Reis im „Öko-Test“

Bio-Siegel schützt nicht, Verkaufsstopp durch Hersteller

26. Sept. 2023 von

Reis im Test: Dieser Reis-Test hat es in sich: „Öko-Test“ und beauftragte Labore wiesen in sehr vielen Reissorten Pestizide, Mineralölbestandteile und Schwermetalle nach. Zwei Hersteller von Bio-Reis stoppen den Verkauf ihrer Produkte, weil sie den Grenzwert für das Biozid Dichlorethan bzw. für Cadmium reißen. Zwei weitere Sorten fallen mit „Ungenügend“ durch.

  • Im Test findest Du insgesamt 21 Reismarken, darunter Naturreis, Risottoreis und Basmatireis. Elf Sorten tragen ein Bio-Siegel. Vier Produkte sind ohne Schadstoffe und „sehr gut“: drei Risottoreise und ein Basmatireis.
  • Naturreis enthält zwar in der äußeren Schicht viele Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe, reichert dort allerdings häufig auch Schwermetalle an.
  • „Öko-Test“-Tipp: Wenn Du Reis zunächst wäschst, dann in der fünffachen Menge Wasser kochst und das übrige Wasser am Ende abgießt, reduzierst Du eventuelle Schwermetalle.

Arsen, Mineralöl, Spritzgift: Am meisten irritiert „Öko-Test“ bei einem Bio-Produkt das Schädlingsbekämpfungsmittel 1,2-Dichlorethan. Die Verbindung ist in der Europäischen Union (EU) seit Langem verboten. Das Labor hat sie aber in einem Gehalt gemessen, der deutlich über der Nachweisgrenze und damit über dem Grenzwert liegt. Dichlorethan ist laut CLP-Verordnung – sie regelt die Einstufung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen und Gemischen – als wahrscheinlich krebserregend beim Menschen eingestuft und steht in der EU-Chemikalienverordnung REACH auf der Liste der besonders besorgniserregenden Substanzen (SVHC). Aber wie kommt ein solcher Stoff in ein Bio-Produkt?

[final] Öko-Test Reis 1 - Canva
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Der Bio Sonne Bio-Reis Natur von Norma stammt aus Pakistan und hat einen langen Transportweg per Schiffscontainer hinter sich. Solche Transportcontainer werden häufig mit 1,2-Dichlorethan behandelt, um sie gegen Schädlings- oder Schimmelpilzbefall zu schützen. Das wäre also eine plausible Erklärung. Allerdings kann Norma „Öko-Test“ glaubhaft nachweisen, dass die getestete Reischarge in einem Container gereist ist, der mit CO2 begast wurde. Da Norma die Ergebnisse jedoch in einer eigenen Analyse bestätigt hat, hat das Unternehmen den Naturreis zwischenzeitlich aus dem Sortiment genommen.

Könnte es auch sein, dass der Reis zum Vorratsschutz direkt nach der Ernte mit dem Biozid besprüht wurde, wie es früher üblich war? In den meisten Ländern sei das inzwischen verboten, sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Für wahrscheinlicher halten die Tester:innen deshalb eine Verschleppung, beispielsweise durch den Einsatz des Stoffes bei der Reinigung von Containern.

„Öko-Test“ hat das BfR außerdem gefragt, wie schädlich der belastete Reis nun ist. Nach einer wahrscheinlichen Einschätzung schlussfolgert das Institut: „Eine akute gesundheitliche Beeinträchtigung von Kindern und Erwachsenen durch den Verzehr dieser Reisprobe ist somit grundsätzlich möglich.“

Dieses Produkt erhielt von „Öko-Test“ die Note „Sehr gut“

Mineralölbestandteile in Bio-Reis

Der Norma-Reis fällt auch in Sachen Mineralöl negativ auf. Das von „Öko-Test“ beauftragte Labor wies darin aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) nach. Dabei handelt es sich um eine große Gruppe von Stoffen, die „Öko-Test“ besonders kritisch sieht, weil sich darunter auch krebserregende Verbindungen befinden können. Was die Verunreinigung mit Mineralölbestandteilen betrifft, glänzen die Bio-Anbieter im Test nicht gerade.

Neben dem MOAH-Gehalt in der Bio Sonne wertet „Öko-Test“ fünf weitere Bio-Reise wegen gesättigter Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoga) ab, dagegen nur drei konventionelle. Woher das Mineralöl kommt, können die Tester:innen nur vermuten. Mögliche Quellen wären Druckfarben aus den Verpackungen oder Jutesäcke, in denen Reis traditionell transportiert wird – und Schmieröle, die in der maschinellen Produktion eingesetzt werden.

