Lebensmittelgeschäft „Original Unverpackt“

Lohnt sich ein verpackungsfreier Supermarkt für die Umwelt?

03. Sept. 2016 von

Seit der Eröffnung des ersten „Original Unverpackt“-Ladens in Berlin sind zwei Jahre vergangen. Das Team unterstützt bereits andere bei der Umsetzung eines eigenen Geschäfts. Zeit für ein Zwischenfazit: Ist die Idee, alle Waren unverpackt zu verkaufen, tatsächlich umweltfreundlicher? Oder ist das Ganze am Ende sehr viel Aufwand mit kleinem Nutzen?

Original Unverpackt“, so heißt die Idee, das Konzept und die Ladenkette um Geschäftsführerin Milena Gimbovski. Ihre Motivation: Den Verpackungsmüll beim Einkaufen reduzieren, um sowohl die Umweltbelastung als auch die Lebensmittelverschwendung zu verringern.

In ihrem September 2014 eröffneten Laden in Berlin kann alles lose eingekauft werden: Reis, Kakao, Nudeln, aber auch Shampoo, Reiniger, Nüsse, Bio-Gemüse … eben alles, was heute oft in Plastik verpackt wird. Mehrweggläser und abgewogene mitgebrachte Behälter machen die genaue Preisermittlung möglich und jeder Kunde kann die Menge, die er benötigt, ganz individuell bestimmen. Dadurch landen weniger Lebensmittel im Abfall. Bei den Produkten achten Milena und ihre Mitarbeiter nicht nur auf ökologisch sinnvolle oder nachhaltige Produkte, sondern auch auf Lieferwege und Verpackungen: Wer die Paletten mit Mengen von Plastik umwickeln muss, oder seine Produktionswege nicht nachweisen kann, der wird ins Sortiment von „Original Unverpackt“ nicht aufgenommen.

Erste Unverpackt-Läden in Deutschland

Das Konzept findet großen Anklang. Erste weitere Läden sind als Franchise-Unternehmen über ganz Deutschland verteilt eröffnet worden. Zeit für die Geschäftsführerin und ihre Mitarbeiter, eine eigene Umweltbilanz anzugehen. Gegenüber der „taz“ fragte sich Milena Gimbovski: „Lohnt sich unsere Mühe überhaupt?“ Das Team sucht nach der umweltfreundlichsten und nachhaltigsten Variante für jedes Produkt. Aber ist die Umweltbelastung wirklich jedes Mal geringer als bei den konventionellen Betriebswegen und Verpackungen? Und wie lässt sich das feststellen?

Wissenschaftlich fundierte Hilfe kam aus Göttingen: Die Masterstudentin Christina Scharpenberg von der Universität Göttingen wollte in ihrer Abschlussarbeit eine Ökobilanz des unverpackten Einkaufens erstellen. Sie konzentrierte sich dabei vor allem auf die kritischen Produkte, die zum Beispiel lange Transportwege haben. Die Schwierigkeit: Absolut jedes Detail der Wertschöpfungskette muss einbezogen werden, inklusive der Reinigung der Mehrwegbehälter von „Original Unverpackt“ und der Tatsache, dass viele Kunden die Pfandgläser nicht zurückbringen.

Überraschende Ergebnisse

Die aufwändige Bilanz fällt insgesamt positiv aus. Viele der unverpackten Produkte sind tatsächlich in ihrer Ökobilanz den herkömmlich verpackten Produkten überlegen. Aber es gab auch große Überraschungen für das Team. So schlägt zum Beispiel die Reinigung der Behälter für Fruchtgummis derart stark in die Bilanz, dass die Studentin Christina Scharpenberg ein anderes Vorgehen empfiehlt, um tatsächlich CO2 einzusparen. Und der unverpackte Bio-Tofu ist sogar umweltschädlicher als ein konventionell verpacktes Produkt. Das Problem dabei ist die Glasherstellung. Hier haben Milena Gimbovski und ihr Team bereits nachgebessert. Anstatt in Pfandgläsern verpacken sie den Tofu nun in beschichtetem Papier. Und geliefert wird er ab jetzt mit dem Lastenfahrrad.