Im Öko-Test

Basische Nahrungsergänzungsmittel

06. Feb. 2015 von

„Lebensmittel mit tierischem Eiweiß ⦋...⦌ sind für eine Übersäuerung Ursache. Ein übersäuerter Körper entsteht vor allem dann, wenn viel Getreideprodukte ⦋...⦌ gegessen werden."

So und ähnlich argumentieren die Anbieter basischer Nahrungsergänzungsmittel. Das tun sie schon seit vielen Jahren, weshalb dem Konsumenten völlig klar ist, dass er durch die ungesunde Ernährung, die ihm ständig vorgeworfen wird, neben dem eigenen Übergewicht, der Armut in der Dritten Welt und den Terroranschlägen des elften Septembers auch noch die eigene Übersäuerung verursacht.

Basisch oder sauer?

Bevor wir uns den zahlreichen Krankheiten zuwenden, die eine solche Übersäuerung angeblich verursacht, wenden wir uns kurz einer Definition der Begriffe „basisch“ und „sauer“ zu.

Wir kramen also die ph-Wert-Tabelle aus unserem Chemiebaukasten. Diese zeigt uns, dass eine neutrale Lösung wie z.B. Wasser einen ph-Wert von sieben hat. Lösungen mit einem ph-Wert oberhalb von sieben sind basisch alias alkalisch, Lösungen mit einem ph-Wert unterhalb von sieben sind sauer.

Welche Lösung verwenden nun die zahlreichen Hersteller basischer Nahrungsergänzungsmittel, um aufzuzeigen, dass ein Mensch sauer ist? Es muss sich um irgendeine Körperflüssigkeit handeln. In Frage kommen also unter anderem Blut, Schweiß oder Urin. Und richtig: Zwar müssen die Hersteller besagter Nahrungsergänzungsmittelchen eingestehen, „dass der Urin-pH ernährungsbedingt natürlichen Schwankungen zwischen pH 5 und 8 unterworfen ist“, was jedoch die nicht davon abhält, ihre Verkaufsstrategie trotzdem auf den ph-Wert des Urins zu stützen.

Aber ein gutes Marketing bietet selbstverständlich weitere Möglichkeiten der Selbstdiagnose. Unspezifische Symptome wie „Müdigkeit und Erschöpfung, verringerte Leistungsfähigkeit, nachlassende Konzentration, erhöhte Stressempfindlichkeit und Nervosität“ sind auf nichts anderes, als auf Übersäuerung zurückzuführen. Doch damit nicht genug: Auch „verminderte Widerstandskraft, Muskel- und Gelenkbeschwerden, Veränderungen der Haut, Haare und Nägel“ und sogar wiederkehrende Blasenentzündungen haben hier ihre einzig wahre Uhrsache gefunden. Schluckt man nun die so gekonnt vermarkteten basischen Nahrungsergänzungsmittel, steht der Erfolg in Form von „Vitalität und Leistungsfähigkeit“ alsbald ins Haus.

Von cleveren Marketing-Methoden nun hin zum tatsächlichen Sachverhalt. Ein halbwegs gesunder Körper ist durchaus in der Lage, seinen Säure-Basen-Haushalt selbst zu regeln. Antje Gahl, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, erklärt gegenüber dem Verbraucher-Magazin ÖKO-TEST: „Beim gesunden Erwachsenen sind die Regulationssysteme des Säure-Basen-Haushalts auch bei einer einseitigen Ernährung in der Lage, Säure- und Basenüberschüsse zu kompensieren und auszuscheiden. Allgemein ist es daher für gesunde Personen nicht notwendig, zusätzliche ‚basenfördernde‘ Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Auch die Einteilung der Lebensmittel in sauer und basisch ist überflüssig, da weder eine säureüberschüssige noch eine basenüberschüssige Kost bei gesunden Menschen irgendeinen Vorteil bedeuten“.

Der Test von ÖKO-TEST

ÖKO-TEST hat 32 basische Nahrungsergänzungsmittel unter die Lupe genommen. Die Produkte wurden hinsichtlich ihres potentiellen Nutzens, schädlicher Inhaltsstoffe und der Deklaration allergener Zutaten oder Inhaltsstoffe, die bei Nahrungsergänzungsmitteln Pflicht ist, untersucht. Die Ergebnisse sind erschreckend: „Einige wenige Produkte kommen gerade noch mit einem „mangelhaft“ davon, der Rest ist „ungenügend“.

Fehlender Nutzen für den gesunden Verbraucher, überdosierte Inhaltsstoffe und eine lausige Deklaration führen zu diesem vernichtenden Urteil“, heißt es im Testbericht von Jürgen Steinert. Tatsächlich findet sich unter „Nutzen für den gesunden Anwender“ bei jedem einzelnen Produkt ein unmissverständliches „nein“. Dafür sind bedenkliche Inhaltsstoffe wie Phosphat, Nickel, Süß- und Aromastoffe an der Tagesordnung.

Viele Produkte enthalten als zusätzliches Benefit für den Verbraucher eine bunte Mischung von Mineralstoffen: so z.B. Kalium, Zink, Eisen, Mangan, Kupfer, Selen, Chrom und Molybdän Diese sind aber in den meisten Fällen zu hoch dosiert.

Wer also bereits zum Marketing-Opfer der Hersteller basischer Nahrungsergänzungsmittel wurde, kann und sollte das hochgelobte und meist nicht gerade billige Produkt besten Gewissens in den Müll werfen.

Quellen:

http://www.oekotest.de/cgi/index.cgi?artnr=105641&bernr=06

http://www.basica.de/

Zu den Verlierern des Tests von ÖKO-TEST gehören: