Countdown bei Pestizid-Zulassung

Grüne EU-Abgeordnete testen eigene Urinproben auf Glyphosat

20. Apr. 2016 von

Wie Abgeordnete der Grünen im Parlament mit einer bemerkenswerten Urin-Aktion auf die Gefahren von Glyphosat hinweisen.

Der Countdown für eine erneute Zulassung von Glyphosat Ende Juni läuft: Erst kürzlich hatte das Europaparlament sich dafür ausgesprochen, die Neuzulassung auf sieben Jahre zu beschränken. Die EU-Kommission möchte diese jedoch um 15 Jahre verlängern. Die Grünen im Parlament wollen dass nicht zulassen und greifen zum Becher.

Über 140 Abgeordnete gaben bereits im März ihre Urinproben ab

„Wir möchten die ganze Debatte über Glyphosat politisieren. Normale Bürger haben Glyphosat in ihren Körpern, in ihrem Urin – als Politiker wollen wir der Allgemeinheit zeigen, dass wir uns auch diese Tests zutrauen“, sagte der Grünen-Abgeordnete Bart Staes aus Belgien gegenüber der Deutschen Welle.

Die Parlamentarierer hatten auch den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker per Brief aufgefordert, eine Urinprobe zur Untersuchung auf Glyphosat abzugeben. Weiterhin konfrontierten die Grünen den EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis mit der Urinprobe und übergaben ihm ein Testfläschchen – Andriukaitis lehnte höflich ab.

Warum Urin?

„Umfangreiche Urin-Tests haben gezeigt, dass ein Großteil der Menschen dauerhaft Glyphosat ausgesetzt ist. Studien zur Langzeitwirkung solcher Belastungen gibt es aber nicht“, erklärt auch die Pestizid-Expertin Heike Moldenhauer vom BUND gegenüber Greenpeace.

Bei ihrer Urin-Aktion beziehen sich die Grünen-Politiker auf eine kürzlich vorgestellte Untersuchung. Dabei waren in Deutschland Urinproben von mehr als 2000 Menschen untersucht worden, wobei in 79 Prozent derr Proben Rückstände von Glyphosat nachgewiesen worden waren. Die Werte hätten dabei den für Trinkwasser zugelassenen Höchstwert um bis zu 24 Mal überstiegen, berichtet Gesundheit.de.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace zitiert außerdem aus einer Umfrage der Organisation Compact und dem Meinungsforschungsinstitut YouGov. Demnach sprechen sich 64 Prozent der Menschen in den fünf größten Mitgliedsstaaten der EU für ein Glyphosat-Verbot auf europäischen Äckern und Wiesen aus.

Auf Nachfrage von Codecheck beim belgischen Initiator Bart Staes, wann mit Ergebnissen der Untersuchungen zu rechnen sei, antwortete dieser: „Die Auswertungen der Studie werden Anfang Mai verfügbar sein.“ Dennoch scheint jetzt schon klar: Auch bei den EU-Parlamentarieren wird man Glyphosat im Urin nachweisen können.

Erschreckende Erkenntnisse aus Argentinien

In einem Interview, ebenfalls mit der Deutschen Welle, berichtete der argentinische Kinderarzt Ávila Vázquez von der glyphosatkritischen Organisation „Red Universitaria“ von steigenden Todeszahlen durch Glyphosat in Argentinien. Dort wird Glyphosat auch im stehenden Bestand versprüht. Dr. Vázquez: „Wir sehen ganz klar, dass immer mehr Menschen krank werden und unter den Auswirkungen von Glyphosat leiden. Diese Menschen sind öfter von Krebs, vor allem in der Brust, in der Lunge oder im Dickdarm, betroffen. Wir konnten diesen Zusammenhang in diversen Studien nachweisen.

Über 12 Millionen Argentinier leben in Regionen, in denen Sojabohnen angebaut werden. Sie leben in Dörfern, die umgeben sind von diesen Sojafeldern, in denen Glyphosat versprüht wird. In genau diesen Gebieten konnten wir beobachten, dass die Zahl der Fehlgeburten drastisch steigt und mit einer Rate 5-6 Prozent deutlich über der durchschnittlichen Rate von 2 Prozent liegt.“