Erblich, Medikamente, krankheits- oder saisonbedingt

Warum verlieren manche Frauen ihre Haare?

20. Feb. 2016 von

Volles, glänzendes Haar, das wünschen sich Frauen. Sie setzen ihr Haar ein, um zu beeindrucken und einen Teil ihrer Persönlichkeit zu zeigen. Frauen mit schönem Haar gelten als besonders weiblich und anziehend. Aber manche verlieren es – warum?

Professor Reinhold Bergler und die Psychologin Dr. Tanja Hoff fanden in ihrer Untersuchung „Die Psychologie des ersten Eindrucks“ heraus, dass schönes Haar einer der Schlüsselreize beim Zustandekommen des ersten Eindrucks ist. Auslöser von Sympathie und Antipathie. Wenn das Haar dünner wird und sich sogar kahle Stellen an der Kopfhaut zeigen, ist das Entsetzen groß. Frauen, die an Haarausfall (Alopezie) leiden, verlieren sie nicht nur Strähnen, sondern meist auch ihr Selbstbewusstsein. Sie fühlen sich weniger attraktiv. Das verunsichert.

„Nahezu jede Frau hat in ihrem Leben schon einmal Haarausfall gehabt, aber nicht immer liegt eine krankhafte Form vor“, erklärt Ulrike Blume-Peytavi, Leiterin des Kompetenzzentrums für Haare und Haarerkrankungen an der Charité gegenüber dem Fokus. Denn jeder Mensch verliert täglich Haare doch in gesunden Haarwurzeln wachsen neue Haare nach. Aufmerksam sollten Frauen jedoch werden, wenn ihnen mehr als 100 Haare pro Tag ausgehen oder die Kopfhaut stellenweise kahl wird. Dann könnte der Haarausfall krankhaft sein. Dies kann verschiedene Ursachen haben.

Anlagebedingter Haarausfall (Alopecia andregenetica)

Bis zu 30 Prozent aller Frauen leiden an anlagebedingtem Haarausfall. 10 Prozent dieser Frauen sind bereits vor der Menopause, 20 Prozent erst danach betroffen. Ihre Haarwurzeln reagieren – genetisch bedingt - empfindlich auf Dihydrotestostero (DHT) das aus Testosteron entsteht.

DHT lässt die Haarwurzeln schrumpfen oder sogar ganz verkümmern. Anfangs wird nur der Mittelscheitel etwas breiter. Schreitet der Haarausfall fort, dünnen sich die Haare am Oberkopf oftmals handflächengroß aus. Eine echte Glatze entsteht zum Glück so gut wie nie. Der Verlauf des Haarausfalls hängt von der genetischen Veranlagung der betroffenen Frauen ab. Stresshormone und testosteronähnliche Stoffe aus Empfängnisverhütungsmitteln stehen jedoch im Verdacht die Alopezie zu begünstigen.

Ob eine Frau von anlagebedingtem Haarausfall betroffen ist, kann der Hautarzt anhand des Erscheinungsbildes und einer Haarwurzeluntersuchung feststellen. In Zweifelsfällen gibt eine Kopfhautprobe Aufschluss.

Medizinische Hilfe

Eine Änderung des Lebensstils oder der Ernährung hat keinen Einfluss auf den anlagebedingten Haarausfall. Auch Vitamine, Biotin, Eisen, Gelatine, Kieselerde oder Hefe nützen nichts. Zum Glück hilft vielen Frauen eine medikamentöse Behandlung.

In Deutschland gilt dabei Minoxidil als Mittel der Wahl. Seit 2005 sind Lösungen mit diesem Wirkstoff rezeptfrei in Apotheken erhältlich. Durch das Mioxidil werden die Haarwurzeln besser durchblutet und mit Nähstoffen versorgt. Sie schrumpfen nicht mehr. Im Gegenteil, in vielen Fällen vergrößern sich die Haarwurzeln und bringen dickere Haare hervor. Minoxidil stoppt bei den meisten Frauen mit anlagebedingtem Haarausfall den Haarverlust. Bei mehr als der Hälfte der behandelten Frauen wachsen neue, kräftigere Haare nach.

