Unwürdige Produktionsbedingungen in Thailand

Crevetten aus Zwangsarbeit in Schweizer Supermärkten

12. Feb. 2016 von

Migros, Aldi Suisse und Co. verkaufen Shrimps aus unwürdigen Produktionsbedingungen aus Thailand. Was die grossen Detailhändler dazu sagen und wie es den Menschen in der Fischerei-Industrie Thailands geht, erfährst du hier.

Zwangsarbeiter schuften für die Herstellung von Shrimps, die in den Regalen der Schweizer Detailhändler und Supermärkte landen – eine Reportage der Sonntags-Zeitung berichtet über die ungeheuerlichen Verhältnisse der thailändischen Fischerei-Industrie. Konkret ist von Sklaverei, Ausbeutung und Kinderarbeit die Rede.

Angst, über Bord geworfen zu werden

Meist sind es arme Menschen aus Burma, die im benachbarten Thailand verzweifelt Arbeit suchen. Gerade junge Menschen seien leichte Beute für Menschenhändler. Da diese Menschen meist illegal im Land sind, können sie sich kaum gegen Ausbeutung und Missbrauch wehren. Für gerade mal 400 Franken werden sie verkauft und enden auf einem Fischkutter vor Osttimor. Diese Boote sind Sklavenschiffe. Ein junger Burmese erzählte dem Schweizer Reporter von seinen Erfahrungen auf den Schiffen: Keine Erholung, nur kurze Pausen zum Schlafen, einmal täglich eine kleine Essensration. Überwacht wurden sie mit Kameras. Aus Angst über Bord geworfen zu werden, gehorchten die Leute.

Die Schiffe bleiben immer auf offener See. Es können Jahre verstreichen, bis man wieder Land sieht. Den Fang holt ein anderes Schiff ab und bringt gleichzeitig Vorräte. Die rechte Hand des jungen Mannes ist verstümmelt. Er verlor seine Finger, als er ein Fischernetz hochziehen wollte. Kameraden, die krank wurden, liess man keine Hilfe zu kommen. Sie starben auf den Schiffen. An Flucht war nicht zu denken. Eine Hilfsorganisation befreite den Burmesen letzten August – nach über zehn Jahren Gefangenschaft.

Sklaven-Shrimps in unseren Supermärkten

Diese Sklaven schuften für die Herstellung thailändischer Crevetten, die auch in unseren Regalen stehen. Die Migros verkauft sie gefroren unter der Marke Pelican. Aldi Suisse vertreibt geschälte Shrimps mit Dip, die teils aus Thailand kommen. Und der Zürcher Importeur Stutzer verwendet Krabben aus Südostasien in einer Mischung aus gefrorenen Meerestieren und für Sushi. Die Produkte landen in kleinen Läden und Restaurants überall in der Schweiz.

Prekäre Arbeitsbedingungen

„Kunden in der Schweiz sollten wissen, dass es bei jeder Crevette aus Thailand an mindestens einer Stelle im Produktionsprozess zu inakzeptablen Arbeitsbedingungen kommt“, sagt Andy Hall, Co-Gründer der NGO Migrant Worker Rights Network.

Denn es sind nicht nur die Sklavenschiffe, die den Shrimps einen schlechten Beigeschmack geben. In der gesamten thailändischen Fischerei-Industrie gibt es grosse Probleme und Menschenrechtsverstösse. Kinder, die als Crevetten-Schäler in Fabriken arbeiten, Frauen die geschlagen werden, wenn sie sich ausruhen wollen, und Arbeiter, deren der volle Lohn abgezogen wird. Der grösste Teil der Menschen, die in der Industrie arbeiten, leben in einer Art Knechtschaft.

Das sagen Migros und Co.

Konfrontiert mit den Vorwürfen, erklärt die Migros, dass sie die Vorfälle sehr ernst nehme. Ausbeutung und Sklaverei seien für das Unternehmen nicht akzeptierbar, so Migros-Sprecher Tristian Cerf. Das grösste Detailhandelsunternehmen der Schweiz plant in den nächsten Monaten strengere Vorgaben umzusetzen.

Nestlé, die thailändische Crevetten als Katzenfutter verarbeiten, hat einen Aktionsplan entwickelt, welcher 2016 gestaffelt umgesetzt werden soll.

Aldi Suisse hingegen will keine Massnahmen ergreifen. Das Unternehmen lässt verlauten, dass man ausschliesslich Produkte aus nachhaltiger Produktion von zertifizierten Unternehmen vertreibe. Wie genau aber diese externen Produzenten kontrolliert werden, ist fraglich. Und Stutzer sagt, dass die Crevetten aus Thailand nur ein kleiner Teil des Angebots seien. Hauptsächlich verkaufe die Firma Crevetten aus Vietnam.

Schweiz tut (noch) nichts

Um den Menschen in der Fischerei-Industrie tatsächlich zu helfen, müsste ein Importverbot von Crevetten aus Thailand her. In den USA sind seit 2012 alle Bestellungen von Crevetten aus Thailand illegal. Die EU hat das Land des Lächelns bereits im vergangenen April aufgefordert, die Kondition in der Fischindustrie zu verbessern. Ansonsten könnten die Crevetten in der EU schon bald ganz verboten werden. In der Schweiz gibt es aber keinerlei solche Bestrebungen. Zeit dafür wäre es.