Bewusster Fleischkonsum: Diese Firma macht’s möglich

Darf Fleisch ein Gesicht haben?

18. Juli 2016 von

Fleisch ist in aller Munde: Billig gekauft, schnell verzehrt. Mich persönlich stößt diese Billigfleisch-Mentalität ab – ich sträube mich dagegen für Sonderpreise ins untere Warenregal zu greifen oder an einem Eimer Chicken Wings mit unzähligen Hühnerbeinchen zu knabbern. Ich möchte bewusst Fleisch essen. Eine Firma aus dem Berliner Umland macht das möglich.

Fleisch einen Wert geben

Das Unternehmen „Meine kleine Farm“ produziert „Wurst mit Gesicht“. Das heißt: Auf die hergestellten Produkte wird jeweils ein Foto des geschlachteten Tiers gedruckt.

Auf der Homepage der Firma kann ich mich als Verbraucher dann vollkommen transparent über das Leben des Tieres oder den Bauernhof informieren: Wo ist es aufgewachsen? Wie hat es gelebt? Oder: Wie alt wurde es?

Die Idee zu dem Projekt „Meine kleine Farm“ hatte Dennis Buchmann. Codecheck hat mit ihm gesprochen.

Meine kleine Farm
Meine kleine Farm.org

„Meine kleine Farm“-Interview

Wie erlebst Du den Fleischkonsum in unserer Gesellschaft?

„Wir empfinden den Fleischkonsum als viel zu hoch: Fleisch und Wurst sind einfach zu billig. Das ist übrigens auch einer der größten Treiber der Klimaerwärmung. Es gibt ja fast nur anonyme Massenware, bei der man gar nicht erst wissen will, unter welchen Umständen sie produziert worden ist – Transparenz würde einem hier den Appetit verderben. Doch nur industrielle Strukturen in der Tierhaltung und Fleischverarbeitung sind in der Lage, bei solchen Discounter-Preisen Gewinne zu erwirtschaften – auf Kosten der Tiere, der bäuerlichen Landwirtschaft und der handwerklichen Verarbeitung.“

Wie sind die Reaktionen auf das Projekt?

„Natürlich gibt es Leute, die ihrer Wurst nicht ins Gesicht sehen wollen, die also ausblenden möchten, dass ein Tier für die Leberwurst oder den Braten sterben musste. Ab und zu echauffieren sich auch militante Vegetarier oder Veganer, dass wir schließlich auch davon leben, dass Schweine, Rinder oder Schafe geschlachtet werden.“

Aber es gibt auch sehr viele positive Reaktionen …

„Von Menschen, denen die Transparenz jenseits von Bio-Siegeln bis hin zum Tier wichtig ist, die bewusst wenig Fleisch essen und die die Arbeit des Bauern und des traditionellen Metzgers wertschätzen.“

Meine kleine Farm
Meine kleine Farm.org

Wie wählst Du aus mit welchen Bauern ihr zusammenarbeitet?

„Freilandhaltung ist das wichtigste Kriterium. Das ist in Deutschland besonders in der Schweinehaltung leider sehr selten geworden. Ob bio oder nicht, ist nicht ganz so wichtig. Es gibt auch gute Gründe, sich nicht bio-zertifizieren zu lassen. Natürlich sollen die Bauern die Idee des Gesichts mittragen und bereit sein, auch über das Tierfoto hinweg Informationen bereitzustellen und spontane Kundenanfragen zu beantworten. Zudem wollen wir die Transportwege für die Tiere so kurz wie möglich halten, daher sollte der Bauernhof nicht allzuweit von einem Metzger entfernt sein.“

Warst Du selbst schon mal beim Schlachten dabei?

„Ja – wir würden aber nicht so weit gehen wie unser Partnerbauer Bernd Schulz, zu sagen, dass jeder Fleischgenießer auch Schlachtungen beiwohnen muss.“

Was hälst du von Veganismus?

„Das ist auch eine Art, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Der Fleischkonsum muss reduziert werden, das ist klar. Wir denken, dass man die Welt aber auch mit beWurstem Fleischkonsum besser machen kann. Das Paradoxe ist ja zum Beispiel, dass man den Erhalt seltener Nutztierrassen fördert, indem man diese Tiere isst und somit der Bauer motiviert wird, etwa das Husumer Protestschwein weiter zu halten. Auch ist Tierhaltung ein wichtiger Bestandteil von nachhaltigem Ackerbau, da der Mist als Dünger verwendet wird. Und Fleisch schmeckt einfach gut.“