Auch die Behandlung mit Alfatradiol gilt bei milderen Formen des anlagebedingtem Haarausfalls als erfolgsversprechend. Durch das Auftragen von Lösungen mit Alfatradiol wird die Umwandlung von Testosteron in DHT verhindert. Der Haarausfall wird verzögert oder sogar ganz gestoppt. Therapeutischen Nutzen können möglicherweise auch Antibabypillen haben, die Antiandrogene enthalten. Studien stehen dazu aber noch aus.

Ob eine Frau mit erblichem Haarausfall lange oder kurze Haare hat, ob sie Perücken oder Hüte trägt und ob sie sich täglich die Haare wäscht, hat keinen Einfluss auf den Haarausfall. Allerdings sollte sie darauf verzichten, ihre Haare zu häufig zu färben oder gar zu blondieren und sie schonend pflegen.

Diffuser Haarausfall (Alopecia diffusa)

Vom anlagebedingten Haarausfall unterscheiden Hautärzte den diffusen Haarausfall. Dabei verlieren Frauen Haare im gesamten Kopfbereich, ohne erkennbares Muster. Viele von ihnen verlieren über Jahre hinweg bis zu 400 Haare täglich.

Die Ursachen für den diffusen Haarausfall können vielfältig sein: Infektionskrankheiten das Einnehmen oder Absetzten der Antibabypille, Hormonumstellungen nach der Geburt, Eisenmangel, Medikamentennebenwirkungen, Crash-Diäten oder Fasten, eine Operation unter Vollnarkose, Stress, Schilddrüsenprobleme, Mangelernährung, Schuppenflechte.

Die Haare wachsen wieder nach, sobald man die Ursache beseitigt. Es gibt unter den Frauen mit diffusem Haarausfall auch sogenannte „Fellwechslerinnen“. Sie verlieren besonders viele Haare im Frühjahr und Herbst. Bei ihnen reguliert sich der Haarausfall von ganz allein. Frauen mir langem Haar bemängeln oft, dass das Volumen ihres Pferdeschwanzes phasenweise abnimmt. Aber solange die Anzahl der Haarwurzeln mit nachwachsenden Haaren nicht abnimmt, müssen auch sie nicht behandelt werden.

Frauen mit diffusem Haarausfall haben oft Angst, durch regelmäßige Haarwäsche noch mehr Haare zu verlieren. Diese Sorge ist unbegründet. Hautärzte empfehlen die Haare zwei- bis dreimal wöchentlich zu waschen. Allerdings sollten Frauen mit Haarausfall auf das Blondieren der Haare und Dauerwellen verzichten, um Haare und Kopfhaut nicht zu sehr zu strapazieren.

Doch was können Frauen tun, deren Haarverlust sich nicht mehr rückgängig machen lässt?

Sie können die kahlen Stellen mithilfe einer Haartransplantation verdichten lassen. Bei einer Haartransplantation werden die eigene Haare vom Hinterkopf entnommen und an anderer Stelle wieder eingesetzt. Die Haare werden umverteilt. Je kräftiger und gesünder die Haare am Hinterkopf sind, desto besser wird das Ergebnis der Transplantation. Haare von anderen Menschen können nicht transplantiert werden. Das Immunsystem würde sie sofort abstoßen.

Auch Achsel- und Barthaare können das Kopfhaar aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht ersetzen. Von Kunsthaartransplantationen raten Hautärzte heutzutage mehrheitlich ab. Die Kunsthaare brechen nach und nach ab. Außerdem kann es zu Infektionen und Verhärtungen an der Kopfhaut durch die Fremdkörper kommen.

In jedem Fall sollten sich Frauen mit Haarausfall frühzeitig an ihren Hautarzt wenden und mit ihm eine passende Therapie besprechen. So stehen die Chancen gut, eine volle Haarpracht zu behalten.