sich der deutsche Konsument nämlich gerne in eine Schublade stecken: Der Discount-Kunde würde nie aussterben, heißt es, denn es werde immer Menschen geben, die auf den Preis achten müssen. Dass diese Menschen mit der neuen Qualitätsstrategie „verschreckt“ und dadurch abwandern würden, fürchten Experten und erklären im selben Satz: Dieser Konsument entscheidet aufgrund seines Eindrucks, bei wem es welches Lebensmittel am günstigsten gibt. Ist der Konsument so leicht durchschau- und seine Kaufhandlungen so vorhersehbar?

Zu viel Schubladendenken

Anscheinend schon, denn ebenso gerne in eine Schublade stecken lässt sich der urbane, moderne Kunde: Bärtiger Hipster, Single-Städterin, typische Supermarkt-Konsumenten eben. Und diese erwarten jede Menge Service im Markt oder der „Food-Hall“: Fleisch- und Käse- Frischtheke, exotische Smoothies, Sushibars und Fotos von lächelnden Bauern mit glücklichen Kühen aus der Region.

Die Bottom-Line: Um den Kunden bei der Stange zu halten, muss sich ein Supermarkt-Unternehmen gut verkaufen, seine Filialen hübsch herrichten und die präsentierten Marken hochwertig darstellen, damit sie teuer erscheinen, als sie es wirklich sind. So lassen sich Verbraucher von einer Qualität überzeugen, die gar nicht unbedingt echt ist. Denn wie sollen wir als bewusste Konsumenten sichergehen?

Um ein Beispiel zu nennen

Letzte Woche berichteten wir über ethische Missstände und Qualitätsdefizite bei Dr. Oetker, die Öko-Test aufgedeckt hat - und die Produkte dieses Unternehmens verkaufen Discounter ebenso wie Supermärkte. Wir fragen uns daher: Ist dieser sogenannte Mentalitätswandel der Konsumenten wirklich „echt“ und „nachhaltig“, oder ist es nur ein scheinbarer Prozess?

Solange sich der Konsument noch von Schein und Glanz täuschen lässt und Experten Sätze wie: „Die tatsächliche Qualität der Produkte ist dabei gar nicht allein entscheidend, es geht auch um die wahrgenommene", rausposaunen, sind wir noch nicht zu 100 Prozent dort, wo wir als bewusste Konsumenten sein sollten. Aber der Schritt zu Regionalität und gesünderen Kaufentscheidungen geht ganz sicher in die richtige Richtung.