[final] Öko-Test Reis 2 - Canva
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Schwermetalle häufig in Naturreis

Vier der sieben getesteten Naturreise und ein Risotto-Reis weisen zudem einen nach „Öko-Test“-Kriterien „erhöhten“ Gehalt an anorganischem Arsen auf. Das giftige und krebserregende Arsen kommt natürlicherweise im Boden vor und gelangt über das Grundwasser ins Reiskorn. Alle Reise im Test – außer dem „sehr guten“ Risotto Reis von Rewe – sind laut Anbietern im wasserintensiven und vergleichsweise klimaschädlichen Nassanbau kultiviert. Weil die Pflanze dabei über längere Zeiten mit den Wurzeln im Wasser der gefluteten Felder steht, nimmt Reis besonders viel Arsen auf, und weil sich Schwermetalle vorwiegend in den Randschichten des Korns anreichern, sind Naturreise häufig stärker belastet.

Bio-Anbieter überschreitet Cadmium-Grenzwert

Davor schützt auch der Bio-Anbau nicht: Im Rapunzel Langkorn Spitzenreis natur hat das Labor einen Gehalt an Cadmium gemessen, der den EU-Grenzwert um mehr als das Doppelte überschreitet. Cadmium ist ein giftiges Schwermetall, das sich im Körper anreichert und – über längere Zeit in hohen Dosen aufgenommen – zu Nieren- und Knochenschäden führen kann. Auch Cadmium gelangt über die im Wasser stehenden Wurzeln der Reispflanze ins Korn.

Rapunzel nahm die Ergebnisse von „Öko-Test“ sehr ernst und beauftragte umgehend eine eigene Analyse, die den Befund bestätigte. In Absprache mit der zuständigen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit veranlasste der Bio-Hersteller einen Verkaufsstopp plus Rücknahme für den betroffenen Reis. Insgesamt schaffen es nur zwei von sieben Naturreisen, unterhalb unserer strengeren Abwertungsschwelle für Cadmium und Arsen zu bleiben.

Dieses Produkt erhielt von „Öko-Test“ die Note „Ungenügend“

Arsen in weißem Reis gefunden

Neben Naturreis hat „Öko-Test“ auch je sieben Mal Risotto- und Basmati-Reis getestet. Beide Reissorten sind geschliffen, also von der äußeren Fruchtschale befreit. Da ist es schlüssig, dass ihre Gehalte an Schwermetallen viel geringer ausfallen. Einzige Ausnahme: Der Oryza Risotto Reis schöpft den neuen Arsen-Grenzwert für geschliffenen, weißen Reis zu mehr als der Hälfte aus. Die EU hatte diesen Grenzwert erst im Frühjahr um ein Viertel abgesenkt. Für geschliffenen Reis gilt somit eine strengere Obergrenze als für Naturreis – und der Test zeigt, dass fast alle Basmatis und Risottos es auch schaffen, im „Spuren“-Bereich zu bleiben.

Warum das beim Oryza-Reis misslungen ist, kommentierte dessen Hamburger Anbieter Euryza nicht. Neben Arsen enthält der Reis Rückstände von Mineralölbestandteilen und gleich zwei Pestizide: Das Insektizid Deltamethrin in Kombination mit dem Wirkverstärker Piperonylbutoxid, beide in Gehalten, die „Öko-Test“ als „erhöht“ bewertet. Deltamethrin ist toxisch für Bienen und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Germany führt es deshalb in der Liste der hochgefährlichen Pestizide auf.

Herkunft und Lieferketten nicht immer transparent

Oryza ist eine der führenden konventionellen Reismarken im Handel. Da ist es in den Augen von „Öko-Test“ ein mehr als schwaches Bild, dass dessen Anbieter keinerlei Auskunft zum Anbauland seines Reises gibt, geschweige denn zur Lieferkette. Die Herkunft des Reises ist auch nicht deklariert. So intransparent zeigte sich sonst nur noch der Anbieter des Gallo Reis Risotto Selezione Speciale. Die anderen Hersteller haben immerhin geantwortet oder eine Herkunft deklariert. Nur neun von ihnen schafften es allerdings, ihre Lieferketten anhand von unabhängigen Dokumenten bis aufs Reisfeld offenzulegen; bei drei weiteren konnten wir immerhin die Spur bis ins Herkunftsland zurückverfolgen.

Die gute Nachricht: Basmatireis ist besser

Falls Dir jetzt der Appetit auf Reis vergangen sein sollte: Die vielen Schadstoffe steckten hauptsächlich in einer Handvoll Produkten. Fast zwei Drittel der Reise im Test schneiden mit „gut“ oder „sehr gut“ ab – darunter übrigens alle sieben Basmatis.

Die Testsiegerprodukte, die Testtabelle und das Gesamtergebnis findest Du im Detail im ePaper von „Öko-Test“.

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