Diese Verschwörungstheorie kursiert im Netz

Forscher behaupten: "Zika-Fehlbildungen durch Pestizid verursacht"

22. Feb. 2016 von

Eine neue Theorie zur Verbreitung des Zika-Virus macht derzeit im Internet die Runde. Ist ein Insektenbekämpfungsmittel der Ursprung? Grundlage sind die Ergebnisse einer argentinischen Forschungsgruppe, die bereits Anfang Februar publiziert wurden. Auch die WHO hat sich jetzt eingeschaltet. Was ist dran an der Verschwörungstheorie?

Unter Leitung von Dr. Medardo Avila Vazquez sehen die argentinischen Forscher einen Zusammenhang zwischen dem Zika-Virus und dem Larvizid Pyriproxyfen. Pyriproxyfen führt dazu, dass Moskitolarven nicht geschlechtsreif werden und sich somit nicht weiter fortpflanzen können. Ein wichtiger Bestandteil beim Kampf gegen die Ausbreitung mückenübertragener Infektionskrankheiten. Laut den Forschern solle die Wirkungsweise bei der Larve allerdings auch beim Menschen zu Fehlbildungen führen können.

Der Vorwurf der argentinischen Forscher

In ihrer Publikation schreiben die Forscher: „Der dramatische Anstieg der Fehlbildungen, vor allem die Mikrozephalie bei Neugeborenen, wurde durch das Brasilianische Gesundheitsministerium entdeckt und sofort mit dem Zika-Virus in Verbindung gebracht. Das Ministerium hat verschwiegen, dass in dem Gebiet, in dem die meisten erkrankten Menschen leben, ein chemisches Larvizid, das Fehlbildungen bei Moskitos auslöst, seit über 18 Monaten angewandt wird und dass das Gift Pyriproxyfen durch die Regierung ins Trinkwasser gemischt wurde.“ Außerdem habe es bereits früher Infektionen mit dem Zika-Virus gegeben, ohne dass es zu Fehlbildungen gekommen sei.

Dazu sollte man wissen: Die argentinischen Mediziner gehören einer Organisation an, die sich vehement gegen den Einsatz von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln einsetzt. Sie nennen sich auch „Medicos de pueblos fumigados“ (frei übersetzt: Ärzte chemisch besprühter Dörfer).

Die Forscher klagen auch Monsanto an

Indirekt unterstellt die Gruppe also der brasilianischen Regierung, beim Zika-Virus falsche Zusammenhänge hergestellt zu haben, um von dem Larvizid abzulenken. Außerdem brachten die Forscher das Mittel und dessen Hersteller Sumitomo in Verbindung mit dem US-Konzern Monsanto. Der Konzern widersprach am 16. Februar öffentlich den Anschuldigungen auf seiner Homepage: „Weder Monsanto, noch unsere Produkte stehen in einer Verbindung zum Zika-Virus oder zu Mikrozephalie. Pyriproxyfen wird von Monsanto weder hergestellt, noch verkauft. Sumitomo Company ist keine Tochtergesellschaft von Monsanto, sondern lediglich einer unserer Geschäftspartner im Pflanzenschutzbereich.“

Warum die Theorie keinen wissenschaftlichen Zuspruch findet und sogar gefährlich sein kann

Viele Forscher lehnen die Theorie der Argentinier ab. Ian Musgrave von der Univerity of Adelaide erklärte dem „Science Media Centre“, dass Pyriproxyfen für Menschen wenig schädlich sei: „Eine Person müsste über 1000 Liter Wasser jeden Tag trinken, damit der Stoff giftig wirkt.“ Auch Professor Christoph Hatz von der Universität Basel widerspricht in einem Interview mit Watson.ch dem Bericht der argentinischen Kollegen und stellt fest: „Das ist verantwortungslos. Die Bekämpfung der Mücken hat oberste Priorität.“ Nicht auszumalen sei, wie ohne die Kampagne mit Pyriproxyfen gegen Moskitos die Krankheitszahlen bei Dengue-Fieber oder Malaria erheblich ansteigen könnten.

Die WHO teilte vergangene Woche mit, dass sie erst in vier bis sechs Monaten Klarheit über einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Zika-Virus und Mikrozephalie erwarte. Erst dann wird sich herausstellen, ob die argentinischen Forscher wirklich daneben lagen.

Deswegen zurück zu den Fakten: Neue Zahlen belegen, dass in Kolumbien bereits über 5000 schwangere Frauen mit dem Zika-Virus infiziert sind.