Seit Jahren Streit um Klimabilanz

Wie viel Palmöl steckt in Biodiesel?

27. Feb. 2016 von

Ist Biodiesel mitverantwortlich für die Regenwaldabholzung? Das zumindest erklärte Greenpeace 2013 nach eigenen Untersuchungen zum Anteil von Palmöl in Biokraftstoffen. Ölpalmen werden vor allem in Indonesien auf illegal gerodeten Regenwaldgebieten angebaut. Was ist dran am Streit um den Biodiesel – und was ist drin?

Laut der Greenpeace-Studie hatte sich der Anteil an Palmöl im Jahr 2013 verdreifacht. Die Umweltschutzorganisation führte den drastischen Anstieg des umstrittenen Öls auf eine verfehlte EU-Biokraftstoffpolitik zurück. Sie erklärten, der hier angebaute Raps reiche nicht aus, um den Bedarf an den pflanzlichen Anteilen im Biokraftstoff zu decken. Daher werde Palmöl importiert und zugesetzt.

Die Klimabilanz von Palmöl

Palmöl ist zu Recht in Verruf: Vor allem in Indonesien werden illegal brandgerodete Regenwaldflächen für den Anbau von Ölpalmen genutzt. Damit ist das billige Palmöl, das in Deutschland in tausenden Supermarktprodukten wie Margarine, Schokoladenaufstrichen, Reinigungsmittel und Kosmetika verwendet wird, klimatechnisch eine Katastrophe.

Anders verhält es sich mit zertifiziertem Palmöl. Das Zertifikat gibt es nur dann, wenn für den Anbau keine Regenwaldgebiete gerodet wurden. Bis heute widerspricht die Biokraftstoffindustrie den Vorwürfen von Umweltschützern, etwas anderes als zertifiziertes Palmöl zu verwenden. Nur das zertifizierte Palmöl gelange in geringer Menge in die Biokraftstoffe. Ein weiterer wichtiger Hinweis des Biokraftstoffverbands: Ca. 17% von Biodiesel besteht aus Altspeisefetten wie z.B. recyceltem Fritierfett. Der Anteil an recyceltem Palmöl kann also einen Messwert nach oben verfälschen.

Trübe Sachlage

Greenpeace sowie die Organisation Rettet den Regenwald allerdings kritisieren das Zertifikat für Palmöl als „Greenwashing“, weil die Bestimmungen für die Vergabe zu weich seien und es kaum Sanktionen bei Verstößen gäbe. So könnten Firmen die Herkunft ihres Palmöls verschleiern.

Biokraftstoffe sollten damit ebenfalls für die Emissionen aus der Regenwaldabholzung verantwortlich gemacht werden. Der IPCC, das höchste klimawissenschaftliche Gremium der Welt, kommt dagegen zu dem Schluss, dass Biokraftstoffe zur Reduktion von Emissionen dringend benötigt werden.

Für Biodiesel gelte die Nachhaltigkeitsverordnung: Der Produzent muss über den gesamten Lebensweg des Biodiesels eine Verringerung der entstehenden Treibhausgase um 35% nachweisen. Die Theorie, es fänden große Mengen klimaschädlicheren Palmöls den Weg in die Biokraftstoffe, wies das Gremium als zu unsicher und nicht überprüfbar zurück.

Nichts Genaues weiß man nicht? Fakten, bitte!

Nach einer 2015 (erneut) beschlossenen EU-Reform darf der Anteil pflanzlicher Öle im Biodiesel 7% nicht überschreiten. Diese 7% in Biodiesel setzen sich aus unterschiedlichen Pflanzenölen zusammen – 2013 schwankte der Anteil von Palm- und Palmkernöl zwischen 10 und 36%, 2014 sank er dann auf 3%. Das in Deutschland angebaute Rapsöl war zu diesem Zeitpunkt wesentlich günstiger als das importierte Palmöl.

Die Nachhaltigkeitsplattform Utopia weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dem hohen Prozentsatz von Rapsöl rein wirtschaftliche Erwägungen zugrunde liegen und dass sich diese Lage jederzeit ändern kann. Zumal derzeit der Anteil an den so genannten „hydrierten Pflanzenölen“ steigt, weil sie über gute chemische Eigenschaften verfügen. Hydrierte Pflanzenöle werden zu 100% aus Palmöl hergestellt. Hier sehen Umweltorganisationen die Gefahr, dass der Palmölanteil über diesen Umweg wieder steigt.

Bisher allerdings macht der Zusatz zu Biokraftstoffen nur einen geringen Anteil des deutschen Imports an Palmöl aus. Von fast einer Million Tonnen im Jahr wird das meiste von Konzernen wie Unilever verarbeitet. Für die Chemie-, Pflege- und Nahrungsmittelindustrie gilt die Nachhaltigkeitsverordnung der Biokraftstoffe nicht – in Kosmetikprodukte, Wachse, Reinigungs- und Lebensmittel findet das klimaschädliche unzertifizierte Palmöl auf jeden Fall seinen Weg. Wer Palmöl als Verbraucher gerne vermeiden möchte, findet hier eine Liste von Produkten und hier weitere Informationen.

Was das Autofahren betrifft, lässt sich bei der unklaren Sachlage vielleicht dennoch dies feststellen: Egal, wie viel Palmöl in Biodiesel steckt, die Produktion, die Benutzung und die Entsorgung von Autos ist neben der Massentierhaltung der wohl größte Klimakiller, den sich die Menschheit bisher ausgedacht hat. Daher ist der beste Klimaschutz, so häufig wie möglich auf die Fahrt im Auto zu verzichten – Biodiesel hin oder her.